• 28.08.2010 19:45

  • von Dieter Rencken

Hülkenberg: "Ich kann einiges aufschnappen"

Williams-Fahrer Nico Hülkenberg über seine Zusammenarbeit mit Formel-1-Routinier Rubens Barrichello und seine ansteigende Formkurve

(Motorsport-Total.com) - Im Parallelflug in die Top 10: Sowohl Rubens Barrichello als auch Nico Hülkenberg sicherten sich in der Qualifikation von Belgien einen Startplatz in der Spitzengruppe. Letzterer ist sehr zufrieden damit, unterstreicht diese Platzierung doch seinen anhaltenden Aufwärtstrend. In seiner Medienrunde spricht Hülkenberg über seine Erfahrungen an der Seite von Barrichello und über die Zusammenarbeit bei Williams. Der Deutsche schildert den Lerneffekt, den er durch Routinier beim Traditionsteam erfährt.

Titel-Bild zur News: Nico Hülkenberg

Nico Hülkenberg verfolgt sehr genau, wie Rubens Barrichello dem Team hilft

Frage: "Nico, du hast die Qualifikation wieder in den Top 10 beschlossen. Es scheint, als würde die zweite Saisonhälfte richtig gut für dich laufen..."
Nico Hülkenberg: "Naja, Spa ist ja erst das Auftaktrennen zur Schlussphase der Saison. Seit einigen Rennen fühle ich mich allerdings generell wohler im Auto, mit dem Team und in der Formel 1. Meine Ergebnisse spiegeln das wider, würde ich sagen."#w1#

Frage: "Denkst du, es brauchte diese Anlaufphase im ersten Abschnitt der Saison, um sich an die Formel 1 zu gewöhnen? Du konntest ja nicht allzu viel testen..."
Hülkenberg: "Vielleicht. Ich denke, das ist eine individuelle Geschichte. Das unterscheidet sich gewiss von Fahrer zu Fahrer. Manche Piloten brauchen möglicherweise nur zwei Rennen, um sich wohl zu fühlen und ihre Bestleistung abrufen zu können, andere brauchen vielleicht zehn bis zwölf Läufe. Ich weiß es nicht."

Frage: "Rubens und du seid nun regelmäßige Kandidaten auf die Top 10. Kommt das im Hinblick auf den Jahresbeginn überraschend für dich? Ihr habt gut aufgeholt..."
Hülkenberg: "Ist das eine Überraschung? Ja und nein. Wir haben unter unserer Zielsetzung begonnen und sind hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben. Das Gute ist aber: Das Team zeigt, dass es dazu in der Lage ist, das Blatt zu wenden."

"Das Team zeigt, dass es dazu in der Lage ist, das Blatt zu wenden." Nico Hülkenberg

"Wir kämpfen zwar nicht um Siege und Podien, können aber immerhin aus eigener Kraft in die Top 10 fahren. In der Türkei und davor war das einfach nicht möglich - nur, wenn wir Glück hatten. Es ist also sehr positiv zu sehen, dass alle im Team und in der Fabrik einen guten Job machen und das Auto verbessern konnten."¿pbvin|512|3043|spa|0|1pb¿

Das Williams-Duo ergänzt sich prima

Frage: "Stand dir das Team zu Saisonbeginn unterstützend zur Seite, als die Ergebnisse noch nicht gepasst haben? Bei Renault hat man Vitaly Petrov ja gezielt auf die Sprünge geholfen. War das bei dir ähnlich?"
Hülkenberg: "Nicht wirklich. Wenn die Dinge schwierig sind, dann ist eben alles schwierig. Die Jungs haben mich unterstützt, gaben mir aber keine Anweisungen wie 'das und das musst du erreichen, sonst behalten wir dich nicht'."

"Das wäre sowieso vermessen, wenn das Auto nicht die erwartete Leistung bringt. Das Team akzeptierte, dass ich einige Zeit brauchen würde, um mich zu entwickeln, zu lernen und Fehler zu machen. Sie haben mich nicht unter zu großen Druck gesetzt."

"Sie haben mich nicht unter zu großen Druck gesetzt." Nico Hülkenberg

Frage: "Was konntest du von Rubens auf technischer Seite lernen und davon, wie er die Dinge anpackt?"
Hülkenberg: "Vieles. Er ist ein sehr technischer Fahrer und kann das Verhalten des Autos unheimlich gut erklären. In unseren Meetings höre ich ihm immer sehr genau zu und schaue mir natürlich auch die Daten an. Dabei kann ich einiges aufschnappen."

Frage: "Andererseits verfügst du über eine Vergangenheit als Testfahrer in diesem Team, Rubens hat die Erfahrung aus vielen Jahren in der Formel 1 auf seiner Seite. Habt ihr euch darüber ausgetauscht? Wir hat man sich das vorzustellen?"
Hülkenberg: "Das Team zu kennen ist kein großer Vorteil, wenn du eine schnelle Runde auf der Strecke absolvierst."

