• 14.04.2013 14:15

Alonso: "Ein fast perfekter Sonntag"

Ferrari-Pilot Fernando Alonso spricht im ausführlichen Interview über seinen ersten Saisonsieg, die Form seines Teams und seine Chancen in der WM

(Motorsport-Total.com) - Er ist der dritte Sieger im dritten Rennen. Und dank seines 31. Formel-1-Triumphs nun auch Vierter in der ewigen Bestenliste der Meisterschaft. Vom WM-Titel spricht Fernando Alonso nach seinem Sieg in China aber nicht. In der Pressekonferenz auf dem Shanghai International Circuit zeigt sich der Spanier jedoch sehr zufrieden mit der Leistung seines Ferrari-Fahrzeugs, das ihn über 56 Runden hinweg zu einem souveränen ersten Platz trug. Und das ohne die Probleme, die Andere heimgesucht hatten.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

In Schanghai weht die Ferrari-Fahne: Fernando Alonso feiert seinen 31. Sieg Zoom

Frage: "Fernando, Glückwunsch zum Sieg. Du hast das Rennen ziemlich dominiert und am Ende deinen 31. Erfolg eingefahren. Damit liegst du nun auf Rang vier der ewigen Bestenliste, direkt hinter Ayrton Senna. Was bedeutet dir das?"
Fernando Alonso: "Nun, hallo erst einmal. Und vielen Dank für die Unterstützung an diesem Wochenende. Die Fans waren klasse und es ist toll, hier zu fahren. Zum Rennen: Ja, für uns war es definitiv ein fantastischer Grand Prix, vom Start bis ins Ziel. Wir hatten keine größeren Probleme mit dem Auto. Der Reifenverschleiß war nicht so dramatisch wie wir das wahrscheinlich erwartet hatten."

"Es gelang uns mehr oder weniger, das Tempo zu kontrollieren. Nach dem Ausfall in Malaysia standen wir unter einem gewissen Druck, das Rennen zu beenden. Es fühlt sich gut an. Bei unseren beiden Zielankünften in diesem Jahr habe ich einen zweiten und einen ersten Platz erreicht. Das ist sicherlich ein guter Start in die Saison 2013. Wir sind sehr optimistisch."

Frage: "Du hast hier schon 2005 gewonnen und jetzt erneut. Wie fühlt sich das an? Für dich schien es ja ein perfektes Rennen zu sein..."
Alonso: "Es fühlt sich in der Tat gut an. Ich habe hier eine lange Zeit nicht mehr gewonnen. Acht Jahre lang. Für uns war es sicherlich ein fast perfekter Sonntag. Wir hatten keinerlei Probleme im Rennen. Der Start war sauber und gut. Es gelang uns, Kimi zu überholen. Im ersten Stint gingen wir dann auch noch an Lewis vorbei."

"Wir hatten keinerlei Probleme im Rennen." Fernando Alonso

"Das Auto fühlte sich beim Reifenabrieb etwas besser an. Sagen wir es einmal so. Im restlichen Rennen musst du natürlich deine Reifen schonen und den Abstand nach hinten, auf deine Verfolger, kontrollieren. Manchmal war es nicht so einfach, das Rennen zu verstehen. Wir überholten die McLarens, Hülkenberg, Sebastian (Vettel; Anm. d. Red.). Es ging also drunter und drüber. Es war kein einfaches Rennen."

Ferrari und Alonso wieder zurück auf Kurs

"Manchmal hattest du auch das Risiko, dass du ein Überholmanöver durchführen musstest. Auch das musst du auf die Reihe kriegen. Das Team hat beim Setup für Qualifying und Rennen perfekte Arbeit geleistet. Wir hatten perfekte Boxenstopp-Zeiten und die Boxenstopps selbst liefen ebenfalls perfekt. Der Rennsieg ist eine schöne Belohnung für das Team. Und hochverdient nach der Enttäuschung von Malaysia. Außerdem fühlte sich das Auto gut an."

