Sieg aberkannt: Formel-1-Fahrer, die nachträglich disqualifiziert wurden
George Russells Disqualifikation in Spa ist kein Einzelfall - Auch diese Formel-1-Fahrer verloren ihren Rennsieg nachträglich, mitunter war das sogar titelentscheidend
(Motorsport-Total.com) - George Russell blieb sein dritter Formel-1-Sieg verwehrt, nachdem er wegen eines untergewichtigen Autos vom Rennen in Spa 2024 disqualifiziert worden war. Der Mercedes-Pilot ist erst der sechste Fahrer in der Geschichte der Formel 1, der einen Rennsieg durch Disqualifikation verlor.
© Motorsport Images
Ayrton Senna wurde 1989 in Japan Opfer einer Disqualifikation Zoom
Vom sechsten Startplatz aus hatte der Brite dank einer riskanten Einstoppstrategie einen sensationellen Sieg errungen, während die direkte Konkurrenz zweimal an die Box kam.
Russell überquerte die Ziellinie nur 0,526 Sekunden vor seinem Teamkollegen Lewis Hamilton. Der drittplatzierte Oscar Piastri lag 1,173 Sekunden hinter dem Führenden, doch etwa eine Stunde und zehn Minuten nach der Zielflagge änderte sich alles.
Der Mercedes mit der Startnummer 63 lag bei der Kontrolle nach dem Rennen 1,5 Kilogramm unter dem - gemäß Artikel 4.1 des Technischen Reglements der Formel 1 - vorgeschriebenen Mindestgewicht von 798 Kilogramm.
Russell wurde disqualifiziert und verlor den Sieg, den sein Teamkollege Hamilton erbte, der in der Statistik damit auf 105 Grand-Prix-Sieg kommt. Ein Einzelfall ist Russells Schicksal nicht. Denn er ist nicht der erste Formel-1-Fahrer, dem ein Rennsieg wegen einer Disqualifikation aberkannt wurde.
James Hunt: Disqualifikation beim Grand Prix von Großbritannien 1976
James Hunts erste Disqualifikation in der Formel-1-Saison 1976 erfolgte beim vierten Saisonevent in Jarama, als er mit einem Vorsprung von 30,97 Sekunden gewann, den Sieg aber zunächst verlor, weil sein McLaren 1,5 Zentimeter zu breit war.
Niki Lauda wurde zum Sieger erklärt, aber McLaren legte Berufung ein, und zwei Monate später wurde Hunts Sieg wiederhergestellt, weil der Unterschied minimal war.
Ungefähr zwei Wochen später wurde Hunt jedoch erneut disqualifiziert, und dieses Mal ging der Sieg in Brands Hatch endgültig an Lauda. Vorausgegangen war ein schwerer Unfall in der ersten Kurve, bei dem Hunt und mehrere andere Fahrer mit einem sich drehenden Clay Regazzoni kollidierten, der gerade versucht hatte, Lauda in der ersten Runde zu überholen und die Führung zu übernehmen.
Das Rennen wurde daraufhin unterbrochen, und Hunt fuhr sein beschädigtes Auto zurück an die Box. Er wurde aber bald darauf disqualifiziert, da er die Ausweichroute auf der Cooper Straight benutzte, was bedeutete, dass er sich nicht auf der regulären Strecke befand, als die rote Flagge geschwenkt wurde.
Die Stewards bestanden jedoch darauf, dass die Fahrer die Runde nach der roten Flagge vollständig absolviert haben müssen. Allerdings befürchteten sie beim Heim-Grand-Grip von Hunt Probleme mit den Zuschauern und machten die Entscheidung schließlich rückgängig, woraufhin Hint das neue gestartete Rennen gewann.
Das veranlasste Ferrari, Tyrrell und das Fittipaldi-Team, gegen seine Teilnahme zu protestieren. Zwei Monate später wurde Hunt vom britischen Grand Prix doch noch disqualifiziert. Lauda erbte den Sieg, doch Hunt gewann in diesem Jahr den Titel.
Nelson Piquet: Disqualifikation beim Grand Prix von Brasilien 1982
Nelson Piquet war der erste Fahrer, dem ein Rennsieg wegen eines untergewichtigen Autos aberkannt wurde. Er hatte den Grand Prix von Brasilien 1982 in Rio de Janeiro gewonnen.
Das Rennen gilt als eines der härtesten in der Geschichte der Formel 1, da mehrere Fahrer unter den hohen Temperaturen litten, darunter auch Riccardo Patrese, der wegen Hitzeschwäche ausschied. Auch Piquet hatte zu kämpfen, aber für den Brasilianer stand zu viel auf dem Spiel, als dass er aufgeben konnte.
Denn er lieferte sich mit Gilles Villeneuve und Keke Rosberg ein Hin und Her um die Führung. Piquet hatte schließlich die Nase vorn, denn ein Dreher Villeneuves in Runde 29 bescherte ihm die Führung und Rosberg fiel zurück.
