Ob in Spa-Francorchamps oder Zolder: Bei den Rennen der Formel 1 in Belgien war immer Drama garantiert
1925 wird erstmals ein Grand Prix von Belgien ausgetragen, und schon damals wird in Spa-Francorchamps gefahren. Die Strecke führt über öffentliche Straßen und ist 15 Kilometer lang. Die heute berühmteste Kurve ist übrigens nicht von Anfang an Bestandteil der Strecke. Erst 1939 wird die Eau Rouge gebaut.
Typisch ist für die Rennen in Spa hingegen von Beginn an das unberechenbare Wetter der Ardennen mit seinen häufigen Regenschauern. Diese Bedingungen werden 1939 dem Briten Richard "Dick" Seaman zum Verhängnis. In der La Source kommt sein Mercedes von der Fahrbahn ab, prallt gegen einen Baum und fängt Feuer. Seaman erliegt im Krankenhaus seinen schweren Verbrennungen.
1952 führt Alberto Ascari auf Ferrari das Feld als Führender in die Eau Rouge. Sicherheitseinrichtungen waren damals noch ein Fremdwort. 1925 gewann übrigens Ascaris Vater Antonio den ersten Grand Prix von Belgien. 27 Jahre später steht sein Sohn auf der obersten Stufe des Siegerpodests.
Jetzt aber schnell! Nachdem er im Rennen in der Radillon ein Rad verloren hat und sein Auto abstellen musste, eilt Ferrari-Pilot Stirling Moss im Jahr 1956 zur Box zurück. Dort übernimmt er kurzerhand das Auto seines Teamkollegen Cesare Perdisa und fährt im "Leihwagen" auf den dritten Platz.
1960 erlebt Spa-Francorchamps eines der schwärzesten Rennwochenenden der Formel-1-Geschichte. Schon im Training ereignen sich Unfälle, bei denen Fahrer schwer verletzt wurden. Im Rennen verlieren gleich zwei britische Fahrer auf tragische Weise ihr Leben. Chris Bristow wird nach einem Überschlag aus seinem Auto geschleudert und von einem Stacheldrahtzaun enthauptet, später kommt Alan Stacey bei über 200 km/h von der Strecke ab, nachdem er von einem Vogel am Kopf getroffen wurde.
1972 wird der Grand Prix von Belgien erstmals auf der Rennstrecke von Nivelles-Baulers in der Nähe von Brüssel ausgetragen, nachdem Spa für die immer schneller werdenden Autos zu unsicher geworden ist. Das wallonische Nivelles-Baulers soll sich als neuer Austragungsort mit dem flämischen Zolder abwechseln, doch die Formel 1 kehrt nur 1974 noch einmal dorthin zurück. Gewonnen hat in Nivelles-Baulers nur ein Fahrer: Emerson Fittipaldi siegt sowohl 1972 als auch 1974.
1977 bekommen die Zuschauer in Zolder mit dem sechsrädrigen Tyrell P34 eines der kuriosesten Fahrzeuge der Formel-1-Geschichte zu sehen. Ronnie Peterson fährt damit auf Rang drei.
Auch in Zolder kommt es zu tragischen Ereignissen. 1981 würgt Riccardo Patrese seinen Arrows in der Startaufstellung ab. Mechaniker Dave Luckett springt über die Boxenmauer um das Auto anzulassen, aber dennoch gibt die Rennleitung den Start frei. Ausgerechnet Siegfried Stohr im zweiten Arrows kann seinem Teamkollegen nicht mehr ausweichen und quetscht den Mechaniker zwischen beiden Autos ein. Luckett hat jedoch Glück und überlebt diesen Horror-Unfall - im Gegensatz zu einem Osella-Mechaniker, der im Training in der engen Boxengasse von Carlos Reutemann überfahren wird.
1982 endet dann eine der hoffnungsvollsten Formel-1-Karrieren viel zu früh. Im Qualifying kollidiert Gilles Villeneuve mit Jochen Mass. Das damals noch aus Aluminium gefertigte Chassis seines Ferrari bricht, Villeneuve wird aus dem Auto geschleudert und stirbt am Abend an seinen schweren Verletzungen. Der Kanadier wurde nur 32 Jahre alt.
1985 reisen die Formel-1-Teams gleich zwei Mal in einem Jahr nach Spa. Beim Training zum Anfang Juni geplanten Rennen bricht bei hohen Temperaturen der neue Asphalt der auf knapp sieben Kilometer verkürzten Rennstrecke auf. Da keine schnelle Abhilfe möglich ist, wird das Rennen abgesagt und am 15. September nachgeholt.
Trotz des Umbaus bleibt Spa eine sogenannte Fahrerstrecke und ist damit wie gemacht für Könner wie Ayrton Senna. Der Brasilianer gewinnt fünf Mal in Belgien, darunter ab 1988 vier Mal in Folge.
