Eigentlich sollte man meinen, dass der Beste der zweiten Liga einen Aufstieg verdient hätte, doch diese Formel-2-Champions warten immer noch auf ihre Chance
Oscar Piastri ist der bislang letzte Formel-2-Meister, der den Sprung in die Königsklasse geschafft hat. Allerdings musste der Australier nach seinem Titel 2021 auch ein Jahr warten, bevor er befördert wurde. Andere Meister der höchsten Nachwuchsserie hätten diese Chance auch gerne gehabt, bekamen sie aber nie.
Theo Pourchaire ist der amtierende Meister der Formel 2. Der Franzose setzte sich 2023 in einem knappen Duell mit Mercedes-Junior Frederik Vesti durch. Allerdings gewann der ART-Pilot dabei nur ein Rennen: beim Saisonauftakt in Bahrain. Das war für einen Fahrer im dritten Jahr nicht überzeugend genug.
Obwohl Pourchaire seit vielen Jahren Sauber-Junior ist, kam er über Testfahrten bislang nicht hinaus. Und kam auch nicht im Rennen um ein Cockpit für 2025 zum Zug. Stattdessen versuchte er in der IndyCar-Serie Fuß zu fassen, doch McLaren entschied sich nach sechs Rennen für einen anderen Fahrer.
Pourchaires direkter Vorgänger ist der Brasilianer Felipe Drugovich, der den Titel 2022 in recht überzeugender Manier mit mehr als 100 Punkten Vorsprung auf den Franzosen gewann - allerdings auch eben erst im dritten Jahr.
Auch ihm ergeht es daher ähnlich: Drugovich hat als Ersatzfahrer von Aston Martin zwar einen Fuß in der Formel-1-Tür, mehr als das macht er aber in den vergangenen zwei Jahren auch nicht. Allerdings stand er nach Lance Strolls Verletzung 2023 ganz kurz vor einem Grand-Prix-Einsatz. Es blieb aber beim Wintertest, den er für ihn fuhr.
Fabio Leimer befand sich bereits in seiner vierten Saison, als er 2013 den Titel in der GP2-Serie, dem Vorgänger der Formel 2, einfuhr. Der Schweizer zeigte vor allem in der zweiten Saisonhälfte eine beeindruckende Konstanz und landete in den letzten zwölf Rennen nur einmal nicht in den Top 5.
Doch auch bei ihm sollte es mit der großen Formel-1-Karriere nichts werden: Lediglich ein Freitagstraining für Manor Marussia in Ungarn 2015 sollte er bekommen, und nach zwei Halbjahren in der Ferrari-Challenge Europa war die Motorsportkarriere des Mannes aus Rothrist vorbei.
Ein Jahr vor Leimer schaffte es der Italiener Davide Valsecchi im Unterhaus ganz nach oben. Er legte mit drei aufeinanderfolgenden Siegen in Bahrain früh den Grundstein, doch für den DAMS-Piloten, der zuvor nie besser als Gesamtachter war, war es sogar bereits die fünfte Saison.
Wenig überraschend winkten die Formel-1-Teams ab. Valsecchi, der 2011 für Lotus schon ein Freitagstraining absolviert hatte, kam beim anderen Lotus-Team (Renault) als Ersatzfahrer unter, doch als Kimi Räikkönen zwei Rennen ausließ, nahm man lieber Heikki Kovalainen. Valsecchi ist heute als TV-Kommentator von Sky aktiv.
Einen Sonderfall stellt Giorgio Pantano dar, denn dass der Italiener keine Formel-1-Chance erhalten hat, das stimmt so nicht. Im Gegenteil: Als er 2008 den Titel in der GP2-Serie gewann, da war er schon längst ein Formel-1-Pilot gewesen.
2004 hatte Pantano als Teamkollege von Nick Heidfeld bereits 14 Rennen für Jordan bestritten, das Team dann aber aus finanziellen Gründen verlassen, während Timo Glock sein Cockpit übernahm. Pantano war Heidfeld deutlich unterlegen und holte keinen einzigen Punkt - zu wenig für einen zweiten Anlauf.
Bei Jordan war auch Björn Wirdheim mal, der Meister der GP2-Vorgängerserie Formel 3000 im Jahr 2003. Der Schwede holte in dem Jahr souverän den Titel in Christian Horners Arden-Team und durfte so auch einen Trainingseinsatz in Indianapolis bestreiten.
Wirdheim wechselte für 2004 zu Jaguar, wo er als dritter Fahrer jedes einzelne Freitagstraining bestreiten durfte - damals noch in einem Zusatzauto. Weiter ging es auf der F1-Leiter aber nicht und über die ChampCar-Serie und die Formel Nippon kam er in die japanische Super-GT-Serie, wo er bis 2017 fuhr.
Beinahe wäre Bruno Junqueira ein Formel-1-Fahrer geworden, doch der spätere Weltmeister Jenson Button stach den Brasilianer in einem Shootout um das Cockpit an der Seite von Ralf Schumacher für Williams 2000 aus.
Mit der Enttäuschung im Genick startete er in seine dritte Formel-3000-Saison, wo er sich um drei Punkte gegen den Franzosen Nicolas Minassian durchsetzte. Doch statt eine weitere Formel-1-Chance zu erhalten, ging es für ihn in die ChampCar-Serie, wo er drei Mal in Folge Vizemeister wurde.
Jörg Müller galt in den 90er-Jahren als große Formel-1-Hoffnung Deutschlands, dominierte 1994 auch die Deutsche Formel 3 in Helmut Markos RSM-Team, bevor er 1996 auch die Formel 3000 für sich entschied. In der Formel 1 war er aber nur Testfahrer für Arrows und Sauber.
Auch leistete er wichtige Testarbeit vor dem Einstieg von BMW in die Königsklasse, doch selber in den Genuss kam der heute für Tourenwagen- und GT-Rennen bekannte und erfolgreiche Müller nicht. Stattdessen war er in der langen Zeit der zweiten Liga der erste Meister, der nicht den Aufstieg nach oben schaffte. Oder etwa doch nicht ...?
Denn da gibt es ja auch noch Vincenzo Sospiri, der ein Jahr vor Müller Meister der Formel 3000 wurde. Der Italiener dominierte lange Zeit die Kartsportszene und galt als Inspiration von Michael Schumacher. Doch während der Deutsche schon 1991 in der Formel 1 fuhr, gewann Sospiri den F3000-Titel erst 1995 - vor Teamkollege Ricardo Rosset.
Und beide sollten sich auch zwei Jahre später wieder begegnen, als Teamkollegen bei Lola. Das neue Team war jedoch mehr als zehn Sekunden zu langsam und durfte beim Auftakt in Australien nicht starten. Lola zerfiel noch vor dem zweiten Rennen - und damit Sospiris F1-Karriere. Zu einem ersten echten Grand Prix sollte es nie kommen.
Eigentlich sollte man meinen, dass der Beste der zweiten Liga einen Aufstieg verdient hätte, doch diese Formel-2-Champions warten immer noch auf ihre Chance