• 17.07.2014 19:00

  • von Sven Haidinger & Dominik Sharaf

Grosjean: "Lotus konzentriert sich jetzt auf 2015"

Obwohl Lotus den Fokus klar auf 2015 legt, rechnet Romain Grosjean mit Synergien für 2014 - Von den Entwicklungen macht er auch seinen Teamverbleib abhängig

(Motorsport-Total.com) - Halbzeit in der Formel 1 - und Lotus hat es nach wie vor nicht geschafft, sein eigenes Auto zu verstehen. Abgesehen vom Grand Prix von Spanien, wo der E22 überraschend gut funktionierte, bekommt man die Probleme nicht so recht in den Griff. Schuld daran ist nicht nur die vielgescholtene Renault-Antriebseinheit, sondern auch das Chassis. Vor allem in langsamen Kurven mangelt es dem Auto an Traktion und gibt den Piloten wenig Vertrauen.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Sieht Romain Grosjean in Enstone gute Perspektiven für die kommende Saison? Zoom

In der WM ist der Zug abgefahren - das Team, das im Winter wegen der finanziellen Probleme einen enormen Personaladerlass über sich ergehen lassen musste, liegt in der Konstrukteurs-WM mit acht Punkten nur auf Rang acht. Abgesehen von Toro Rosso (15 WM-Punkte) befindet sich derzeit kein Team in Reichweite. Sollte man also die WM 2014 bereits zu den Akten legen und alle Energien auf 2015 konzentrieren, oder das aktuelle Auto doch noch weiterentwickeln?

Konzentration auf 2015

"Beides", sagt Romain Grosjean. Der Franzose, der im Vorjahr mit Lotus um Siege kämpfte, wird dieses Jahr klar unter Wert geschlagen. Sollte er für 2015 in Enstone keine sportlichen Perspektiven sehen, dann hätte er mit Sicherheit keine Probleme, woanders unterzukommen. Für ihn ist die Sache aber klar: "Ich glaube daran, dass das Team jetzt den Fokus auf 2015 legt, denn die aktuelle Saison ist durch die bisherigen Ergebnisse schon stark beeinträchtigt."

Der Rückstand auf die Konkurrenz ist nach wie vor zu groß: "Wir arbeiten hart, aber wir werden Mercedes nicht schlagen - und nicht einmal Red Bull." Das muss aber nicht zwangsläufig heißen, dass Lotus ab sofort noch weiter zurückfällt, weil man den E22 aufgibt. "Da sich das Reglement nicht sehr stark ändert, sollten alle Fortschritte in der Fabrik auch beim aktuellen Auto eine Verbesserung bringen", rechnet Grosjean mit Synergien zwischen der Entwicklung für 2015 und der Saison 2014.

"Da sich das Reglement nicht sehr stark ändert, sollten alle Fortschritte in der Fabrik auch beim aktuellen Auto eine Verbesserung bringen." Romain Grosjean

Dieses Wochenende hat Lotus einen optimierten Frontflügel und eine weiterentwickelte Verkleidung im Gepäck. "Dieses Update würde auch für die kommende Saison passen", ist Grosjean sicher. "Immer, wenn wir etwas Gutes im Windkanal und bei den CFD-Simulationen finden, dann kann man das beim aktuellen Auto ausprobieren. Dann sieht man, ob es funktioniert."

Durchbruch im Windkanal?

Teamkollege Pastor Maldonado deutet sogar an, dass dem Team der Durchbruch gelungen sein könnte. "Ich habe gehört, dass sie beim nächstjährigen Auto im Windkanal gute Fortschritte machen und dass die vergangenen Tage für die Aerodynamik-Leute sehr interessant waren. Sie haben so viel entdeckt und herausgefunden, was beim Auto passiert. Oft machen es die kleinen Details aus, und was die Details angeht, haben wir was ziemlich Großes gefunden."

