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Teamduell bei Mercedes: Hamilton mit Instinkt und Respekt

Im Teamduell der Silberpfeile betont der Brite seine Hochachtung gegenüber Nico Rosberg und verlässt sich im Ernstfall auf seinen Instinkt

(Motorsport-Total.com) - Vor über 15 Jahren träumten die jungen Kartfahrer Lewis Hamilton und Nico Rosberg davon, einmal in der Formel 1 zu fahren und um den Weltmeistertitel zu kämpfen. In diesem Jahr tun sie dies als Teamkollegen bei Mercedes tatsächlich und liefern sich ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen um die Vormachtstellung . Nach vier Rennen steht es in Sachen Siegen 3:1 für Hamilton, Rosberg führt in der Gesamtwertung. Wer setzt sich am Ende durch?

Schon bei deinem Formel-1-Debüt 2007 bei McLaren an der Seite Fernando Alonsos kämpfte Hamilton um den Titel, holte diesen ein Jahr später als erster Brite seit Damon Hill 1996 und gilt seither als einer der talentiertesten Fahrer der Königsklasse. Der 29-Jährige wartet seit sechs Jahren darauf, seinem Triumph einen weiteren hinzuzufügen. Im vergangen Jahr wechselte er deshalb zu Mercedes, wo er mit dem gleichaltrigen Rosberg gegen einen Teamkollegen fährt, der ihm aus den Nachwuchs-Serien gut bekannt ist.

Dass es ein Duell auf Augenhöhe ist und wie heiß es dabei zugehen kann, haben die beiden vor allem beim Bahrain-Grand-Prix bewiesen, als sie sich rundenlang ein Rad-an-Rad-Rennen um den Sieg lieferten. "Wenn es im Zweikampf so knapp wird, dann vertraue ich auf meinen Instinkt", beschreibt Hamilton die Situation der 'Bild am Sonntag'. "Nico und ich fahren seit so vielen Jahren gegeneinander. Wir haben den nötigen Respekt und wissen genau, wie der andere in solch harten Zweikämpfen reagiert. Auch wenn nur noch wenige Zentimeter zwischen unseren Reifen sind, wissen wir, wie wir die Situation lösen ohne uns zu berühren."

Hamilton, die fahrende Datenbank

Der Zweikampf in Bahrain fesselte jedoch nicht nur die Zuschauer, er ließ vor allem die Mercedes-Verantwortlichen am Kommandostand schwitzen, die allerdings nicht in das Geschehen eingriffen. Hundertprozentige Kontrolle gibt es laut Hamilton ohnehin nicht: "Das sind Autorennen! Das ist der spannende Faktor, dass du nie zu 100 Prozent weißt, was auf den nächsten Metern passiert. Du weißt es einfach nicht. Du hoffst nur, dass du heil durch die nächste Kurve kommst. Und am esten noch als Erster!"

Das Duell der Teamkollegen, die sich aufgrund der derzeitigen Mercedes-Dominanz bisher beinahe ausnahmslos aufeinander konzentrieren können, ist bisher glimpflich verlaufen. Hamilton weiß, warum: "Wir wissen beide, wie wir reagieren, wenn es hart auf hart kommt. Man legt sich mit der Zeit im Kopf eine Art Datenbank über den Teamkollegen an. Ich weiß, wie Fernando fährt, wie Nico fährt."


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Bahrain


Da der Brite seinen deutschen Gegenüber nicht erst seit acht Jahren, die er mittlerweile gemeinsam mit ihm in der Formel 1 fährt, kennt, weiß er diesen besonders gut einzuschätzen: "Nico ist fair, technisch sehr versiert. Er ist aggressiv, aber nicht sinnlos aggressiv. Gerade das richtige Maß. Das Problem ist, dass Nico schneller ist als je zuvor. Das macht mein Leben als sein Teamkollege nicht einfacher." Und auch Hamilton selbst würde das packende Duell nicht auf die Spitze treiben: "Unser Ziel ist es immer, beide Autos über die Ziellinie zu bringen."

