Die Saison 2013 im Rückspiegel
Am 5. Februar 2013, wenige Minuten vor Beginn der ersten Testfahrten der Formel-1-Saison 2013, enthüllt Caterham in Jerez den CT03. Mit dem grünen Hoffnungsträger will das malaysisch-britische Team in seiner vierten Saison in der Formel 1 endlich den Anschluss ans Mittelfeld schaffen. "Wir müssen ein ernsthafter Konkurrent sein und nicht einfach nur ein neues Team", sagt der neue Teamchef Cyril Abiteboul.
Im Gegensatz zu vielen anderen Modellen des Formel-1-Jahrgangs 2013 versteckt der CT03 seine Hakennase nicht unter einer Eitelkeits-Blende, sondern trägt sie selbstbewusst zur Schau.
Bei den Fahrern setzt Caterham auf zwei junge Piloten mit zahlungskräftigen Sponsoren im Hintergrund. Charles Pic wechselt nach einer Saison bei Marussia zu Caterham. Dort trifft er mit Giedo van der Garde auf einen alten Bekannten. Der Niederländer, der mit 27 Jahren in der Formel 1 debütiert, war schon zu GP2-Zeiten sein Teamkollege.
Schon bei den ersten Saisonrennen weicht die Hoffnung der Ernüchterung. Statt im Mittelfeld mit Williams oder Toro Rosso zu kämpfen, sind weiterhin die Marussias die einzigen, mit denen es Caterham aufnehmen kann.
Beim Qualifying von Schanghai, dem ersten der Saison 2013, welches bei trockenen Bedingungen ausgetragen wird, zeigt sich das ganze Dilemma: Auf Sauber-Rookie Esteban Gutierrez fehlten Pic und van der Garde über 1,5 Sekunden.
Erst beim Grand Prix von Bahrain zeichnen sich erste Fortschritte ab. Pic lässt dank des ersten Upgrades im Rennen Gutierrez hinter sich und wird 17. Doch das ist zu wenig, denn mit einem 13. Platz im Rennen von Malaysia verdrängt Jules Bianchi im Marussia Caterham auf den elften und letzten Platz der Konstrukteurswertung.
Um diesen Rückstand aufzuholen, greift Caterham auf die Hilfe eines alten Bekannten zurück. Heikki Kovalainen, der nach drei Jahren vom Team Ende 2012 vor die Tür gesetzt wurde, kehrt vor dem Rennen in Bahrain als Ersatzfahrer zurück und sitzt 2013 insgesamt sechsmal in ersten Freien Training am Steuer des CT03.
Zum Auftakt der Europa-Saison in Barcelona profitiert auch van der Garde vom Upgrade des Caterham. Es nützt dem Niederländer allerdings nichts. Nach dem zweiten Boxenstopp verliert er das linke Hinterrad und muss das beschädigte Auto daraufhin abstellen.
Doch schon beim nächsten Rennen in Monaco gelingt van der Garde eine Meisterleistung. Im Qualifying gelingt ihm überraschend der Einzug in Q2. Startplatz 15 ist der Lohn. Ohnehin ist van der Garde der Erfahrungsrückstand gegenüber Pic zu Saisonbeginn kaum anzumerken. Im Qualifying-Duell steht es nach sechs Rennen 3:3.
In Montreal verliert van der Garde allerdings gleich mehrfach die Übersicht. Erst macht er dem überrundenden Mark Webber die Tür zu, später scheidet er nach einer Kollision mit Nico Hülkenberg aus. "Heute war kein guter Tag für mich", muss der zerknirschte Niederländer eingestehen.
Die sportlichen Aussichten sind Mitte der Saison unverändert trüb. Zwar haben die Caterham-Piloten die Konkurrenz von Marussia immer besser im Griff, doch der erhoffte Schritt nach vorne bleibt aus.
Immerhin wird Pic seiner Rolle als Teamleder nun zunehmend gerecht. Zu Beginn der Sommerpause erhöht der Franzose im Qualifying-Duell gegen van der Garde auf 7:3.
