Die Formel-1-Piloten vor dem Kanada-Grand-Prix
"Der Circuit Gilles Villeneuve ist die erste Strecke des Jahres, die nach weniger Abtrieb verlangt. Aus diesem Grund haben die Teams hier normalerweise ein besonderes Low-Downforce-Paket dabei", sagt Mercedes-Pilot Nico Rosberg, nach seinem Monaco-Sieg WM-Spitzenreiter, und fügt an: "Ich freue mich sehr auf dieses Wochenende, denn mit der neuen Generation von Hybrid-Turbo-Autos sollten wir hier absolute Höchstgeschwindigkeiten erreichen. Auf der Geraden werden wir wahrscheinlich zwischen 340 und 350 km/h schnell sein."
"Das Besondere an dieser Strecke, abgesehen davon, dass sie auf der beeindruckenden Ile Notre-Dame liegt, ist, dass sie viele Schikanen aufweist, in denen du buchstäblich über die Kerbs springen musst. Das macht diesen Kurs zu einer echten Herausforderung, der du dich als Fahrer stellen musst. Ich mag das. Wenn du es richtig hinbekommst, spornt dich das noch mehr an", so Rosberg.
Als Knackpunkt beschreibt Rosberg die letzte Schikane vor Start/Ziel (Kurven 13/14). "Du fährst mit Top-Speed darauf zu und musst rechtzeitig bremsen, bevor das Auto über die Kerbs springt. Viele großartige Fahrer machten in der Vergangenheit unliebsame Bekanntschaft mit dieser Mauer und beschädigten dabei ihre Autos stark. So bekam sie ihren Namen", weiß der Mercedes-Pilot und spricht damit auf die berühmte "Wall of Champions" an.
Rosbergs Mercedes-Teamkollege Lewis Hamilton, ist entschlossen, sich auf einer seiner Lieblingsstrecken (drei Siege, darunter sein erster Formel-1-Sieg) die Führung in der Gesamtwertung zurückzuholen: "Auf dieser Strecke musst du aggressiv fahren, deshalb kam sie meinem Fahrstil schon immer entgegen. Es ist sehr wichtig, den richtigen Bremspunkt für die erste Linkskurve zu finden. Denn sie geht direkt in eine sehr enge Rechtskurve über."
"Wer zu tief in die erste Kurve hineinfährt, ruiniert sich seine Linie für die zweite Kurve und verliert dadurch sehr viel Zeit. Gleichzeitig musst du auf die Kerbs achten, da diese das Auto ganz leicht aus der Balance bringen können, denn am Ausgang von Kurve 2 herrscht auch recht wenig Grip. Es ist ein kniffliger Beginn für eine Runde, an dem sich häufig Zwischenfälle ereignen, ganz besonders auf der ersten Runde des Rennens", weiß Hamilton.
Ferrari-Pilot Fernando Alonso kommt als erster Verfolger des Silberpfeil-Duos auf die Ile Notre-Dame. "Die Strecke hat zwar nur sechs oder sieben richtige Kurven, aber jede hat etwas Besonderes. Überall lauern gewisse Gefahren. Wenn man die Kurven richtig erwischt, bringt einem das in Bezug auf die Rundenzeit sehr viel. Eines ist auch klar: Es gibt hier keinen Platz für Fehler, denn die Mauern stehen sehr nah", sagt der Spanier, im Jahr 2006 Montreal-Sieger im Renault.
Als WM-Fünfter kommt Nico Hülkenberg zum siebten WM-Lauf der Saison. "Der Kanada-Grand-Prix gehört generell zu meinen Lieblings-Events. Die Strecke ist außergewöhnlich und die Stadt aufregend. Um eine gute Runde hinzubekommen braucht man einen guten Top-Speed und ein Auto, mit dem man die Randsteine attackieren kann. Man muss hier mutig genug sein, dicht an die Mauern heran zu fahren", so der Force-India-Pilot, der die legendäre Startnummer 27 des Streckennamensgebers Gilles Villeneuve trägt.
"Ich habe gute Erinnerungen an Kanada, wo ich im vergangenen Jahr mit dem dritten Platz mein bestes Qualifying-Ergebnis einfuhr", sagt Williams-Pilot Valtteri Bottas, der als WM-Siebter direkt hinter Vettel lauert, diesmal aber eine schwierige Aufgabe erwartet: "Die Strecke bildet einen starken Kontrast und könnte den Stärken unseres Autos mehr entgegenkommen, was beispielsweise die Geschwindigkeit auf den Geraden betrifft."
