Rennentscheidungen auf Messers Schneide: Als fünf Piloten ein Wimpernschlag trennte und Siegerfotos peinlich wurden
Die knappsten Zieleinläufe in der Formel-1-Historie waren das Resultat ganz unterschiedlicher Rennen. Nicht nur Windschattenduelle und eine Renndramaturgie, die zum Kauen von Fingernägeln veranlasst, war daran schuld. Auch das Einüben von Siegerfotos und Stallorder bescherten Fotofinishes. Das sind die Top 10.
Platz 10: Die Mercedes-Asse Stirling Moss und Juan Manuel Fangio machen in der Saison 1955 gleich zwei Grands Prix mit 0,200 Sekunden Unterschied unter sich aus. Sein Heimspiel in Aintree (im Bild) gewinnt der Brite, im niederländischen Zandvoort ist der Silberpfeil des Argentiniers hauchdünn vorne.
Platz 9: Rubens Barrichello muss Ferrari-Teamkollege Michael Schumacher beim Österreich-Grand-Prix 2002 in Spielberg auf den letzten Metern überholen lassen und ihm den Sieg abtreten. Demonstrativ gewährt der Brasilianer ihm nur 0,182 Sekunden. Das Publikum buht, der Deutsche tritt seinen Siegerpokal ab, später hagelt es Strafen.
Platz 8: Nach einer Menge Drama inklusive Regenschauern, eines Doppelboxenstopps und vermeintlichen Kupplungsproblemen machen die Ferrari-Piloten den Sieg beim Kanada-Grand-Prix 2000 unter sich aus. Michael Schumacher gewinnt in Montreal 0,174 Sekunden vor Rubens Barrichello.
Platz 6: Mercedes' Silberpfeile sind der Konkurrenz beim Frankreich-Grand-Prix 1954 um Lichtjahre voraus. Sie überrunden die gesamte Konkurrenz. Juan Manuel Fangio cruist zum Sieg und lässt seinen deutschen Teamkollegen Karl Kling auf den letzten Metern für ein hübsches Zielfoto herankommen. Maßarbeit: Am Ende trennen sie 0,100 Sekunden.
Platz 6: Das perfekte Debüt liefert Giancarlo Baghetti (Ferrari) beim Frankreich-Grand-Prix 1961 ab. Er gewinnt das Rennen in Reims als Neuling mit ebenfalls 0,100 Sekunden Vorsprung auf Dan Gurney (Porsche) nach einem nicht enden wollenden Windschatten-Duell. Anzumerken ist, dass damals nicht genauer gemessen wurde.
Platz 5: Jackie Stewart (Matra) bezwingt Jochen Rindt (Lotus) beim Italien-Grand-Prix 1969 nach einem damals Monza-typischen Windschattenepos. 0,080 Sekunden entscheiden zugunsten des Schotten, der sich zum Weltmeister krönt. Auch Jean-Pierre Beltoise (Matra) und Bruce McLaren (McLaren) sind nur 0,170 respektive 0,190 Sekunden zurück.
Platz 4: Elio de Angelis (Lotus) und Keke Rosberg (Williams) beschleunigen nach einer Ausfallorgie und einem atemberaubenden Zweikampf in der Schlussrunde Seite an Seite auf die Zielgerade, als der Italiener mit 0,050 Sekunden Vorsprung den Österreich-Grand-Prix 1982 für sich entscheidet.
Platz 3: Der Spanien-Grand-Prix 1986 erlebt, wie der junge Ayrton Senna (Lotus) seinen Rivalen Nigel Mansell (Williams) mehrere Runden lang hinter sich hält, obwohl er die älteren Reifen auf den Achsen hat. 0,014 Sekunden sind es, die der Brasilianer bei der letzten Attacke ins Ziel rettet, doch zunächst jubelt nur der "Löwe"...
...denn Mansell ist felsenfest überzeugt, das Beschleunigungsduell aus der letzten Kurve für sich entschieden zu haben. Glücklich fällt er seiner Frau in die Arme, es fließen Freudentränen. Zumindest solange, bis es auch zu dem euphorischen Briten durchsickert, dass Senna in Jerez der strahlende Held ist.
Platz 2: Rubens Barrichello (Ferrari) schnappt den Sieg beim US-Grand-Prix 2002 Teamkollege Michael Schumacher weg. 0,011 Sekunden ist der Brasilianer in Indianapolis auf dem Zielstrich vorne. Aber nur deshalb, weil der Rekordchampion für das übliche Zielfoto der Roten zu stark abbremst und Barrichello "aus Versehen" vorbeilässt.
Platz 1: Mit 0,010 Sekunden Vorsprung gewinnt Peter Gethin (BRM) den Italien-Grand-Prix 1971 in Monza vor Ronnie Peterson (March). Francois Cevert (Tyrrell) wird mit 0,090 Sekunden Rückstand Dritter, während Mike Hailwood (Surtees, +0,180) und Howden Ganley (BRM, +0,610) auch nur Wimpernschläge von einem Sieg entfernt sind.
Kurios: Bis dato hat keiner der fünf Piloten jemals einen Lauf zur Formel-1-WM gewonnen, für Gethin bleibt es der einzige Erfolg. Das Spektakel steht zudem bis zum Jahr 2003 als schnellstes Rennen der Geschichte in den Rekordbüchern. Die Durchschnittsgeschwindigkeit betrug 242,6 km/h.
Rennentscheidungen auf Messers Schneide: Als fünf Piloten ein Wimpernschlag trennte und Siegerfotos peinlich wurden