Immer wieder wissen die Formel-1-Teams mit Innovationen zu überraschen: Wir stellen die Top 5 der technischen Neuerungen aus den vergangenen Jahren vor!
Brawn, Toyota und Williams entdecken ein Schlupfloch im Formel-1-Reglement 2009 und entwickeln unabhängig voneinander den sogenannten Doppeldiffusor, der für deutlich mehr Abtrieb auf der Hinterachse sorgt. Natürlich ...
... ist die Entrüstung groß bei den Teams, die diese Entwicklung "verschlafen" haben. Die Sache landet schließlich vor dem FIA-Berufungsgericht. Das Urteil hätte sich theoretisch rückwirkend auf die ersten Saisonrennen auswirken können. Aber ...
... das Berufungsgericht sieht Brawn, Toyota und Williams im Recht: Der Doppeldiffusor wird offiziell als legal eingestuft. Damit ist die Konkurrenz gezwungen, ebenfalls auf diesen Trend aufzuspringen.
Im Prinzip macht sich das Doppeldiffusor-Konzept eine unpräzise Formulierung im Regelwerk zunutze. Das erlaubt den Teams, einen zusätzlichen Luftkanal einzubauen, der den oberen Bereich des Diffusors anströmt und so mehr Leistung generiert, vor allem bei der Kurvenfahrt.
Am besten setzt Brawn die Idee um: Der Rennstall um Teamchef Ross Brawn, das ehemalige Honda-Werksteam, gewinnt 2009 mit Jenson Button den WM-Titel in der Fahrerwertung und als Team auch die Konstrukteurswertung.
2010 erweist sich Red Bull als Trendsetter in der Formel 1, indem es die heißen Auspuffgase dazu nutzt, einen zusätzlichen Luftstrom knapp über dem Unterboden in Richtung Heck zu leiten und dort zwischen Hinterrad und Diffusor-Seitenwand ankommen zu lassen. In einem zweiten Schritt ...
... verfeinert Red Bull den Effekt gemeinsam mit Renault, um ein "Anblasen" auch dann zu ermöglichen, wenn die Fahrer im Auto nicht auf dem Gaspedal stehen, also zum Beispiel während der Kurvenfahrt. All das ...
... will Red Bull der Konkurrenz natürlich nicht auf dem Silbertablett servieren: Bei den ersten Tests foppt das Team seine Gegner mit Aufklebern von "falschen" Auspuff-Auslässen am hinteren Ende der Motorhaube. Es hilft nur bedingt: Andere Rennställe greifen die Red-Bull-Entwicklung alsbald auf.
Red Bull ist mit seinem Auspuff zwar nicht die klare Nummer eins im Feld, setzt sich mit Sebastian Vettel aber erstmals in der Formel-1-Fahrerwertung durch. Das Team gewinnt 2010 auch den Konstrukteurstitel.
Ebenfalls 2010 überrascht McLaren mit dem sogenannten F-Schacht. Dabei handelt es sich um einen Luftführungskanal durch das Auto, der vom Fahrer im Cockpit zum Beispiel per Handbewegung beeinflusst werden kann. Im aktivierten Zustand ...
... ermöglicht der F-Schacht mittels eines Luftkanals in der Motorhauben-Finne ein "Anblasen" des Heckflügels und erwirkt so eine Reduzierung des Luftwiderstands. Das Rennauto kann also insgesamt steilere Flügel fahren und ist trotzdem schnell auf den Geraden. Das große Problem dabei ...
... ist die Tatsache, dass die Fahrer mitunter eine Hand vom Lenkrad nehmen müssen, um den F-Schacht mit dieser Hand zu verschließen. Teilweise kommen extra modifizierte Handschuhe oder Rennanzüge zum Einsatz. Und weil der F-Schacht manchmal auch ...
... in Kurven aktiviert wird, schreitet schließlich der Weltverband FIA ein und verbietet die Idee aus Sicherheitsgründen: Nach 2010 ist der F-Schacht nicht mehr erlaubt in der Formel 1, zumal 2011 mit dem Drag-Reduction-System (DRS) eine Überholhilfe eingeführt wird. Bleibt die Frage, warum ...
... das Konzept als "F-Schacht" bezeichnet wird. Ganz einfach: Der Ansaugstutzen für die Luft liegt bei McLaren auf der Höhe des Buchstabens f im Schriftzug von Sponsor Vodafone auf dem Vorderbau des Fahrzeugs. Intern verwendet McLaren aber eine andere Bezeichnung: RW80.
Weil am Ende praktisch alle Teams mit F-Schacht fahren, ist der große McLaren-Vorteil bald dahin. Das Team belegt am Saisonende 2010 den zweiten Platz in der Konstrukteurswertung und holt P4 und P5 in der Fahrerwertung.
2012 verschärft die FIA die Regeln für das "Anblasen" des Unterbodens und des Diffusors. Das Ergebnis ist der sogenannte Coanda-Auspuff, der in unterschiedlichen Varianten entwickelt wird. Eine Version ...
... stammt von McLaren: Der Auspuff befindet sich am hinteren Ende des Seitenkastens und lässt seine heißen Abgase nach hinten wegströmen (rote Pfeile). Parallel dazu führt das Team den Luftstrom um den Seitenkasten herum ebenfalls nach hinten ab (blaue Pfeile). Bei Red Bull wiederum ...
... sieht die Lösung etwas anders aus: Das Team entwickelt einen Kanal, der den vom Seitenkasten kommenden Luftstrom (blaue Pfeile) unter dem aus dem Auspuff wegströmenden Abgas (rote Pfeile) hindurchleitet, sodass die unterschiedlichen Luftströme voneinander abgeschirmt sind und ungestört wirken können.
Unterm Strich kommt Red Bull besser weg als McLaren: Das Team von Weltmeister Vettel holt sich erneut beide WM-Titel. McLaren wird Dritter in der Konstrukteurswertung 2012.
Ein besonders innovativer Ansatz ist 2020 die zweiaxiale Lenkung ("Dual Axis Steering", kurz: DAS) von Mercedes, bei der die Fahrer in voller Fahrt am Lenkrad ziehen und vor den Kurven das Lenkrad wieder nach vorne drücken. Sinn und Zweck ...
... der Konstruktion ist, den Spurwinkel der Vorderräder zu verändern. In der Geradeausfahrt sollen die Räder möglichst wenig Luftwiderstand bieten und höheren Topspeed ermöglichen. In den Kurven sollen die Reifen mehr Grip entwickeln. Im Prinzip ...
... kann der Fahrer aus dem Cockpit heraus das Set-up des Fahrzeugs im Rundenverlauf dynamisch anpassen und profitiert von geringerem Reifenverschleiß. Das fällt der Konkurrenz aber erst beim Studium von Onboard-Aufnahmen der Mercedes-Fahrer bei Testfahrten auf. Um Nachahmer ...
... zu verhindern und den Teams die hohen Entwicklungskosten zu sparen, wird die zweiaxiale Lenkung zur Saison 2021 verboten. Damit ist DAS schnell wieder Geschichte.
Mercedes erzielt mit dem W11 in der Saison 2020 einen "Doppelsieg" in der Fahrerwertung und holt sich folgerichtig auch den Titel in der Konstrukteurswertung - dann übrigens im schwarzen Autodesign, das es bei den Tests noch nicht gegeben hat.
Immer wieder wissen die Formel-1-Teams mit Innovationen zu überraschen: Wir stellen die Top 5 der technischen Neuerungen aus den vergangenen Jahren vor!