Michael Schumachers Weg zum zweiten WM-Titel auf Benetton am 22. Oktober 1995 in 20 spektakulären Fotos nacherzählt
Alles neu bei Michael Schumachers Benetton-Team im Jahr 1995: Startnummer 1 des amtierenden Weltmeisters auf dem B195, leistungsstarke Renault- statt Ford-Motoren im Heck und Johnny Herbert als permanenter Stallkollege. Außerdem arbeitet Technikchef Tom Walkinshaw nicht mehr für Benetton, sondern für Ligier - weil FIA-Präsident Max Mosley nach der Benzinfilter-Affäre samt Boxenfeuer in Hockenheim 1994 ein Köpferollen verlangt hat.
Beim Saisonauftakt in Sao Paulo sichert sich Schumacher nach einem Trainingsunfall den zweiten Startplatz, hinter seinem Erzrivalen Damon Hill auf Williams. Hill sollte in 17 Qualifyings zwölfmal vor Schumacher landen und das Pole-Duell der Titelanwärter 1995 mit 7:4 gewinnen.
26. März 1995: Schumacher gewinnt den Grand Prix von Brasilien vor David Coulthard (Williams) und Gerhard Berger (Ferrari). Hill scheidet in Führung liegend wegen eines Radaufhängungs-Defekts aus. Aber weil die von der FIA genommenen Benzinproben nicht mit den Mustern übereinstimmen, die vor Saisonbeginn hinterlegt wurden, werden Schumacher und Coulthard nachträglich disqualifiziert. Berger ist somit erster WM-Führender.
9. April 1995: Hill überholt Schumacher beim Comeback des Grand Prix von Argentinien in Buenos Aires in der elften Runde. Als Benetton auch noch bei einem der Boxenstopps sieben Sekunden verliert, ist die Chance auf den Sieg dahin. Berger bleibt mit elf Punkten aus zwei Rennen WM-Leader - aber nur bis Donnerstag der darauffolgenden Woche, denn das FIA-Berufungsgericht macht die Disqualifikationen von Schumacher und Coulthard in Sao Paulo rückgängig. Urteil: Die Fahrer dürfen ihre Punkte behalten, die Teams verlieren aber jene für die Konstrukteurswertung.
30. April 1995: Unmittelbar nach dem Wechsel von Regenreifen auf Slicks unterläuft Schumacher einer seiner seltenen Fahrfehler und er schmeißt den Benetton an dritter Stelle liegend in die Reifenstapel (auch wenn er später von einem angeblichen Defekt spricht). Hill gewinnt den Grand Prix von San Marino in Imola und liegt in der Weltmeisterschaft mit 20:14 Punkten in Führung.
14. Mai 1995: Weil Hill in der letzten Runde mit Getriebeschaden langsam wird und vom zweiten auf den vierten Platz zurückfällt, feiert Benetton den ersten Doppelsieg seit Japan 1990 (Nelson Piquet vor Roberto Moreno). Auch in der Fahrerwertung geht Schumacher mit 24:23 Punkten an Hill vorbei.
28. Mai 1995: Der erste Versuch, den Grand Prix von Monaco zu starten, scheitert an einer Dreierkollision zwischen Coulthard, Jean Alesi und Gerhard Berger. Ungeachtet dessen gewinnt Polesetter Hill sowohl den ersten als auch den zweiten Start gegen Schumacher.
Aber nicht das Rennen: Hill setzt auf eine Zwei-, Schumacher auf eine Einstoppstrategie - und gewinnt den Klassiker in Monte Carlo 34,8 Sekunden vor dem Briten. Das Erfolgsduo Schumacher/Briatore fährt unaufhaltsam seinem zweiten WM-Titel entgegen.
11. Juni 1995: Schumacher führt beim Grand Prix von Kanada in Montreal bis zu einem langen Boxenstopp wegen eines Lenkrad-Wechsels. Am Ende wird er Fünfter, macht aber weiteren Boden auf Hill gut, der wegen eines Getriebeschadens an dritter Stelle liegend ausscheidet. Sieger der Herzen: Alesi im Ferrari mit der legendären Startnummer 27 von Gilles Villeneuve.
