Warum Sebastian Vettel für uns nicht der beste Fahrer in Montreal war, Lewis Hamilton aber auch nicht, begründen wir in unseren Fahrernoten der Redaktion
Kevin Magnussen (5): Der Einzug ins Top-10-Qualifying war eigentlich top. Das hat er sich aber mit dem Crash kaputt gemacht. Dafür, dass das Auto im Rennen eine Katastrophe war, war er letztendlich selbst verantwortlich. Und es ist kein guter Stil, dann am Boxenfunk so zu meckern.
Robert Kubica (5): Auf den Teamkollegen fehlten im Qualifying 0,8 Sekunden. Das ist - bei allem Respekt vor Russells außergewöhnlichem Talent - zu viel. Auf seiner Schicksalsstrecke in Montreal konnte Kubica nicht aus der Krise fahren.
Kimi Räikkönen (4): Im Qualifying von Giovinazzi geschlagen zu werden, ist kein Ruhmesblatt für den alten Hasen. Nach den bärenstarken Leistungen am Saisonbeginn scheint seine Formkurve abzuflachen. Und man spürt eine gewisse Lustlosigkeit in den Interviews. Wobei das nicht ganz neu ist.
Pierre Gasly (4): Seit Monaco spürt man, dass er sich langsam besser zurechtfindet. Das war in den Trainings zu sehen. Die Ausrede, dass sein Auto im Rennen im Verkehr überhitzt hat, lassen wir aber nicht gelten. Das Problem hatte Verstappen auch. Der wurde von weiter hinten noch Fünfter.
Romain Grosjean (4): Er konnte seine schnelle Quali-Runde wegen des Magnussen-Crashs nicht zu Ende fahren. Als Quali-15. war sein Grand Prix ziemlich vordefiniert. Und der Haas hat immer noch Probleme mit den Reifen. Aber trotz der mildernden Umstände muss da mehr gehen.
Alexander Albon (4): Die große Frage ist, was ohne den unglücklichen Startcrash drin gewesen wäre. Im Grunde ein weiteres solides Wochenende. Die Verantwortung dafür, dass er in der ersten Kurve in die Zange genommen wurde, sieht Albon bei sich selbst. Das zeugt von Fähigkeit zur Selbstkritik.
Antonio Giovinazzi (4): Über den überflüssigen Dreher sehen wir elegant hinweg. Der Italiener holt im Duell gegen Räikkönen langsam auf - aber ob das daran liegt, dass er selbst schneller wird, oder eher an Räikkönen, der momentan nicht überzeugt, ist schwer zu sagen.
Valtteri Bottas (4): Hamilton hat mit dem Mercedes das Rennen gewonnen. Da ist P6 im Qualifying und P4 im Rennen dann eindeutig zu wenig. Die Fehler in Q3 haben ihm jeder Chance auf den Sieg beraubt. Das ging auf seine eigene Kappe. In der WM verliert er nach und nach den Sichtkontakt zur Spitze.
Sergio Perez (3): Es war ein unauffälliges Rennen, auch weil er nicht die gleiche goldene Strategie wie der Teamkollege hatte. In den Trainings war "Checo" bärenstark unterwegs, meistens auf Top-10-Kurs. Im Rennen setzte er keine nennenswerten Akzente.
Carlos Sainz (3): Das hätte eigentlich ein gutes Ergebnis werden können. Aber mit der völlig überflüssigen Blockade von Albon in Q1, als es um nichts ging, handelte sich Sainz eine Grid-Strafe ein. Die brach offenbar seinen Rhythmus. Schade. Da war mehr drin.
George Russell (3): Es ist unheimlich schwierig, einen Rookie, der neben Kubica im unterlegenen Williams sitzt, richtig einzuordnen. So landen wir dann oft bei einer neutralen Drei. Aber wer weiß: Vielleicht ist Kubica gar nicht so schlecht und Russell ein angehender Weltmeister? Die Zukunft wird es zeigen.
Charles Leclerc (3): Sein Tempo im zweiten Rennstint war das beste im Feld. Chapeau. Aber es kam etwas zu spät. In den Trainings war er der schnellste Mann, im Qualifying setzte er das nicht um. So fuhr er Vettel und Hamilton von Anfang an hinterher. Und im ersten Stint tat er sich schwer.
Lando Norris (2): Top 10 im McLaren, im Rennen auf Punktekurs, und das auf einer fahrerisch anspruchsvollen Strecke wie Montreal - sehr viel mehr kann man von einem Nachwuchspiloten in seinem Alter nicht erwarten. Der Bremsdefekt: Pech. Sonst wären sichere Punkte rausgesprungen.
Lance Stroll (2): Besonders gut ist Stroll in unseren Kritiken bisher nicht weggekommen. Aber Ehre, wem Ehre gebührt! Sicher hat ihn das glückliche Händchen für die Strategie nach vorne gespült. Aber das muss man auch umsetzen. Und im langen ersten Stint hat er alles richtig gemacht. Tolle Zweikämpfe!
Nico Hülkenberg (2): Es bedurfte einer Teamorder, ihn im Finish hinter Ricciardo zu halten. Hülkenberg war schnell, verlor aber das Qualifying-Duell, was ihm im Rennen das Leben schwer machte. Zwischendurch rechnete er mit einem baldigen Getriebeschaden. Der dann, zum Glück, nicht kam.
Daniil Kwjat (2): Der Russe hat bei seinem Toro-Rosso-Comeback auch schon Mist gebaut, keine Frage. Aber nach und nach wird er besser. In Montreal hat er bei einigen Zweikämpfen gezeigt, was für ein Racer in ihm steckt. Und er wurde letztendlich mit einer Punkteplatzierung belohnt.
Max Verstappen (2): Für das frühe Aus im Qualifying konnte er nichts - ohne rote Flaggen wäre er in der dritten Reihe gestanden. Von da aus wäre er aber auch maximal Fünfter geworden, sagt er selbst. Insofern: Maximum rausgeholt, wieder ein sehr starkes Rennen gefahren. Top!
Sebastian Vettel (2): Ein fast perfektes Wochenende mit einer mega Runde im Qualifying. Schade, dass er den Sieg wegen einer Unachtsamkeit verschenkt hat. Ob die Strafe zu hart war oder nicht, sei dahingestellt. Ohne Fehler wäre es gar nicht erst so weit gekommen. Sonst Vettel in Bestform!
Lewis Hamilton (2): Die Eins hätten wir rausgeholt, wenn er Vettel noch überholt hätte. Bottas hatte er im Griff, am Ende gab's 25 Punkte: Mehr geht nicht. Abzug gibt's für die vermasselte Pole (Fehler in der Haarnadel). Präsentierte sich als fairer Sportsmann, als er Vettel zu sich aufs oberste Treppchen holte.
Daniel Ricciardo (1): Es stimmt, dass er ohne Teamorder kaum vor Hülkenberg geblieben wäre. Aber die war nur nötig, weil er davor gegen Bottas im überlegenen Mercedes beherzt kämpfen musste. Wie er sich verteidigt hat: genial! Ricciardo kommt immer besser in Fahrt. Jetzt muss nur noch der Renault besser werden.