Sebastian Vettel und Gerhard Berger tauschen ihre Boliden
An dieses Bild müssen sich die Formel-1-Fans künftig gewöhnen: Sebastian Vettel im Ferrari! Zugegeben, die erste Testfahrt absolvierte der Heppenheimer in Spielberg noch nicht, dafür machte er sich in Gerhard Bergers rotem Renner von 1988 mit dem Mythosmarken-Feeling der Scuderia vertraut.
Rückblende: Es ist ein Stelldichein der Legenden. Wenige Tage vor der Rückkehr der Formel 1 auf den Red-Bull-Ring treffen sich schon einmal zwei alte Bekannte auf der österreichischen Rennstrecke in der Steiermark. Vettel und Berger bringen jeweils einen berühmten Boliden mit, mit dem sie schon einmal im Vorab um den Kurz heizen: Der Deutsche fährt mit seinem RB8 von 2012, der Österreicher mit seinem Ferrari von 1988.
Dabei rasen die beiden nicht nur auf der aktuellen Strecke, sondern auch auf historischen Abschnitten wie dem alten Westteil. "Wenn du das siehst, glaubst du nicht, dass wir hier einmal Formel 1 gefahren sind", schwärmt Berger und erklärt dem staunenden Heppenheimer, dass auch spontane Wildwechsel am Ring häufiger zu beobachten waren: "Nicht nur einmal, dass das Training unterbrochen werden musste, weil irgendwo ein Tier auf der Strecke war, eine Kuh oder ein Reh", grinst Berger. Heute wäre so etwas undenkbar!
Kurioserweise wird Bergers Ferrari mit der Startnummer 28 von genau jenen drei italienischen Ingenieuren betreut, mit denen er schon 1988 - also vor 26 Jahren (!) - zusammengearbeitet hat. Sein Fazit nach der Fahrt: "Ich entdecke grad eine Liebe zu dem alten Zeug. Wenn das fährt, dann ist das toll: der Turbo, die manuelle Schaltung, das pure Fahren", strahlt Berger und versucht dieses Gefühl auch Sebastian Vettel zu beschreiben, denn nun soll der vierfache Weltmeister in den roten Renner klettern.
Für Vettel, der nur die Hightech-Formel-1 der heutigen Zeit gewohnt ist, ist der Ferrari ein richtiger Kulturschock: Seine Schultern schauen oben heraus, es gibt einen Schaltknüppel, drei Pedale - und natürlich keine Servolenkung. Zudem zeigen Vettels Beine nach unten anstatt wie in den heutigen Boliden nach oben. Noch keinen Meter ist Vettel gefahren, da lautet sein erstes Fazit: "Befremdlich!"
Im Gegenzug darf Berger, der vor 17 Jahren seinen letzten Grand Prix bestritt, in den modernen RB8 klettern und um die Strecke düsen. Mit den Boliden aus seiner aktiven Zeit hat das Red-Bull-Gefährt natürlich nichts mehr zu tun - aber selbst Landsmann Niki Lauda musste einst feststellen, dass die modernen Boliden doch nicht jeder Affe fahren kann - auch wenn er das gerne behauptet hatte, bis er sich in seinen Jaguar setzte.
Die alten Boliden scheinen Vettel auf jeden Fall Spaß zu machen: "Es ist gigantisch, mit einem historischen Auto zu fahren. Damals war noch viel Handarbeit nötig. Es fühlt sich alles so schön direkt an. Ein tolles Gefühl, wie sich die Leistung entfaltet. Am liebsten wäre ich weitergefahren." Übrigens: Der Ferrari von Berger war 1988 das einzige, das die dominanten McLaren um Ayrton Senna und Alain Prost besiegen konnte - beim einzigen Sieg in Monza.
Gerhard Berger klettere übrigensam Rennsonntag in Spielberg noch einmal in seinen Ferrari, doch der Österreicher war nicht allein sein: Neben ihm steigen auch Niki Lauda, Helmut Marko, Dieter Quester, Hans Binder, Karl Wendlinger, Alexander Wurz, Patrick Friesacher oder Christian Klien wieder in ihre Originalboliden und starten zur großen Legends-Parade.
Sebastian Vettel und Gerhard Berger tauschen ihre Boliden