Die Saison 2013 im Rückspiegel
Die neue "rote Göttin" heißt F138: F für Ferrari, 13 für das aktuelle Jahr und 8 für das achte und letzte Jahr mit dem aktuellen V8-Motor in der Formel 1.
Die Überraschung beim Saisonauftakt in Melbourne: Fernando Alonso muss sich sowohl im Qualifying als auch im ersten Rennstint zunächst hinter Felipe Massa anstellen. Der Brasilianer wird vom vierten Startplatz letztendlich Vierter.
Während Alonso als Zweiter aufs Podium fährt und anschließend sagt: "Vor Red Bull zu sein, ist wie ein Sieg für uns." Was in Australien noch niemand ahnt: Die Siegerumarmung für Kimi Räikkönen gilt seinem künftigen Ferrari-Teamkollegen.
Malaysia, Alonsos 200. Grand Prix, beginnt genau nach dem Geschmack des Spaniers: Zwar verliert er erneut das Qualifying-Stallduell gegen Massa, aber wenn man trotzdem Dritter wird, tut das nicht weiter weh. Ferrari scheint die alte Schwäche auf eine schnelle Runde zumindest am Saisonbeginn im Griff zu haben.
Doch die Freude ist nur von kurzer Dauer: Beim Angriff auf Polesetter Sebastian Vettel beschädigt sich Alonso den Frontflügel - aber er bleibt draußen, um diesen gleichzeitig mit den Intermediates loszuwerden, sobald es abtrocknet. Eine krasse Fehlentscheidung der Scuderia.
Alles eitel Wonne nach dem ersten Sieg im dritten Rennen: Alonso, wieder guter Dritter im Qualifying, gewinnt die Reifenschlacht in Schanghai - und hätte er nicht in Malaysia gepatzt, würde Ferrari beide WM-Wertungen anführen. Eine trügerisch positive Zwischenbilanz.
Denn in Bahrain beginnt die rote Fassade zu bröckeln. Im Qualifying steht Alonso als Dritter noch einmal in der ersten Startreihe - ein letztes Mal bis zum Saisonfinale in Brasilien.
Ein ganzes Land steht Kopf, wenn Alonso in Spanien gewinnt - noch dazu in so dominanter Manier wie in Barcelona. "Es ist mein dritter Sieg zu Hause, aber es kommt mir immer wieder vor wie beim ersten Mal", jubelt der von Emotionen gezeichnete Ferrari-Star.
Der Spanien-Grand-Prix ist auch für Massa etwas Besonderes: Er steht zum 36. und letzten Mal als Ferrari-Fahrer auf dem Podium. Aber das Schicksal fügt sich nach tollem Saisonauftakt schon im Barcelona-Qualifying gegen ihn: Obwohl nur eine Tausendstelsekunde langsamer als Alonso, steht er vier Positionen dahinter - wegen einer Rückversetzungs-Strafe.
Für die Rennfahrer-Auswahl Nazionale Piloti rund um Alonso setzt es vor dem Grand Prix von Monaco gegen ein Prominenten-Team nach sechs Siegen hintereinander eine 2:3-Niederlage.
Und das, obwohl Alonsos bildhübsche Freundin Dascha auf der Bank Daumen drückt. Das hilft auch fürs Rennen nichts: Alonso wird unter anderem von Sergio Perez und Adrian Sutil überholt und belegt im Fürstentum nur Platz sieben.
Während Massa in Kanada den nächsten Trainingscrash baut, im Rennen aber vom 16. Startplatz kommend noch Achter wird, fightet Alonso die beiden Mercedes-Silberpfeile nieder und wird hinter dem verdienten Sieger Sebastian Vettel starker Zweiter. Nur die anfängliche Qualifying-Stärke ist Ferrari längst abhanden gekommen.
Spätestens in Silverstone wird klar, dass der WM-Zug 2013 ohne Ferrari abfährt: Alonso wird im Qualifying gerade mal Zehnter, und Massa gehört zu den Opfern von Pirellis Reifenplatzer-Orgie. Dass Alonso in der WM-Tabelle trotzdem 15 Punkte gutmacht, ist erstens reine Kosmetik - und zweitens nur Vettels Getriebeschaden zu verdanken.
Bilder mit Symbolkraft in einem hoffnungslosen Sommer: Alonso-Trainingsunfall auf dem Nürburgring, ...
... Massa-Ausfall im Rennen. Und Vettel besiegt gleichzeitig seinen Juli- und Deutschland-Fluch.
Der einzige Lichtblick: Ferrari stellt die Weichen für die Zukunft neu und wirbt Technikchef James Allison von Lotus ab.
Ein paar Wochen später wird dann auch noch bekannt: Pat Fry, Allison & Co. bekommen in Maranello bald auch eine hochmoderne Fabrik.
Vor dem Grand Prix von Belgien werfen sich Alonso und Massa für einen Filmabend von Ferrari-Partner Shell in 1960er-Jahre-Schale. Alonsos zweiter Platz im Rennen wird dann von Greenpeace-Protesten überschattet - ausgerechnet gegen, genau, Shell.
Beim Ferrari-Grand-Prix in Monza feiern die Tifosi den zweiten zweiten Platz hintereinander.
Aller guten Dinge sind drei: Alonso wird in Singapur erneut Zweiter. Nur: Dreimal lautet der Sieger Sebastian Vettel. Der Abstand in der Fahrer-WM beträgt damit schon 60 Zähler.
Nun können auch teaminterne Spannungen Vettels WM-Mission nicht mehr gefährden. Alonsos Sympathiebekunden zu Mark Webber gehen über gemeinsame Abendessen hinaus: Die "Taxifahrt" von Singapur beschert dem Spanier eine Menge Sympathie bei den Fans - und Webber eine umstrittene, aber laut Sportgesetzbuch völlig korrekte Rückversetzungs-Strafe um zehn Startpositionen in Südkorea.
Inzwischen steht fest, die Gerüchte sind wahr: Kimi Räikkönen kehrt 2014 zu Ferrari zurück - obwohl ihm das Team 2009 17 Millionen Euro Abfindung bezahlt hat, damit er geht.
In Suzuka gelingt Alonso zumindest ein kleines Erfolgserlebnis: Erstens ist er nun der Fahrer mit den meisten WM-Punkten in der Geschichte der Formel 1, zweitens vertagt er Sebastian Vettels WM-Party dank seines vierten Platzes auf Indien.
Dort wächst Massa noch einmal über sich hinaus: Mit einer starken Vorstellung holt er den vierten Platz, obwohl er einmal zu oft an die Box kommen muss. Trotzdem kann er nicht verhindern, dass Mercedes in der Konstrukteurs-WM an Ferrari vorbeizieht.
Ein versöhnlicher Saisonabschluss dann in Brasilien: Alonso fährt im Qualifying endlich wieder in die Top 3 und landet auch im Rennen auf dem Podium, beendet die Fahrer-WM mit 155 Punkten Rückstand an zweiter Stelle.
Und Massa sagt zum Abschied leise Servus: Trotz des drakonischen Durchgreifens der Rennleitung, die ihm einen möglichen Podestplatz beim Heim-Grand-Prix vereitelt, lässt er es sich nicht nehmen, seinen letzten Auftritt in Rot ordentlich zu feiern.
Auch mit seiner Familie. Das hat er sich nach elf Siegen in 139 Grands Prix für die legendäre Scuderia Ferrari aber auch verdient!
Die Saison 2013 im Rückspiegel