Jede Alonso-Bewegung aufgesaugt

Frei nach der inoffiziellen Boxengassen-Regel "erster Gegner ist immer dein Teamkollege", kann Hamilton schon einiges an Erfahrung vorweisen. Nach dem zweimaligen Weltmeister Alonso, dem unterlegenen Heikki Kovalainen und dem erfahrenen Jenson Button, hat er mit Rosberg wieder einen ganz unterschiedlichen Garagennachbarn. Vergleichen möchte er den impulsiven Alonso, mit dem er um den Titel kämpfte, und Rosberg nicht: "Ich kenne beide sehr gut, aber ich kann und will ihnen über beide nicht meine Gedanken offenlegen. Das wäre den beiden gegenüber nicht fair!"

"Sie sind komplett unterschiedliche Charaktere", fährt er fort. "Aber klar ist: Beide sind harte Gegner. Fernando hatte so viel mehr Erfahrung als ich, als ich zum Team dazu kam. Ich musste jede seiner Bewegungen aufsaugen, um mich selbst besser zu machen." Das konnte er dann schon 2008 in den Titel umsetzen. Nun hat er wieder die Chance, am Ende des Jahres zum besten Fahrer der Königsklasse gekürt zu werden und will dabei auf seine Erfahrung zurückgreifen.


Fotostrecke: Der Feind in der eigenen Box

"Das war ein harter Weg", beschreibt Hamilton seinen bisherigen Werdegang als Rennfahrer. "Ich fahre Rennen seit ich acht Jahre alt bin. Über 20 Jahre! Ich habe in der Zeit viele gute aber auch viele schlechte Erfahrungen gemacht. Die guten habe ich behalten und aus den schlechten habe ich gelernt und sie dann aus meinem Leben verbannt."

Beziehungsstatus: Teamkollegen

Sein Image, seine Hunde an der Rennstrecke und andere Ablenkungen, sowie sein offen diskutiertes Privatleben will er deshalb zugunsten der Konzentration auf den Titelkampf auf ein Mindestmaß reduzieren. Zu seinem Beziehungsstatus zu dem Popstar Nicole Scherzinger will er sich deshalb nicht mehr äußern: "Wir haben gemerkt, dass das so einfach besser für uns funktioniert. Wir behalten das jetzt für uns und das klappt perfekt."

Wie es um das Verhältnis zu seiner Freundin steht, ist momentan ohnehin nicht so interessant wie die Frage, wie es zwischen ihm und Rosberg läuft. Noch scheint das Verhältnis trotz Konkurrenzkampf ein gutes zu sein. So gab es beispielsweise einen internen Wettkampf darum, wer im Winter am meisten Gewicht verlieren kann. "Am Anfang des Jahres war ich am leichtesten", erzählt Hamilton. "Aber ich hatte im vergangenen Jahr auch mehr Kilos drauf als Nico, weil ich vorher mehr Muskeln antrainiert hatte. Wir haben um unser Gewicht bis zum Schluss gepokert,. Jetzt bin ich aber in meinem optimalen Bereich und ich will einfach gesund bleiben."

In den alten Karttagen sah das noch ganz anders aus. Damals gab es sogar Wettessen zwischen den beiden: "Wer kann mehr Joghurts essen, wer mehr Pizzen, wer die meisten Müsli-Packungen? Stellen Sie sich vor: Wir haben jeder in kürzester Zeit eine ganze Müsli-Packung weggemampft. Einmal habe ich zweieinhalb Packungen Frosties gegessen. Was für ein Berg an Kalorien! Aber dafür sind wir ja auch den ganzen Tag wie die Wilden rumgelaufen."


Fotos: Mercedes, Großer Preis von China


Wer holt am Samstag die Pole-Position, wer erwischt am Sonntag den besseren Start, wer hat die beste Strategie und wer schnappt sich den Sieg - Hamilton und Rosberg kämpfen in diesem Jahr auf höchstem Motorsport-Niveau. Nur beim Thema Frauen sind sich die beiden noch nie in die Quere gekommen, wie Hamilton erzählt: "Nico und ich haben bei Frauen einfach einen anderen Geschmack. Um Mädchen gab es nie Krach."