"Bei meinen zwei Zielankünften habe ich in diesem Jahr einen zweiten Platz und heute diesen Sieg erzielt. Das ist definitiv ein positiver Auftakt in diese Meisterschaft. Daran müssen wir anknüpfen und in dieser Richtung weitermachen, mit guten Wochenenden und ohne weiteres Risiko. Hoffentlich können wir schon in Bahrain wieder gute Punkte holen."

Frage: "Ross Brawn singt schon seit Australien Loblieder auf Ferraris Longrun-Tempo. Denkst du, dein Vorsprung bei deinem heutigen Sieg untermauert diesen Eindruck?"
Alonso: "Ich denke, dabei handelt es um eine unserer Stärken. Das ist nicht nur in diesem Jahr der Fall, sondern war auch schon in den vergangenen zwei, drei Saisons so. Normalerweise sind wir sonntags mehr oder weniger okay. Wir haben indes ein bisschen auf der einen schnellen Runde zu kämpfen."


Fotos: Fernando Alonso, Großer Preis von China


"Warum auch immer, die Longruns sind meist gut für uns, wenn wir an den Reifenhaushalt denken. Wir wissen nicht genau, warum das so ist. Wir müssen also vorsichtig sein und versuchen, aus solchen Wochenenden das Maximum zu machen, wenn alles gut läuft. Ich bin mir aber sicher: Es wird Wochenenden geben, an denen wir zu kämpfen haben. Dann müssen wir eben möglichst viele Punkte abgreifen."

Die Reifen sind für alle gleich...

"Manchmal ist das der Sieg, manchmal ist der dritte oder der fünfte Platz das Maximum. Wir müssen es auf die Reihe kriegen. Ich freue mich schon auf das kommende Wochenende. Es handelt sich schließlich um einen guten Test unter sehr hohen Temperaturen. Dort wird es Probleme geben. Wir müssen zur Stelle sein und Farbe bekennen, wenn es schwierig wird."

Frage: "Wie lautet dein Urteil zu den Reifen?"
Alonso: "Die Reifen haben an diesem Wochenende nicht besonders gut funktioniert, aber da sitzen wir alle im selben Boot. Entweder hast du sie halt für fünf, sechs Runden am Anfang eingesetzt oder für fünf, sechs Runden am Ende, wie es beispielsweise Sebastian gemacht hat."

"Hoffentlich war es eine gute Show. Die Rennen sind heutzutage aber keine Vollgas-Veranstaltung mehr, das stimmt. Zu 80 Prozent gibst du Vollgas, mit den restlichen 20 Prozent kontrollierst du das Tempo. Für uns ist das ungeheuer anspruchsvoll."

"Die Rennen sind heutzutage keine Vollgas-Veranstaltung mehr." Fernando Alonso

Frage: "Hattest du bei diesem Rennen einen größeren psychologischen Druck als sonst? Und hast du etwas davon gespürt?"
Alonso: "Eigentlich nicht. Bei jedem Rennen, an dem ich teilnehme, stehe ich unter Druck. Gerade bei Ferrari erwarten die Leute von dir, dass du siegst und die WM gewinnst - in jeder Saison."

"Es ist bei jedem Rennen mehr oder weniger das Gleiche. Das ist nun schon meine 13. Saison in der Formel 1. Du hast immer ein Duell mit deinem Teamkollegen und es gibt immer Diskussionen. In diesem Jahr ist das nicht anders. Ich denke, du stehst immer unter Druck. Wenn du ein gutes Ergebnis heimbringst, sind alle zufrieden."

Hausaufgaben in Maranello

"Manchmal gelingt dir das aber nicht, dann musst du dich verbessern. Im Winter habe ich sehr hart mit dem Team gearbeitet. Das war auch nach den beiden Auftaktrennen der Fall. Wir hatten drei sehr nützliche Wochen in Maranello, in denen wir überlegt haben, wie wir noch besser sein können. Das betraf vor allem die Qualifikation, was ja normalerweise eine Schwäche von uns ist."

"Wir haben uns auch sehr genau den Fahrstil angesehen und geschaut, was wir tun können, um die Leistung unter den diesjährigen Regeln zu verbessern. Die Regeln werden ja immer wieder verändert. Daran musst du dich anpassen. Ich bin sehr zufrieden, dass wir es hingekriegt haben. Ich bin im besten Team und sollte zuversichtlich sein, dass alles in die richtige Richtung gehen wird."

