Hamilton-Dreher, Rosberg-Sieg und jede Menge Überholmanöver: Das war der Brasilien-Grand-Prix 2014
Die Formel-1-WM 2014 bleibt spannend! Nico Rosberg gewinnt den Grand Prix von Brasilien und macht damit sieben Punkte auf Lewis Hamilton gut. Wie es dazu kam, erzählen wir in 22 spektakulären Fotos nach.
Motorschaden im Freitagstraining: Für Fernando Alonso beginnt das Wochenende nicht nach Wunsch. Allerdings hat Ferrari mit so einem Defekt schon gerechnet - weil der eingebaute Motor schon am Ende seiner Lebenserwartung ist.
Drei Freie Trainings, drei Qualifying-Segmente, sechs Bestzeiten: Rosberg dominiert die Trainingstage in Sao Paulo und sichert sich die Pole, mit 33 Tausendstelsekunden Vorsprung. Im Qualifying-Stallduell führt er nun uneinholbar mit 11:7.
Rosberg gewinnt den Start, auch dahinter gibt es kaum nennenswerte Positionsverschiebungen. Und der von den Meteorologen angekündigte Regen bleibt aus - am gesamten Wochenende.
Sebastian Vettel ist für einen kurzen Moment unachtsam und lässt sich von Fernando Alonso und Daniel Ricciardo in Kurve 4 überraschen. Bereits am Start ist er hinter Kevin Magnussen zurückgefallen. Platz acht nach der ersten Runde, weil er gegen Ricciardo rasch kontern kann.
Bereits in der siebten Runde, eine Runde vor Hamilton, kommt Rosberg zum ersten Boxenstopp, um seine Soft- gegen Medium-Reifen auszuwechseln. Die Pirelli-Gummis sind einer der entscheidenden Faktoren im Grand Prix von Brasilien, weil sie auf dem neu aufgetragenen Asphalt rasch überhitzen und schnell abbauen.
Obwohl Hamilton eine Runde mehr auf den Soft-Reifen zurücklegen muss, wird es nach den ersten Boxenstopps extrem knapp. Rosberg wird nämlich von einem Lotus aufgehalten und verliert so wertvollen Boden. Sein Vorsprung schmilzt von 1,2 auf 0,2 Sekunden.
Aber der Deutsche setzt sich wieder ab, baut den Vorsprung im zweiten Stint auf bis zu 2,4 Sekunden aus - und hat mit Nico Hülkenberg in der 14. Runde keine große Mühe. Der Force-India-Pilot ist auf Medium-Reifen gestartet und erbt die zwischenzeitliche Führung wegen der Boxenstopps der Spitzenfahrer.
Eine Strategie, die neben Hülkenberg auch Daniil Kwjat (zu dem Zeitpunkt Vierter), Romain Grosjean (Sechster) und Adrian Sutil (Neunter) verfolgen. Erstmals Riesenjubel auf der Haupttribüne, als Felipe Massa Kwjat überholt und wieder Platz drei übernimmt.
Frappante Parallele zum Rennen in Austin: Hamilton verschärft vor dem zweiten Boxenstopp das Tempo und kommt bis auf eine Sekunde an Rosberg heran, der seinen Reifen mit dem einen oder anderen Verbremser viel zumutet. Als dieser zwei Runden früher zum Reifenwechsel kommt und Hamilton hervorragende Sektorenzeiten fährt, sieht alles nach einem Führungswechsel aus.
Valtteri Bottas fährt bis zu seinem Boxenstopp in der 26. Runde einem sicheren vierten Platz entgegen, theoretisch sogar einem dritten, weil der 2,8 Sekunden vor ihm liegende Williams-Teamkollege Massa gerade eine Fünf-Sekunden-Strafe abgesessen hat (wegen Speeding in der Boxengasse). Aber ein lockerer Sicherheitsgurt, der von den Mechanikern festgezurrt werden muss, kostet Bottas mehr als zehn Sekunden.
28. Runde, vielleicht die Vorentscheidung im Grand Prix: Hamilton übertreibt es mit der Rosberg-Jagd, vergisst, die Bremsbalance für seine stark verschlissenen Reifen anzupassen - und rutscht von der Strecke. "Sorry, Jungs", entschuldigt er sich am Funk. "Ich habe das Heck verloren." Und den Anschluss zu Rosberg, der nach dem zweiten Boxenstopp plötzlich 7,4 Sekunden Vorsprung hat.
