Lewis Hamilton ist der strahlende Sieger der Grand-Prix-Premiere in Russland, die auch den ersten Konstrukteurs-Titel in der Mercedes-Geschichte erlebt
Um einem Präsidenten die Hand zu schütteln, muss man einiges erreicht haben: Lewis Hamilton verdient sich die Ehre der Bekanntschaft mit Wladimir Putin mit dem Rennsieg bei der Grand-Prix-Premiere in Sotschi. Für den Mercedes-Star ist es ein Erfolg auf ganzer Linie: Vierter Sieg in Serie, WM-Gesamtführung ausgebaut und mit seinem Team den Konstrukteurs-Titel eingetütet.
Über allem schwebt am gesamten Grand-Prix-Wochenende am Schwarzen Meer die Sorge um den in Suzuka verunglückten und in einer japanischen Klinik in Lebensgefahr schwebenden Jules Bianchi.
Landsmann Jean-Eric Vergne verteilt Aufkleber für die Helme, um der Familie die Unterstützung der Szene zu signalisieren.
Hamiltons Weg zum Erfolg beginnt von der Pole-Position, aber auch mit einem Start, der nicht optimal ist. Teamkollege Nico Rosberg kommt besser weg, schiebt sich im schnellen Rechtsknick neben das Schwesterauto und ist mit der Nasenspitze schon in Führung als...
...er den Bremspunkt völlig verpasst, durch die Auslaufzone fahren muss und sich die Reifen nach eigener Aussage "viereckig" bremst. Rosberg, dank des weiten Bogens kurz in Führung, legt sofort einen Boxenstopp ein und holt sich die härtere Pirelli-Mischung ab - noch in dem Glauben, einen weiteren Halt einplanen zu müssen.
Die Verfolgung Hamiltons nimmt Williams-Pilot Valtteri Bottas auf. Bis zum ersten Boxenstopp schafft es der Finne nicht, in Sichtweite zum Silberpfeil zu bleiben und handelt sich über 15 Sekunden Rückstand ein. Immerhin bekommt Bottas von hinten (noch) keinen Druck.
In der Anfangsphase gibt es insbesondere im Mittelfeld tolle Duelle wie hier zwischen den Toro-Rosso-Piloten Vergne und Daniil Kwjat. Die Strecke in Sotschi zeigt entgegen aller Erwartungen zumindest zu Beginn, dass Überholen möglich ist, doch die Herrlichkeit währt nicht lange und es beginnt eine Prozession.
Marussia hat beim Heimspiel auch sportlich kein Glück. Max Chilton muss das einzige ins Rennen geschickte Auto in der zwölften Runde mit einem technischen Defekt abstellen. Doch das ist in diesen Tagen sowieso nur Marussia-Randnotiz.
Bei Hamilton läuft alles wie am Schnürchen, als er in der 28. Runde zum ersten und einzigen Reifenwechsel kommt.
Rosberg schneidet durch das Feld wie das Messer durch die heiße Butter, knallt bei freier Fahrt Bestzeiten auf den Asphalt und kassiert während der Serie der Stopps die meisten Konkurrenten aus den Top 10 kampflos. Nur Bottas steht noch im Weg zu Platz zwei, doch in Runde 31 löst der Deutsche das Problem mit einem beherzten Manöver an der Stelle, wo er noch zuvor für viel Qualm gesorgt hatte.
Mercedes disponiert um: Statt den geplanten zweiten Stopp einzulegen, lässt man Rosberg wegen des auf der öligen neuen Asphaltdecke in Sotschi nicht vorhandenen Reifenabbaus durchfahren. Der Wahl-Monegasse meistert 52 Runden auf der harten Reifenmischung und schafft es sogar, in der vorletzten Rennrunde noch die schnellste des Tages zu drehen: 1:41.360 Minuten.
Dahinter gibt es viel Statik und Autos allein auf weiter Flur: Die McLaren - mit Jenson Button und Kevin Magnussen auf den Rängen vier und fünf - sind dank Mercedes-Power die ärgsten Verfolger der Podestanwärter.
Fernando Alonso (6.) bekommt gegen Rennende nochmal mächtig Druck von Daniel Ricciardo, doch der Australier findet keinen Weg vorbei am Ferrari.
Obwohl Sebastian Vettel sich in der ersten Rennphase vom Teamkollegen, der indirekt eine Stallregie im Funk gefordert hatte, absetzten konnte, landet der Heppenheimer am Ende wieder hinter Ricciardo. Platz acht ist auf einen zu späten Boxenstopp und die andauernden Balance-Probleme aus dem Qualifying zurückzuführen.
Auch für Nico Hülkenberg ist es ein Wochenende zum Abhaken: Platz 14 und ein Force India, der nicht mehr auf dem Niveau vom Saisonbeginn unterwegs ist.
Der einzigen Kollision des Tages fällt Adrian Sutil (16.) zum Opfer. Der Sauber-Pilot wird von Romain Grosjean umgedreht, wofür der Franzose eine Fünf-Sekunden-Strafe aufgebrummt bekommt.
Am Ende ist es eine silberne Party, getrübt von der Sorge um Jules Bianchi. Mercedes feiert den ersten Konstrukteurs-Titel in der Markengeschichte und knüpft an die legendären Erfolge der Fünfzigerjahre an, während das Duell um die Fahrerkrone sich zuspitzt...
Hamilton bringt sich mit einer 291:274-Führung gegenüber Rosberg drei Rennen vor Ende jedoch in eine gute Ausgangsposition.