16. Juli 1995: Nach einem weiteren Sieg beim Grand Prix von Frankreich in Magny-Cours führt Schumacher bei Hills Heimspiel in Silverstone. Der Williams-Pilot, wegen eines Boxenstopps mehr mit frischeren Reifen ausgestattet, attackiert aber in Priory, wild entschlossen, vor eigenem Publikum zu gewinnen.
Das geht schief: Beide scheiden aus, Benetton-Pilot Johnny Herbert feiert seinen ersten Grand-Prix-Sieg - und Schumacher ärgert sich: "Was Damon gemacht hat, war dumm und unnötig. Auch vor dem Heimpublikum musst du dein Temperament unter Kontrolle halten. Es war die gleiche Situation wie in Adelaide voriges Jahr."
Hill sieht das naturgemäß ein wenig anders: "Ich würde sagen, es war ein Rennunfall. Ich dachte, da gibt es eine Lücke, die ich nutzen kann, aber Michael ist anscheinend schwieriger zu überholen, als ich dachte."
30. Juli 1995: Bei Schumachers Heimspiel in Hockenheim wirft Hill seinen Williams schon in der zweiten Runde in die Reifenstapel. Die Nerven liegen blank. Sein Konkurrent gewinnt indes den Grand Prix von Deutschland und baut den Vorsprung in der Weltmeisterschaft auf 56:35 Punkte aus.
13. August 1995: Ein letztes Aufbäumen von Hill, der den Grand Prix von Ungarn auf dem Hungaroring vor Williams-Teamkollege Coulthard gewinnt. Durch Schumachers Ausfall (Benzinpumpe) gewinnt das Titelduell noch einmal an Spannung.
27. August 1995: Eine Sternstunde in Schumachers Karriere, der vom 16. Startplatz aus gewinnt und Hill im Regenchaos des Grand Prix von Belgien regelrecht vorführt. Teilweise mit Slicks auf nasser Fahrbahn gegen Hill auf Regenreifen verteidigend, gewinnt der Deutsche in Spa-Francorchamps 19,5 Sekunden vor Hill. Der beschwert sich später: "Seine Fahrweise war nicht akzeptabel. Formel-1-Autos sind keine Go-Karts." Die Rennleitung spricht gegen Schumacher eine bedingte Sperre für ein Rennen aus.
10. September 1995: Beim Überrunden von Taki Inoue kracht Hill in Monza ins Heck von Schumachers Benetton - es ist bereits die zweite Kollision der beiden in der Saison 1995. Unabhängig von der Schuldfrage: Weil Hill dringend Punkte aufholen muss, hilft der Crash Schumacher mehr als dem Briten.
1. Oktober 1995: Schumachers nächstes Meisterstück beim Grand Prix von Europa auf dem Nürburgring, den er erst nach einer überragenden Aufholjagd gegen Alesi im Ferrari gewinnt. Hill verliert zunächst bei einer Kollision mit Alesi den Frontflügel, dreht sich dann ganz von der Strecke - und muss einsehen: "Dieses Jahr werde ich nicht mehr Weltmeister."
22. Oktober 1995: Beim Pazifik-Grand-Prix in Aida (gelegen in der Präfektur Okayama) macht Schumacher mit einem weiteren Sieg seinen zweiten WM-Titel perfekt.
Er feiert diesen mit Briatore und dem Benetton-Team. Das wird er am Jahresende in Richtung Ferrari verlassen.
Der 22. Oktober hat für Schumacher übrigens eine besondere Bedeutung: Elf Jahre nach dem Gewinn seiner zweiten Weltmeisterschaft beendet er beim Grand Prix von Brasilien 2006 (vermeintlich) seine Karriere. Zwar reicht es gegen Fernando Alonso (für das ehemalige Benetton-Team Renault unter Regie von Briatore am Start) nicht zum achten WM-Titel, aber nach Reifenschaden zeigt Schumacher vom 19. auf den vierten Platz eine sensationelle Aufholjagd - eine der besten seiner Karriere, wie viele finden.