1991 geht in Spa-Francorchamps ein neuer Stern in der Formel 1 auf. Für Jordan fährt erstmals ein junger Deutscher namens Michael Schumacher. In seinem ersten Formel-1-Qualifying fährt der 22-Jährige auf der ihm unbekannten Strecke sensationell auf Position sieben. Das Rennen muss er allerdings schon nach 500 Metern mit einem Kupplungsdefekt beenden.
Genau zwölf Monate später schlägt an gleicher Stelle seine große Stunde. Bei wechselhaften Bedingungen lässt Michael Schumacher dank geschickter Reifenwahl die beiden überlegenen Williams hinter sich und gewinnt seinen ersten Grand Prix. Es sollten noch 90 weitere Siege folgen...
Auch in den nächsten Jahren bestimmt Michael Schumacher in Belgien die Schlagzeilen. 1994 verliert er seinen Sieg am grünen Tisch, nachdem die Bodenplatte seines Benetton zu dünn war. 1995 zeigt Schumacher in Spa eines seiner besten Rennen und fährt im Regen von Startplatz 16 aus zum Sieg.
1996 verunglückt Michael Schumacher im Training schwer, was ihn am Sonntag aber nicht daran hindert, seinen zweiten Sieg für Ferrari zu feiern.
Der Belgien-Grand-Prix des Jahres 1998 geht in die Geschichte ein. Beim ersten Start kollidieren in der Anfahrt zur Eau Rouge nicht weniger als 13 der 22 Autos miteinander. Später fährt Michael Schumacher im strömenden Regen auf das Auto von David Coulthard auf und schleppt seinen Ferrari auf drei Rädern an die Box, wo er dem Schotten dann an den Kragen gehen will.
Das Chaos nutzt das Jordan-Team zu seinem ersten Sieg. Damon Hill gewinnt vor Teamkollege Ralf Schumacher, der in der Schlussphase vom Team per Funk eingebremst wird und darüber ziemlich sauer ist.
Im Jahr 2000 wird Spa-Francorchamps Schauplatz eines der spektakulärsten Überholmanöver der Formel-1-Geschichte. Auf der Kemmel-Geraden geht Michael Schumacher links am überrundeten Ricardo Zonta vorbei, während Mika Häkkinen rechts am Brasilianer vorbeifährt und so auch Schumacher überholt. Das muss nach dem Rennen natürlich noch einmal besprochen werden.
Ein Jahr später müssen die Schutzengel ganze Arbeit leisten. Nach einem missglückten Überholversuch gegen Eddie Irvine schlägt Luciano Burti in der Blanchimont-Kurve nahezu ungebremst in die Reifenstapel ein. Der Brasilianer übersteht den Unfall aber ohne schwere Verletzungen. Das Rennen gewinnt Michael Schumacher, der mit seinem 52. Grand-Prix-Sieg Alain Prost als Rekordsieger der Formel 1 ablöst.
2004 folgt für Michael Schumacher in Spa-Francorchamps dann ein weiterer Meilenstein: Mit seinem zweiten Platz hinter Kimi Räikkönen sichert sich der Kerpener vorzeitig seinen siebten Weltmeistertitel.
2009 stellt Giancarlo Fisichella den Force India sensationell auf die Pole-Position und führt das Rennen in der Anfangsphase an. Schließlich muss er sich aber Kimi Räikkönen geschlagen geben, der in diesem Jahr seinen vierten Sieg in Spa-Francorchamps feiert.
Das war zu wild, Seb! Beim Anbremsen der Busstop-Schikane verliert Sebastian Vettel 2010 die Kontrolle über seinen Red Bull und kracht Jenson Button in die Seite. Der Brite muss seinen McLaren mit kaputtem Kühler abstellen, Vettel landet nach Reparaturstopp und Durchfahrtstrafe außerhalb der Punkteränge.
2012 löst Romain Grosjean am Start fast eine Katastrophe aus. Der Franzose fährt zunächst auf Lewis Hamilton auf, anschließend schleudert sein Lotus über den Ferrari von Fernando Alonso. Der Spanier hat Glück, dass er von Grosjeans Auto nicht erschlagen wird. Der Franzose, der nicht zum ersten Mal in dieser Saison für Kleinholz gesorgt hat, wird anschließend für ein Rennen gesperrt.
2014 eskaliert in Belgien der Krieg der Sterne. Nico Rosberg schlitzt seinem Teamkollegen Lewis Hamilton den Hinterreifen auf und muss sich dafür nach dem Rennen heftige Kritik seiner Bosse anhören. Für viele Beobachter ist das eine Schlüsselszene im WM-Kampf.