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Toto Wolff, muss man Max Verstappen den WM-Titel 2021 aberkennen?

Laut Toto Wolff ist es ein "offenes Geheimnis", dass Red Bull die Budgetgrenze "massiv" überzogen haben soll - Wird der WM-Titel 2021 neu vergeben?

(Motorsport-Total.com) - Es war die Frage des Abends am Freitagabend in Singapur: Muss Max Verstappen der WM-Titel 2021 wieder aberkannt werden? "Das liegt nicht an mir, das zu entscheiden", sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff auf genau diese Frage. Das liegt laut ihm an den Richtern der FIA, die eventuell eine folgenschwere Entscheidung treffen müssen.

Titel-Bild zur News: Red-Bull-Teamchef Christian Horner und Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff

Wieder einmal gibt es Streit zwischen Christian Horner und Toto Wolff Zoom

Denn Red Bull steht unter Verdacht, die Budgetgrenze für 2021 massiv überschritten zu haben. "Nach unserem Verständnis gibt es ein Team mit einem geringen Verstoß und ein anderes Team, das massiv über der Grenze liegt", sagt Wolff im Gespräch mit 'Sky'.

Bei dem Team, das leicht über der Grenze liegt, soll es sich dem Vernehmen nach um Aston Martin handeln, bei dem anderen um Red Bull, was laut dem Mercedes-Boss ein "offenes Geheimnis im Paddock" ist.

Red Bull selbst ist sich keiner Schuld bewusst und betont, dass man bei der Einreichung der Zahlen unterhalb der Grenze lag. Teamchef Christian ließ verlauten, dass er von Gerüchten um "angeblich große Verstöße" gehört hat, "das wäre mir aber nicht bewusst", legt er nach.

Warum der Verstoß für Wolff so "schwerwiegend" ist

"Es ist lustig, dass Christian so etwas sagt, denn es wird schon seit Wochen und Monaten gegen sie untersucht", kontert Wolff und kann sich nicht vorstellen, dass Horner das nicht mitbekommen hat. "Aber vielleicht redet er nicht mit seinem CFO (Chief Financial Officer; Anm. d. Red.)."

Für den Österreicher ist das aber eine ernste Angelegenheit, die er als "heavyweight", also "schwerwiegend" bezeichnet - oder "richtig schwerwiegend", wie er nachlegt.

Denn: "Wenn du 2021 überzogen hast, dann bist du auch 2022 drüber. Das heißt, dass du für 2023 einen Vorteil hast. Sollte es stimmen, dass sie ein Leichtgewichtschassis in diesem Jahr homologiert haben, dann können sie es im kommenden Jahr benutzen. Das ist eine wahre Kaskade an Events, die alle drei Meisterschaften beeinflussen kann."


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Wolff weiß, was für einen Unterschied ein solcher Verstoß ausmachen kann: Schon ein sogenannter "kleiner Verstoß", der bis fünf Prozent über der Grenze liegt, kann viel Zeit bringen. "Man kann dann sieben Millionen mehr ausgeben als alle anderen", so Wolff. "Wenn du fünf oder zehn Prozent mehr ausgibst als alle anderen, dann ist das viele, viele Zehntelsekunden wert."

"Und wenn es nur eine kleine Strafe gibt, dann werden wir das in Zukunft alle ausreizen", kündigt er an.

Mercedes mit vielen Einschränkungen

Mercedes selbst habe durch die Einhaltung der Budgetgrenze auf jeden Fall viele Einbußen hinnehmen müssen, wie Wolff betont: "Wir konnten unser Übergewicht im zweistelligen Bereich nicht senken, weil wir einfach nicht das Geld hatten, um die neuen Teile zu produzieren", zählt er auf.

"Wir benutzen gebrauchte Teile und fahren nicht mit den Teilen, die wir wollen. Wir entwickeln nicht, was wir entwickeln könnten. Wir haben mehr als 40 Personen entlassen, die in unserem Unternehmen enorm vermisst werden. Das war wirklich ein echtes Mammutprogramm das Auto hinzustellen und schneller zu machen", so der Österreicher.

"Wir mussten uns neu strukturieren und neu aufstellen, um unter der Grenze zu liegen", sagt er weiter. "Und wenn das jemand nicht gemacht hat und die Grenzen überschreitet ... jede Million ist ein enormer Nachteil." Für ihn ist klar: "Du kämpfst in einer komplett anderen Liga, wenn du die Grenze überschreitest."


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Und weil das auf Jahre Folgen hat, hält er den Verstoß von Red Bull für so gravierend, sollte er sich bewahrheiten. Denn Mercedes muss für 2023 viele Teile seines Autos übernehmen. "Wir wissen, dass Performance da ist, die wir nicht bringen konnten. Das gilt auch für Ferrari, soweit ich weiß."

Bislang ist die FIA noch nicht offen mit dem Thema umgegangen, auch weil die Untersuchungen noch laufen. Doch Wolff wünscht sich, dass es seitens des Verbandes Transparenz gibt: "Es wäre wichtig, einen gewissen Grad an Transparenz zu haben, wo die vermeintlichen Vergehen oder vermeintlichen Fehlinterpretationen begangen wurden, damit wir das einschätzen können", sagt er.

WM-Ausschluss theoretisch möglich!

Neben der Frage, ob Red Bull sich der Überziehung der Budgetgrenze schuldig gemacht hat, steht aber auch die Frage im Raum, wie eine entsprechende Strafe aussehen könnte. Das ist recht vage gehalten: Bei einem großen Verstoß sind zahlreiche Strafen denkbar, von einer zukünftigen Senkung der Budgetgrenze für das Team über Punktabzüge bis zu Einschränkungen der Aerotests.

Aber: Auch ein Ausschluss von Events oder sogar Meisterschaften ist aufgeführt. Die Frage ist auch, ob die FIA im Zweifel die Büchse der Pandora in der umstrittenen Saison 2021 noch einmal aufmachen möchte, als Mercedes und Lewis Hamilton den Fahrertitel in der letzten Runde verloren haben. Regeltechnisch wäre es möglich.


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Toto Wolff glaubt an eine straffe Kontrolle der FIA, möchte sich aber aus der Sanktionsfrage raushalten: "Es liegt nicht an mir zu entscheiden", sagt er. Das ist die Aufgabe des sogenannten Cost Cap Adjudication Panels. "Die Richter haben alle Möglichkeiten der Analyse, aber ich möchte nicht in ihrer Haut stecken, weil das einen solchen Einfluss auf drei Jahre hat", so Wolff.