Erster und letzter Platz für Ferrari in Monza: So grandios die Vorstellung von Charles Leclerc war, so scharf fällt die Kritik an Sebastian Vettel aus
Sebastian Vettel (6): Über die fahrerische Leistung am Wochenende (Leclerc konnte er nicht das Wasser reichen) müssen wir gar nicht erst diskutieren. Blind auf die Strecke zurückzufahren und damit einen schweren Unfall zu riskieren, das ist ein absolutes No-Go. Erst recht für einen viermaligen Weltmeister.
Robert Kubica (5): Wer eine halbe Minute auf den Vorletzten verliert und fast eine Runde auf den eigenen Teamkollegen, für den ist Note 5 das Höchste der Gefühle. Es heißt, dass Kubica sein Williams-Cockpit an Nicholas Latifi verlieren wird. Er trägt sportlich wenig dazu bei, Gegenargumente zu finden.
Kimi Räikkönen (5): Was von diesem Monza-Wochenende hängen bleibt, sind zwei Crashes in der Parabolica. Und die falschen Reifen, für die er eine Strafe kassierte. Räikkönen hat dort, wo er 2018 noch auf Pole gestanden ist, keine seiner besseren Leistungen gezeigt. Soll's auch mal geben.
Romain Grosjean (5): Beim Franzosen ist von Anfang an alles schiefgelaufen. Für vieles konnte er nichts, für den Dreher aber schon. So wurde er letztendlich 16. unter 17 gewerteten Piloten. Das sagt im Grunde genommen alles über seine gezeigte Leistung aus.
Lance Stroll (5): In den letzten 47 Qualifyings war Stroll nur dreimal in den Top 10: Monza 2017, Monza 2018, Monza 2019. Schade, dass er sich diese gute Leistung mit dem Aussetzer im Rennen kaputt gemacht hat. Klar, Vettel hat ihn mit dessen "Brain-Fade" aus dem Konzept gebracht. Trotzdem war Strolls Aktion gefährlich.
Alexander Albon (4): Phasenweise blitzte in den Trainings und im Qualifying sein großes Potenzial durch. Aber sein engagiert angelegtes Rennen wurde vom einen oder anderen Fehler getrübt, und so wurde er letztendlich von beiden Renaults geschlagen. Dafür gibt's diesmal keine plausible Ausrede.
Kevin Magnussen (4): Im Rahmen der Möglichkeiten des Haas-Teams fuhr er im ersten Rennabschnitt solide. Bis zu einem Verbremser, der ihn wohl aus dem Konzept brachte. Am Ende war es dann ein Hydraulikschaden, der seine durchschnittliche Vorstellung beendete.
Lando Norris (3): Der McLaren-Junior startete wegen der Grid-Strafe auf dem falschen Fuß ins Rennwochenende. Und sein McLaren hatte in Monza konzeptionell die gleichen Nachteile wie in Spa. Im Vergleich mit dem bärenstarken Teamkollegen blieb er uns aber um einen Tick zu farblos.
Pierre Gasly (3): Seit er Toro Rosso fährt, sehen seine Leistungen besser aus. Das kann zwei Gründe haben. Erstens: Er fühlt sich mit dem Auto wohler, kommt ohne Druck besser zurecht. Zweitens: Er ist genauso schlecht wie vorher - sieht neben einem Teamkollegen, der nicht Verstappen heißt, aber besser aus.
Antonio Giovinazzi (3): Es hat lang gedauert, aber nach und nach entfaltet der Italiener jenes Talent, das er in den Nachwuchsformeln bewiesen hat. Monza war - auch schon im Qualifying - auf dem Niveau von Räikkönen. Und im Gegensatz zum routinierten Teamkollegen machte er keine dummen Fehler.
Nico Hülkenberg (2): Gutes Qualifying, in der ersten Runde Vettel überholt, mit dem Renault Fünfter im Ziel: Viel mehr kann man eigentlich nicht erwarten. Abzüge gibt's aber auch, weil er gegen Teamkollege Ricciardo letztendlich keine Chance hatte.
George Russell (2): Wir glauben: Der Formel-2-Champion ist ein kommender Weltmeister. Vor Räikkönen, Grosjean, Kubica im Ziel, das ist mit diesem Auto eine Leistung - ganz egal, wie die Umstände sind. Und nach der Trainingsniederlage gegen Kubica reagierte er souverän und drehte den Spieß um.
Sergio Perez (2): Den Trainingsdreher in der Variante Ascari, der seinen Mechanikern Arbeit bescherte, hätte er sich sparen können. Ansonsten war Monza eine routinierte und starke Performance. Von so weit hinten auf P7 zu fahren, das kann nicht nur am Racing Point liegen.
Max Verstappen (2): Es gab Stimmen in der Redaktion, die hätten ihn eher bei Note 3 gesehen. Aber: Für die Motorenprobleme konnte er ebenso wenig wie für das Chaos in der ersten Runde, das einen Boxenstopp erforderlich machte. Danach fuhr er so weit nach vorne, dass am Ende nur 15 Sekunden auf Albon fehlten.
Carlos Sainz (2): Unter normalen Umständen hätte das für den McLaren-Fahrer der sechste oder siebte Platz werden können - weit besser, als mit diesem Auto auf dieser Strecke eigentlich möglich war. Bitter, dass ihn eine lose Radmutter um ein zählbares Ergebnis brachte.
Daniil Kwjat (2): Heimlich, still und leise mausert sich der Russe zu einem der heißen Eisen unter den Mittelfeld-Fahrern. Auch in Monza lieferte er eine makellose und vom Speed her überzeugende Performance, bis er technisch bedingt abstellen musste. Gasly sieht gegen ihn kein Land.
Valtteri Bottas (2): Beeindruckend, wie er im Finish seine frischeren Reifen genutzt hat, um Leclerc noch einmal richtig unter Druck zu setzen. Die Fehler im Windschatten des Ferrari sind erklär- und verzeihbar. Aber für Note 1 hätten sie nicht passieren dürfen.
Lewis Hamilton (2): Auch Hamilton ist im elektrisierenden Duell mit Leclerc ein Fehler unterlaufen, aber generell, sagt sogar Toto Wolff, ist er besser darin, einen Gegner im Windschatten unter Druck zu setzen. Hamilton hat alles und ein bisschen mehr versucht - und wurde dafür bestraft.
Daniel Ricciardo (2): Wir standen knapp davor, ihm für seine Vorstellung Note 1 zu geben. Mehr als P4 geht mit dem Renault nicht. Teamkollege überholt und geschlagen - damit war das Maximum rausgeholt. Nur: Monza war ein gefundenes Fressen für Renault. In Singapur wird das anders aussehen.
Charles Leclerc (1): Diese Note müssen wir nicht begründen. Es ist die Königsdisziplin in der Formel 1, fast ein ganzes Rennen lang dem Druck von Hamilton standzuhalten. Teamkollege Vettel sieht kein Land gegen ihn. Und dass er, wenn's drauf ankommt, ein Drecksack sein kann, hat Leclerc jetzt auch bewiesen.
Erster und letzter Platz für Ferrari in Monza: So grandios die Vorstellung von Charles Leclerc war, so scharf fällt die Kritik an Sebastian Vettel aus