Der Brabham-Pilot wurde auf dem Podium vor lauter Erschöpfung ohnmächtig. Doch es war alles umsonst, denn sowohl er als auch Rosberg wurden nach dem Rennen wegen eines untergewichtigen Autos disqualifiziert. Das Problem lag im Ballastwassertank.
Er dient zur Kühlung der Bremsen und entleert sich während eines Grands Prix allmählich. Erst nach dem Rennen muss er wieder aufgefüllt werden, um die Nachkontrolle zu bestehen. Dabei fielen beide Teams durch. So wurde Alain Prost zum Sieger erklärt. Die Ballastwassertanks wurden sieben Monate später endgültig verboten.
Alain Prost: Disqualifikation beim Grand Prix von San Marino 1985
Während Prost beim Grand Prix von Brasilien 1982 noch von den Disqualifikationen profitierte, wurde ihm drei Jahre später sein eigener Sieg aberkannt, weil er ebenfalls ein untergewichtiges Auto hatte - dieses Mal in Imola.
Beim Grand Prix von San Marino 1985 ging zahlreichen Fahrern der Sprit aus. Nigel Mansell, Stefan Johansson, Ayrton Senna, Piquet und Martin Brundle blieben alle in den letzten Runden stehen, weil an diesem Tag das strenge Benzinlimit von 220 Litern galt. Prost blieb erst in der Cool-Down-Runde stehen.
Sein damaliger Ingenieur Tim Wright erklärte, dass der McLaren so leicht wie möglich konstruiert wurde - aber das Team hatte keinen "Flüssigkeitsverlust" einkalkuliert.
So wurde Prosts MP4/2B mit zwei Kilogramm unter dem Mindestgewicht von 580 Kilogramm notiert, was eine Disqualifikation nach dem Rennen zur Folge hatte. Damit ging der Sieg an Elio de Angelis von Lotus, der seinen zweiten und letzten Grand-Prix-Sieg errang, und das, obwohl er im Rennen nie eine Runde geführt hatte, während drei andere Fahrer in den letzten fünf Runden in Führung lagen.
Ayrton Senna: Disqualifikation beim Grand Prix von Japan 1989
Ayrton Senna hatte wohl die umstrittenste Disqualifikation in der Geschichte der Formel 1 zu verkraften. Denn er verlor seinen Sieg beim Grand Prix von Japan 1989, weil er die Strecke illegal mithilfe von Streckenposten wieder betreten hatte - was dazu führte, dass Prost an diesem Tag seinen dritten Titel gewann.
Aber von vorn: Die McLaren-Rivalen kämpften ein ganzes Rennen lang um die Führung, bis es in der 47. Runde zu einer Kollision kam, als Prost in die Suzuka-Schikane einbog, während Senna auf der Innenseite fuhr, was beide zum Abflug zwang.
Während Prost sein Auto sofort verließ, versuchte Senna weiterzufahren, da er wusste, dass seine Titelhoffnungen sonst vorbei gewesen wären. Der amtierende Weltmeister bat die Streckenposten, seinen McLaren auf die Auslaufspur zu schieben.
Senna konnte weiterfahren und schließlich das Rennen gewinnen, nachdem er den neuen Führenden Alessandro Nannini überholt hatte. Doch Nannini wurde nach dem Rennen der Sieg zugesprochen, da Senna disqualifiziert wurde, weil er sich Hilfe von außen geholt und die Schikane während der Kollision verpasst hatte.
Senna glaubte, er sei disqualifiziert worden, weil FISA-Präsident Jean-Marie Balestre wollte, dass Prost, ein Franzose, den Titel holt. McLaren legte später erfolglos Berufung ein, woraufhin das Team mit einer Geldstrafe von 100.000 Dollar belegt wurde, während Senna eine sechsmonatige Sperre auf Bewährung erhielt.
Michael Schumacher: Disqualifikation beim Grand Prix von Belgien 1994
Michael Schumacher war der letzte Formel-1-Pilot vor Russell, der nach einem Sieg disqualifiziert wurde. Ihm wurde der Sieg beim Grand Prix von Belgien 1994 wegen einer zu weit abgenutzten Bodenplatte verwehrt. Dabei liefert der Benetton-Pilot eine dominante Leistung ab und gewann mit 13 Sekunden Vorsprung.
Doch bei den Kontrollen nach dem Rennen wurde festgestellt, dass die Metallverstärkungen an Schumachers Holzplatte am Unterboden um mehr als einen Millimeter zu weit abgeschliffen waren, was eine Disqualifikation nach sich zog.
Damit ging der Sieg an Schumachers Titelrivalen Damon Hill, der seinen Rückstand auf den Deutschen bei noch fünf ausstehenden Grands Prix auf 21 Punkte verkürzte. Trotzdem gelang Schumacher in diesem Jahr sein erster Titelgewinn.
Neueste Kommentare
Erstellen Sie jetzt den ersten Kommentar