McLaren-Pilot Jenson Button, Kanada-Sieger 2011, ist da schon optimistischer: "Ich mag den Kanada-Grand-Prix sehr. Es ist eines dieser Rennen, bei denen einfach alles stimmt: Die Stadt ist fantastisch, die Fans sind freundlich und loyal, die Strecke ist eine Herausforderung und das Rennen meist ziemlich durcheinander. Dieser Ort produziert meist ein großartiges Formel-1-Erlebnis. Das Wetter kann in Kanada immer eine Schlüsselrolle einnehmen. Die Vorhersage sieht momentan nicht schlecht aus, aber man weiß nie, ob einen ein blauer Himmel oder ein Sturzregen erwartet, wenn man morgens die Vorhänge zurückzieht. Wahrscheinlich bekommen wir von beidem etwas."
Buttons Teamkollege Kevin Magnussen steht vor seinem ersten Montreal-Auftritt. "Auf den Kanada-Grand-Prix habe ich mit am meisten gefreut. Ich habe ihn mir immer im Fernsehen angesehen und es schien stets wie das beste, lustigste, aber auch dramatischste Event des Jahres zu sein", frohlockt der Rookie aus Dänemark und sinniert: "Die Strecke wirkt, also könne man jede Menge Spaß darauf haben. Sie hat eine gute Mischung verschiedener Kurven und ist einer dieser Kurse, bei denen man gut abgestimmtes Auto braucht, da es bis auf die Gegengerade viele Richtungswechsel gibt. Man kann es beinahe mit Monaco vergleichen, abgesehen davon, dass es hier viel schneller ist."
Sergio Perez (Force India) kennt den Kurs auf der Ile Notre-Dame anders als Magnussen aus eigener Erfahrung. Im Jahr 2012 fuhr er dort mit Sauber auf das Podest. "Ich mag es wirklich in Kanada zu fahren. Es ist eine sehr gute Strecke, die sehr technisch und schnell ist. Es fühlt sich für mich außerdem ein bisschen wie ein Heimrennen an, weil Mexiko nicht all zu weit entfernt liegt. Es ist eine weitere Strecke, auf der es guten Top-Speed und Traktion in den langsamen Kurven benötigt. Mann muss die Strecke außerdem maximal ausnutzen und wirklich dicht an die Mauern heran fahren, was es einfach macht, Fehler zu begehen. Es ist hier schwierig zu überholen. Die letzte Schikane bietet dazu die beste Möglichkeit", sagt der Mexikaner.
Williams-Pilot Felipe Massa beschränkt sich in seiner Kanada-Vorschau auf die meteorologische Komponente: "In Montreal gab es in der Vergangenheit stets interessante Rennen, was auch mit dem Wetter zu tun hatte. Wir müssen also darauf vorbereitet sein, dass es regnen kann."
Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen feiert am Montreal-Wochenende ein Jubiläum. Der Finne startet am Sonntag zum 200. Mal in einen Grand Prix. Entsprechend hoch hat er seine Ziele angesetzt: "Der Kanada-Grand-Prix ist eines der anspruchsvollsten Rennen der Saison. Es ist eine Strecke, auf der das Setup absolut passen muss. Wir haben ein paar Upgrades dabei, aber die anderen Teams sind auch nicht stehengeblieben. Ich glaube daher nicht, dass sich die Rangordnung großartig verschieben wird. Hoffentlich können wir den Abstand ein wenig kleiner werden lassen, sodass ich bei meinem 200. Rennen das beste Ergebnis der Saison einfahren kann. Das wäre für das gesamte Team eine tolle Sache."
Für Romain Grosjean (Lotus) ist der Circuit Gilles Villeneuve von der Charakteristik her "zwischen einer normalen Rennstrecke und einem Stadtkurs" angesiedelt. "Die Mauern stehen an einigen Stellen direkt neben der Ideallinie, während andere Passagen des Kurses eher an eine europäische Rennstrecke erinnern. Einzigartig ist die Strecke auf jeden Fall. Weil der Kurs übers Jahr gesehen kaum genutzt wird, erwarten wir große Veränderungen im Verlauf des Wochenendes, was den Grip betrifft. Darauf müssen wir uns einstellen. Auch das Wetter kann sehr wechselhaft sein", so der Franzose, der Montreal als "meine Lieblingsstrecke auf der X-Box" bezeichnet.