"Es ist vielmehr ein Vorteil, wenn du Erfahrung hast, die Strecken kennst und weißt, wie sich das Auto mit viel Sprit im Rennen verhalten wird. Solche Dinge eben. Ich denke, wir arbeiten sehr gut zusammen und tauschen untereinander auch Informationen aus. Zwischen uns besteht eine gute Harmonie."

"Zwischen uns besteht eine gute Harmonie." Nico Hülkenberg

Frage: "Du hattest aber zumindest ein paar technische Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr, denn du bist das Vorjahresauto gefahren..."
Hülkenberg: "Ja, aber nur an drei Tagen. Das ist nicht wirklich genug, um gewisse Merkmale herauszustellen. Das ist nämlich nicht gar so einfach."

Barrichello als Ratgeber und Messlatte

Frage: "Würdest du es als positive Begleiterscheinung bezeichnen, als Formel-1-Neuling einen so erfahrenen Mann wie Rubens an deiner Seite zu haben? Ist das deiner Meinung nach ein Vorteil?"
Hülkenberg: "Es ist natürlich sehr gut, ihn bei uns zu haben. Man denke nur an unseren schwierigen Saisonstart, als es darum ging, Probleme ausfindig zu machen. Rubens hat schon so viele Autos und Siegerautos bewegt, dass sein Feedback einfach sehr wichtig ist."

"Ich verfüge einfach nicht über eine derartige Datenbank. Ich kenne nur das, was ich früher hatte, und das, was ich jetzt habe. So viel ist das nicht. Andererseits: Wenn du einen weiteren Formel-1-Neuling neben dir hast, ist es einfacher, ihn zu schlagen. Ich finde es besser, einen konkurrenzfähigen Stallgefährten wie Rubens zu haben."

"Ich finde es besser, einen konkurrenzfähigen Stallgefährten wie Rubens zu haben." Nico Hülkenberg

"Das mag dir Schwierigkeiten bereiten, doch du lernst etwas dabei, musst kämpfen und hart arbeiten, um ihn zu besiegen. Das ist dann auch eine Leistung. Buemi sagt immer: 'Wenn du Barrichello schlägst, weiß jeder, dass du fantastische Arbeit geleistet hast. Wenn ich dagegen Alguersuari schlage, interessiert das die Leute herzlich wenig.'"

Frage: "Würdest du Sébastien Buemi als deinen engsten Freund in der Formel 1 bezeichnen?"
Hülkenberg: "Nein. Wir kennen uns einfach nur gut aus dem Kartsport und den Nachwuchsserien. Ich mag ihn und wir verstehen uns prima. Mit Timo Glock ist es ähnlich."


Fotos: Nico Hülkenberg, Großer Preis von Belgien


Regen oder Sonne: Hülkenberg ist's egal

Frage: "Sprechen wir über die Qualifikation von Spa: Wie schwierig war es für dich auf Slicks, als es im ersten Abschnitt des Zeittrainings zu regnen begann?"
Hülkenberg: "Das war schon sehr knifflig. Ohne profilierte Reifen hat man es ganz schön schwer. Es war sehr rutschig, doch dahingehend saßen alle Beteiligten im selben Boot. Zum Schluss trocknete es ja ohnehin wieder ab."

Frage: "Was ist dein Ziel für das Rennen in Spa? Möchtest du dich nach vorne verbessern oder hast du eher vor, deine Position nach hinten abzusichern?"
Hülkenberg: "Sowohl als auch. Wir beginnen das Rennen in den Punkterängen, also wollen wir auch in dieser Region ankommen."

"Angesichts der Wettersituation steht uns vermutlich ein hartes Rennen ins Haus. Wir werden vielleicht fünfmal die Reifen wechseln müssen und sollten eine gute Strategie an den Tag legen. Man braucht aber auch etwas Glück, um im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein."

"Angesichts der Wettersituation steht uns vermutlich ein hartes Rennen ins Haus." Nico Hülkenberg

Frage: "Was wäre dir lieber: Ein trockenes Rennen, um sicher in den Punkten anzukommen, oder ein Regenrennen mit der Chance auf eine Überraschung?"
Hülkenberg: "Das ist mir egal. Ich denke, da muss man flexibel sein und es so nehmen, wie es kommt. Dann gilt es, das Beste daraus zu machen."

Frage: "Wie ist es um deine vertragliche Situation für 2011 bestellt? Hast du einen Vertrag mit Williams oder gibt es da eine Option? Sprichst du auch mit anderen Teams?"
Hülkenberg: "Ja, es gibt eine Option. Ich spreche mit niemandem. Ich habe ein gutes Gefühl und denke, ich bleibe dem Team treu."