Das war das Formel-1-Rennen auf dem Hungaroring 2015: Vettels verdienter Sieg und das dramatische Chaos dahinter
Drei Helmut-Marko-Schützlinge auf dem Podium: Daniil Kwjat (Red Bull), Sebastian Vettel (Ferrari) und Daniel Ricciardo (Red Bull) widmen ihren Erfolg auf dem Hungaroring dem verstorbenen Kollegen Jules Bianchi.
Das Wochenende beginnt turbulent: Am Force India von Sergio Perez kollabiert die Radaufhängung, der Überrollbügel verfängt sich in der Wiese, der Mexikaner überschlägt sich - bleibt aber zum Glück unverletzt. Aus Sicherheitsgründen lässt das indisch-britische Team das zweite Training aus.
Der Start muss wiederholt werden, weil Felipe Massa (Williams) zu ungenau auf dem achten Startplatz parkt. Später gibt er zu: Nach der Schweigeminute für Bianchi kurz zuvor war der Routinier noch nicht ganz bei der Sache. Als es tatsächlich losgeht, kommen die beiden Ferraris besser weg als die beiden Mercedes. Die verschlafen nach Silverstone den zweiten Start hintereinander.
Vettel, seit dem Sieg in Malaysia heimlicher Hitze-Spezialist in der Formel 1, führt, Kimi Räikkönen (Ferrari) gewinnt das Duell gegen Nico Rosberg (Mercedes). Und alle kommen heil durch die erste Kurve.
Im Kampf um den fünften Platz berühren sich Valtteri Bottas (Williams) und Ricciardo, wovon Nico Hülkenberg (Force India) profitiert: Vom elften Startplatz losgefahren, wird der Deutsche nach der ersten Runde bereits auf Rang fünf geführt.
Hamilton nimmt indes die Brechstange in die Hand, verschätzt sich beim Anbremsen der Schikane hinter Rosberg - und versucht im ersten Ärger über sich selbst, dem Teamkollegen die Schuld daran in die Schuhe zu schieben. Der Polesetter kommt nur als Zehnter aus der ersten Runde zurück.
Red Bull funkt an den sechstplatzierten Kwjat, er möge doch bitte den schnelleren Ricciardo durchlassen - wogegen sich der Russe verständlicherweise wehrt: "Ich werde selbst auch von Hülkenberg aufgehalten!" In der achten Runde gibt er aber klein bei und macht artig Platz.
Indes legt Hamilton seine Siebenmeilenstiefel an und schnappt sich einen Gegner nach dem anderen. Ein besonders unangenehmes Opfer: Massa, dessen Williams mit Mercedes-Power auf den Geraden ziemlich schnell ist. Aber mit Konsequenz und Klasse überholt Hamilton außen (!) in der ersten Kurve.
Perez und Pastor Maldonado (Lotus) zeigen in der ersten Kurve vor, wie man nicht zweikämpft. Maldonado kassiert dafür eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe - die erste von insgesamt drei Strafen des Tages für den Venezolaner.
Hamilton legt sich indes den nächsten Williams zurecht und überholt Bottas. Ein paar Runden später muss auch Ricciardo dran glauben - und schon ist der WM-Leader wieder Vierter, unmittelbar hinter seinem Teamkollegen.
Knalleffekt in der 42. Runde: Vettel hat seinen Vorsprung auf Räikkönen von 2,7 (vor dem ersten Boxenstopp) auf 24,9 Sekunden ausgebaut, da rutscht plötzlich Hülkenberg ins Aus. Beim Force India löst sich der Frontflügel, das Auto wird unkontrollierbar.
Ein Riesenglück, dass Hülkenberg nicht den vor ihm fahrenden Bottas abräumt und beim heftigen Einschlag keine Verletzungen erleidet. Aber den möglichen siebten Platz muss der Le-Mans-Sieger aufgeben.
Wie auch Räikkönen den Traum vom zweiten Saison-Podium: Beim "Iceman" verabschiedet sich die MGU-K (Hybridkomponente zur Energierückgewinnung aus den Bremsen). Bereits zuvor hatte sich die an der Nase montierte TV-Kamera selbstständig gemacht.
Hinter Safety-Car-Fahrer Bernd Mayländer geht's ein paar Mal durch die Boxengasse, bevor das Rennen wieder freigegeben werden kann. Dabei vergessen einige offenbar darauf, den Speed-Limiter zu aktivieren. Wie sonst wären die vielen Strafen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung zu erklären?
Beim Restart macht sich Rosberg sofort auf Vettel-Jagd, während Hamilton von Ricciardo geschnappt wird. Doch damit nicht genug, fällt er noch weiter zurück - und gerät ins Duell zwischen Bottas und Max Verstappen (Toro Rosso), ...
... bei dem Bottas der rechte Hinterreifen aufgeschlitzt wird. Der Williams-Pilot fällt vom sechsten Platz zurück und spielt in der Folge keine Rolle mehr.
Hamilton muss nach dem harten Duell gegen Ricciardo doch noch an die Box kommen, um sich eine neue Nase abzuholen. Obendrauf gibt's auch noch eine Durchfahrtsstrafe, weil er Ricciardo beim Überholmanöver einfach reingerauscht ist. "Sorry dafür", nimmt Hamilton die Schuld auf sich - und wird am Ende mit acht WM-Punkten belohnt.
Ricciardo hat im Finish die weicheren Reifen als Rosberg und das schnellste Auto. Bei der Attacke gegen den Mercedes nimmt er aber viel Risiko - und Rosberg lässt ihm ausgangs der ersten Kurve keinen Platz, sodass sich die beiden berühren.
Rosberg fällt auf den zehnten Platz zurück, weil er sich eine ganze Runde lang an die Box zurückschleppen muss, Ricciardo nur auf den dritten. Bitter für den Deutschen: Die zwischenzeitlich schon eroberte "virtuelle" WM-Führung ist damit hinfällig.
Und so fahren sie auch über die Ziellinie: Vettel gewinnt vor den beiden Red-Bull-Junioren - und erstmals in der Geschichte der Formel 1 stehen drei Junioren von Helmut Marko gleichzeitig auf dem Podium. Für Red Bull das beste Saisonergebnis 2015.
Abgerundet von Super-Rookie Verstappen auf dem vierten Platz, mit noch nicht einmal 18 Jahren. Der Niederländer schnuppert sogar am Podium, als gegen Ricciardo wegen der Rosberg-Kollision kurzzeitig eine Untersuchung im Raum steht. Diese bleibt aber ergebnislos.
Erstmals seit Brasilien 2013 kein Mercedes auf dem Podium, dafür die Wiederauferstehung von McLaren: Nicht einmal ein Reifenschaden kann den fünften Platz von Fernando Alonso verhindern, und Jenson Button wird überraschend Neunter. Wer für Ungarn 2015 vorher auf dieses Ergebnis gesetzt hätte, der wäre jetzt wahrscheinlich Millionär!