Auch bei Grosjeans Landsmann, Toro-Rosso-Pilot Jean-Eric Vergne, genießt der Kanada-Grand-Prix ein hohes Ansehen: "Dieses Event gehört zu den Top 3 meiner persönlichen Lieblingsrennen im Jahr. Einige Leute meinen, die Strecke sei gefährlich. Vielleicht macht das einen Teil der Anziehungskraft aus. Ich persönlich muss sagen, dass ich die Rennstrecken, auf denen die Barrieren hunderte von Metern weit weg stehen, langweilig finde. Eine Kurve auf Messers Schneide mit Vollgas zu durchfahren, während links und rechts von dir Mauern lauern, ist eine ganz andere Erfahrung. Die letzte Schikane vor der Start/Ziel-Geraden ist ein gutes Beispiel dafür. Dort alles richtig zu machen, ist eine Kunst für sich."
Während Vergne seine Vorfreude schwer zurückhalten kann, ist Teamkollege Daniil Kwjat gespannt auf seine ersten Montreal-Erfahrungen: "Alles, was ich bisher über Kanada weiß, ist, dass es ein schönes Land ist. Genau wie wir Russen, so sind auch die Kanadier verrückt nach Eishockey. Ich hoffe sehr, dass es meine Zeit zulässt, das Eishockey-Stadion in Montreal einmal zu besuchen."
Marussia-Pilot Jules Bianchi freut sich nach Platz neun beim Grand Prix von Monaco "sehr auf das Kanada-Wochenende" und kann es kaum erwarten, wieder anzugreifen: "Das Auto scheint im Moment so gut zu sein, dass es sich anfühlt, als könnten wir überall auf ein starkes Ergebnis hoffen. Ich weiß nicht, ob wir in Kanada erneut zwei Punkte holen können, aber wir müssen jetzt konstant beweisen, dass wir die Pace von Sauber mitgehen können. Wir müssen ein gutes Rennen fahren. Ich denke, das können wir schaffen."
Für Sauber-Pilot Adrian Sutil ist Montreal "eine tolle Rennstrecke, auf der ich gerne fahre. Aufgrund der vielen Geraden kann man hier gut überholen. Auf der anderen Seite gibt es auch einige Schikanen. Da man in diesen über die Randsteine fahren muss, fordert das eine relativ weiche Fahrzeugeinstellung", erklärt der Deutsche, der nach wie vor auf seinen ersten WM-Punkt als Sauber-Pilot wartet.
Sutils Teamkollege Esteban Gutierrez weiß: "Die Strecke in Montreal erfordert eine hohe Endgeschwindigkeit auf den Geraden und guten mechanischen Grip. Es ist ziemlich rutschig, womit die Reifenmischung ein entscheidender Faktor sein wird. Gerade das Aufwärmen der Reifen ist von Bedeutung, da die Reifen auf den langen Geraden schnell abkühlen. Die Strecke ist eine Kombination aus einem Straßen- und einem permanenten Kurs.
Marcus Ericsson (Caterham), einer von drei Rookies im Feld, fügt an: "Die Strecke sieht nach einer guten Herausforderung aus. Sie ist schnell, besonders wenn man bedenkt, dass es fast ein Straßenkurs ist. Wir fahren hier mit ziemlich wenig Abtrieb, denn es gibt mehrere Höchstgeschwindigkeits-Abschnitte und wir werden in den Freien Trainings vor allem an den Bremsen arbeiten. Wir müssen sicherstellen, dass die Bremsen während des Wochenendes optimal gekühlt sind und wir müssen auf den Bremsverschleiß achten.
"Kanada ist ein guter Ort, um Rennen zu fahren", freut sich auch Ericssons Teamkollege Kamui Kobayashi auf das bevorstehende Rennwochenende. "Die Fans sind sehr leidenschaftlich und sachkundig. Wenn man am Donnerstag eine Strecke voller Formel-1-Begeisterer sieht, dann zeigt das, was es ihnen bedeutet, dass wir in ihrer Stadt fahren. Das ist gut für alle im Sport", bemerkt der Japaner.
Das Schlusswort gebührt Pastor Maldonado. Der Lotus-Pilot rangiert auch in der aktuellen Gesamtwertung an 22. und damit letzter Stelle. "Kanada ist ein großartiges Rennen - nicht nur aufgrund der Strecke, sondern auch, weil Jahr für Jahr so viele Leute kommen, um uns zu unterstützen. Das ist aufregend. Ich genieße es jedes Mal sehr, hier zu fahren. Der Grand Prix besitzt eine lange Tradition. Kanada ist einfach eines der Highlights der Saison", sagt Maldonado.
Die Formel-1-Piloten vor dem Kanada-Grand-Prix