Zudem ist es im Fahrerlager ein offenes Geheimnis, dass Lotus in der kommenden Saison mit Mercedes- und nicht mehr mit Renault-Antriebseinheiten an den Start gehen wird. Ein schlagkräftiges Argument für das Team aus Enstone, denn das Triebwerk aus Brixworth hat sich diese Saison als klare Referenz erwiesen.

"Oft machen es die kleinen Details aus, und diesbezüglich haben wir im Windkanal was ziemlich Großes gefunden." Pastor Maldonado

"Wenn das passiert, dann würde das dem Team sicher helfen", spricht Grosjean in der Möglichkeitsform, schließlich steht die offizielle Bestätigung noch aus. "Mercedes hat offensichtlich bei der Antriebseinheit sehr gute Arbeit geleistet. Wenn man sich nämlich Strecken anschaut, wo Leistung zählt - wie in Österreich, Bahrain, ich möchte noch nicht über Monza sprechen, aber das wird interessant -, dann sind sie immer sehr stark. Und das hilft uns derzeit nicht gerade."

Grosjean: Aktuelle Probleme geben immer noch Rätsel auf

Er sieht aber davon ab, Renault den Schwarzen Peter zuzuschieben. "Es gibt auch beim Auto Dinge, die wir lösen müssen - der Motor ist nicht alles." Doch warum tritt das Team seit Barcelona auf der Stelle? Eine Frage, die auch Grosjean nicht gänzlich beantworten kann. "Wir wissen es nicht genau, und es ist schwer zu erklären. Wir haben versucht, zu den Barcelona-Einstellungen zurückzukehren, damit wir wissen, ob wir das Auto aerodynamisch so hinkriegen wie es damals war. Das war aber nicht wirklich der Fall. Denn auch in Silverstone gab es ein paar Probleme, die wir nicht wirklich verstehen."

Maldonado hält die Probleme währenddessen für streckenabhängig und führt sie darauf zurück, dass das Team dieses Jahr so schlecht in die Gänge kam. "Das Auto ist mit Sicherheit nicht schlecht, aber wir hatten nicht genug Zeit, es zu entwickeln, es genügend zu testen. Manchmal ist man dann dazu gezwungen, ohne jegliche Daten in ein Rennen zu gehen, denn wenn man so viele Probleme hat, dann kann man gar nichts testen."


Fotos: Großer Preis von Deutschland


Das Qualifying betrachtet er noch als Baustelle: "Wenn wir von den Plätzen acht bis zwölf starten würden, dann könnten wir auch immer um die Punkte kämpfen." Auch Grosjean stimmt in den Tenor ein, dass man nach wie vor unter grundsätzlichen Problemen leidet - welche Reifen Pirelli für ein Rennwochenende nominiert, spiele da eine untergeordnete Rolle.

"Wir suchen nicht die letzten zwei, drei Zehntel - es geht um deutlich mehr Zeit." Romain Grosjean

Grosjean: Lotus-Verbleib hängt auch von Fortschritten ab

"Wir suchen nicht die letzten zwei, drei Zehntel - es geht um deutlich mehr Zeit." Die Tatsache, dass nun statt dem routinierten Kimi Räikkönen Pastor Maldonado sein Teamkollege ist, sieht er nicht als Nachteil für das Team. "Jetzt habe ich das große Zimmer im Motorhome", scherzt der 28-Jährige. Ob das auch in der kommenden Saison der Fall sein wird, bleibt abzuwarten.

Denn noch weiß niemand, ob er seinen Vertrag bei Lotus verlängern wird. Grosjean gibt zwar zu, dass ermutigende Entwicklungen für die kommende Saison seine Entscheidung beeinflussen könnten, doch auch im Vorjahr kündigte Teamboss Gerard Lopez an, dass sein Team 2014 ganz vorne mitfahren werde.

"Im Windkanal sah alles sehr gut aus, es gab viele Besprechungen, also wusste man, wo wir in Hinblick auf die Zahlen stehen", gibt Grosjean zu, dass er im Winter tatsächlich noch an den großen Erfolg glaubte. "Aber dann waren wir beim ersten Test und wussten, dass es einfach nicht passieren wird."