Cyril Abiteboul wittert in der Sommerpause sogar Morgenluft: "Wir hatten einige Male die Chance, gegen Williams und Sauber im Rennen zu kämpfen. Das zeigt, wo wir nun unsere Ziele setzen", gibt der junge Teamchef die Marschrichtung für die zweite Saisonhälfte vor - zumindest öffentlich.
Intern erkennt Caterham jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt, dass mit dem CT03 kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Im August wird daher die Weiterentwicklung des Autos eingestellt und alle Ressourcen auf den Bau des Fahrzeugs für 2014 konzentriert. "Die Lücke zu den nächsten Autos ist einfach zu groß", muss van der Garde einsehen.
Einziges Saisonziel ist ab dieser Zeit nur noch, Platz zehn bei den Konstrukteuren und damit wichtige Millionen aus dem Prämientopf der Formel 1 zu gewinnen. Beim Rennen in Südkorea kommen Pic und van der Garde diesem Ziel mit den Plätzen 14 und 15 so nahe wie selten zuvor.
Zumindest aus wirtschaftlicher Sicht gibt es im Herbst eine gute Nachricht für Caterham. Die Zusammenarbeit mit Motorenpartner Renault, mit denen das Team auch beim Bau eines Straßenautos kooperiert, wird bis einschließlich 2016 verlängert.
Tiefpunkt der Caterham-Saison 2013 ist der Große Preis von Indien, der nach Unfällen in der ersten Runde für beide Fahrer schon früh gelaufen ist und mit dem einzigen Doppelausfall des Jahres endet.
Die Rennen werden weniger, und damit sinken auch die Chancen von Caterham, Marussia in der Konstrukteurswertung abzufangen. Zunehmend setzt das Team auf das Prinzip Hoffnung. "Wir haben es im vergangenen Jahr in der letzten Minute des letzten Rennens geschafft - also warum nicht auch in diesem Jahr?", fragt sich Teamchef Abiteboul vor dem Grand Prix in Brasilien.
Zuvor erfüllt Caterham aber seinem Testfahrer Alexander Rossi noch einen großen Traum. Der US-Amerikaner kommt bei seinem Heim-Grand-Prix in Austin als Freitagstester zum Einsatz und ist bei dieser Gelegenheit gleich einmal schneller als Pic.
Beim Saisonfinale in Sao Paulo kommt es zum Showdown im Hinterbänkler-Duell Caterham vs. Marussia. Im Vorjahr hat Witali Petrow in einem chaotischen Regenrennen Marussia mit Platz elf noch in letzter Sekunde abgefangen. Nach den verregneten Trainingstagen steigt die Hoffnung der Grünen auf einen erneuten Last-Minute-Coup.
Doch am Renntag bleibt die Strecke weitgehend trocken und damit die Überraschung durch Caterham aus. Nach einem Ausfall von Pic und Platz 18 von van der Garde steht das Team aus Leafield als Schlusslicht der Formel-1-Saison 2013 fest.
"Wir müssen ein ernsthafter Konkurrent sein und nicht einfach nur ein neues Team." Dieser Vorgabe von Teamchef Abiteboul wird Caterham auch im vierten Jahr in der Formel 1 nicht gerecht. Das Mittelfeld ist für das Team, welches 2010 unter dem Namen Lotus debütiert hatte, weiterhin außer Reichweite.
Im Qualifying-Duell setzt sich letztendlich die geringfügig größere Routine von Pic durch. Der Franzose behält mit 11:8 die Oberhand.
Wer 2014 im Caterham-Cockpit sitzen wird, ist derzeit völlig unklar. Obwohl Teamchef Abiteboul im Sommer verkündet hat, man wolle die Fahrerfrage frühzeitig beantworten, hat das Team bisher noch keinen Piloten für die nächste Saison bestätigt.
Die Saison 2013 im Rückspiegel