"Ich bin im besten Team und sollte zuversichtlich sein." Fernando Alonso

Frage: "Wir haben gehört, wie dir das Team während des Rennens per Funk mitgeteilt hast, dass du keinen Druck machen sollst. Sie wollten dich wohl ein bisschen einbremsen. Du hast dann aber nur gesagt: 'Ich mache ja gar keinen Druck.'..."
Alonso: "Naja, du machst ja immer Druck. In einem Formel-1-Rennen ist es nicht möglich, keinen Druck zu machen."

"Es stimmt aber: Wir hätten vielleicht noch ein bisschen Geschwindigkeit nachlegen können. Du weißt allerdings nicht, wann du das einsetzen kannst. Es kommt auf den Zustand deiner Reifen an. Wir hatten etwas mehr Potenzial. Hoffentlich können wir das in einer Woche in Bahrain aufzeigen."

Alonso reist zuversichtlich nach Bahrain

Frage: "Was rechnest du dir für den Großen Preis von Bahrain aus? Mit welcher Leistung ist dort zu rechnen? Und wirst du heute Nacht mit dem Ferrari-Team feiern?"
Alonso: "Ich erwarte wieder ein hartes Rennen. In Bahrain werden wir aber andere Bedingungen haben, denke ich. Wer weiß, wer dort konkurrenzfähig sein kann?"

"Doch wie ich vorhin schon sagte: Wenn wir in diesem Jahr ins Ziel kommen, scheint das Auto dazu in der Lage zu sein, auf das Treppchen zu fahren. Wir hoffen also darauf, auch in Bahrain wieder auf dem Podest zu stehen. Die Feier heute Nacht? Nichts Besonderes. Ich fliege schon sehr früh nach Bahrain weiter. Heute Abend wird es also auf ein Abendessen hinauslaufen. Die Jungs werden vielleicht mehr feiern als ich."

Frage: "Wer ist dein größter Titelrivale? Kimi Räikkönen im Lotus oder Sebastian im Red Bull?"
Alonso: "Ich denke, es ist noch etwas früh, um eine Antwort darauf zu geben. Wir müssen vielleicht schon bis zum Sommer oder dergleichen warten, bis wir sehen, wer die Titelanwärter sind. Hoffentlich befinden wir uns dann in dieser Gruppe. Ich hoffe, Felipe (Massa; Anm. d. Red.) ist dann auch ein Teil dieser Gruppe."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von China


"Das würde nämlich bedeuten, dass das Auto gut funktioniert. Im Augenblick sind Lotus, Red Bull und Mercedes wohl in einer ähnlichen Position wie wir. Ich sehe nicht, dass jemand einen klaren Vorteil hat. Red Bull war vielleicht im Freien Training von Australien recht dominant, doch im Qualifying und im Rennen litten sie ein bisschen unter den abbauenden Reifen."

"Im Augenblick sind Lotus, Red Bull und Mercedes wohl in einer ähnlichen Position wie wir." Fernando Alonso

"Schnell sind aber durchaus, keine Frage. In Malaysia waren sie besser in der Spur, doch hier wieder ähnlich wie wir anderen. Warten wir einfach ab, was die Updates an jedem Auto für Auswirkungen auf die Geschwindigkeit haben. Und natürlich kommt es auch auf den Glücksfaktor an. Nico (Rosberg; Anm. d. Red.) kam in Australien nicht ins Ziel, weil es technische Probleme gab. In Malaysia kam ich nicht über die Distanz."

"Wenn ich an die heutigen Kommentare von Kimi denke... Du weißt nie, ob dein Frontflügel dranbleibt und es bis zum Rennende schafft oder ob er dir unter das Auto rutscht und du nicht ins Ziel kommst. Auch Webber geriet in Probleme mit dem Rad und schied aus. Das kann jedem von uns passieren. Das wird ebenfalls ein Faktor dabei sein, wer ein Titelaspirant wird. Das Glück spielt also auch eine Rolle."