Die nächste Boxenpanne: Kimi Räikkönen, mit einem Stopp weniger als die Spitze 4,5 Sekunden vor Hülkenberg an dritter Stelle, verliert vier Sekunden, weil sein Ferrari beim Reifenwechsel zu früh vom Wagenheber absackt, als das rechte Vorderrad noch nicht festgezogen ist.
Aus für Ricciardo in der 39. Runde: Beim Anbremsen des Senna-S kollabiert seine Vorderradaufhängung. Der Australier kann zwar noch an die Red-Bull-Box zurückrollen, wo man zunächst an einen Bremsdefekt glaubt, muss dort aber aufgeben. Trotzdem fixiert er in Sao Paulo den dritten WM-Rang.
42. Runde: Hülkenberg überholt Bottas, der im Senna-S auch noch von der Strecke abkommt (und eine weitere Position gegen seinen Landsmann Räikkönen verliert), und übernimmt die achte Position, 10,4 Sekunden hinter Alonso.
Hamilton steckt den Dreher hervorragend weg und verkürzt seinen Rückstand sukzessive auf unter zwei Sekunden. In der 48. Runde antwortet Rosberg mit der schnellsten Runde im Rennen. Neuer Vorsprung: 2,1 Sekunden. "Dein Teamkollege macht ziemlich Druck", wird er zwischendurch ermahnt. Wenig später funkt Rosberg ungewöhnlich zurück: "Gebt mir den Abstand bitte für eine Weile nicht durch."
Massa wirkt vor eigenem Publikum teilweise übermotiviert: Nach dem Boxengassen-Speeding steuert er beim letzten Reifenwechsel irrtümlich die McLaren-Crew an, die auf den zu dem Zeitpunkt viertplatzierten Jenson Button wartet. Bei der tiefstehenden Sonne sehen die grauen Overalls der verdutzten McLaren-Mechaniker fast aus wie jene des Williams-Teams. Kostet jedoch nur rund drei Sekunden.
Wenig später bringt er die Fans wieder zum Toben: Massa überholt Hülkenberg, dessen Reifen um elf Runden älter sind, und fährt wieder auf Podiumskurs. Diesmal bis zum Ende durch.
Hamilton macht ernst, zoomt sich in Rosbergs DRS-Windschatten, wird aber von Renningenieur Peter Bonnington gewarnt: "Der rechte Hinterreifen wird heiß." Weil er zwar im ersten Sektor meistens schneller ist als Rosberg, im zweiten aber deutlich langsamer, reicht es zu keiner einzigen ernsthaften Überholattacke.
Button, Alonso und Vettel tragen einen sehenswerten Dreikampf um die Plätze vier bis sechs aus. Sehenswert auch das Überraschungsmanöver von Vettel: Außen an Alonso vorbei, als dieser daran scheitert, sich Button zu schnappen!
Deja-vu für Romain Grosjean: Genau wie vor einem Jahr verraucht beim Grand Prix von Brasilien sein Renault-Motor. Schwacher Trost: An vorletzter Position fahrend (nur Sutil noch hinter ihm) hat er mit der Vergabe der Punkteränge ohnehin nichts zu tun.
Ferrari-internes Duell: Räikkönen (mit der einzigen Zweistoppstrategie im gesamten Feld) verteidigt sich gegen Alonso tapfer, obwohl er die um 17 Runden älteren Reifen hat. Aber in der 67. Runde drückt Alonso vor dem Senna-S das DRS-Knöpfchen und erobert den sechsten Platz.
Nach 71 Runden fährt Nico Rosberg als Sieger über die Ziellinie. Vorsprung: 1,4 Sekunden. Hamilton pusht zwar bis zum Schluss mit dem Messer zwischen den Zähnen und kommt im ersten Sektor der letzten Runde nochmal bis auf 0,5 Sekunden heran, vor der Start- und Zielgerade fehlen ihm aber die entscheidenden Meter. WM-Stand: Hamilton 334, Rosberg 317.
Hamilton-Dreher, Rosberg-Sieg und jede Menge Überholmanöver: Das war der Brasilien-Grand-Prix 2014