Sebastian Vettel & Co. vor dem Grand Prix von Monaco
Kein anderes Rennen ist vergleichbar mit dem Grand Prix von Monaco. Selbst die Fahrer sind schon ganz aufgeregt. "In Monte Carlo ist es unmöglich, deine übliche, ruhige Vorbereitung als Rennfahrer zu machen", sagt Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo. "Jedes Jahr nehme ich mir vor, das Wochenende distanziert und kühl anzugehen. Doch das endet dann immer darin, dass ich herumhüpfe und total aufgeregt bin. Es ist einfach der Wahnsinn. Ein Formel-1-Auto hier zu fahren ist sehr speziell – die Geschwindigkeit, die Leistung und die Beschleunigung bläst dich einfach weg."
Für den WM-Führenden Lewis Hamilton ist es das pure Rennfahr-Erlebnis : "Ein interessanter Umstand auf dieser Strecke ist, dass es aufgrund der geschlossenen Streckenumgebung mit all den Häusern nahezu keinen Windeinfluss gibt. Es sind nur du, das Auto und der Asphalt!" Auch Sebastian Vettel fährt gern hier: "Monaco ist eine meiner Lieblingsstrecken. Sie ist eine absolute Herausforderung. Man kann es sich nicht erlauben, auch nur einen einzigen Fehler zu begehen, denn dann würdest du ziemlich schnell in der Leitplanke landen."
Hamilton reizt dabei das Risiko: "Auf der Strecke in Monte Carlo zu fahren, ist ein haarsträubendes Erlebnis. Es ist die härteste Achterbahn, die du dir vorstellen kannst! Los geht es schon in Kurve 1 . Dort ist es ziemlich schwierig, den Bremspunkt zu finden. Gleichzeitig gibt es auf der Anfahrt einige Bodenwellen, die es noch schwieriger machen. Du bremst am Kurveneingang stark ab und geht am Ausgang sofort wieder aufs Gas: Dann geht es den Berg hinauf zu den Kurven 2 und 3. Dies ist eine sehr spannende Streckenpassage, da du die Kurven nicht kommen siehst. Du musst deine Linie genau kennen und perfekt treffen."
"Ich mag die Casino-Kurve, die ziemlich schön ist", sagt Lotus-Fahrer Romain Grosjean. "Hohe Geschwindigkeit mit einer kleinen Neigung. Der schwierigste Teil ist im nächsten Abschnitt. Mirabeau, Loews und dann die beiden Portier-Kurven. Dort muss man Geschwindigkeit aufnehmen." Auch Force-India-Pilot Sergio Perez gefällt der Bereich um die Spielhalle: "Ich mag die Casino-Passage. Sie ist schnell und man muss das Auto genau platzieren. Monaco ist einfach in jedem Bereich einzigartig. Jede Kurve ist etwas Besonderes."
Schnell, aber trickreich - Hamilton hat immer ein Auge auf die Streckenbegrenzung: "Die Casino-Kurve ist sehr eng . Auch hier musst du sehr genau fahren, um sie richtig zu erwischen. Hier kannst du sehr leicht die Leitplanken berühren - das geschieht fast in jedem Jahr irgendwann im Verlauf des Wochenendes. Danach geht es rechts und dann hinunter durch die Mirabeau und in die enge, winklige Passage der Kurven 5, 6, 7 und 8 - alles sehr langsame Kurven."
Dass es dann erst einmal langsam wird, weiß auch Nico Rosberg: "Du bist an beiden Seiten von den Leitplanken umgeben und fährst pausenlos am Limit. Dabei kannst du nicht weit vorausblicken - das bedeutet, dass du einen Großteil der Strecke aus dem Gedächtnis fahren musst. Du musst wissen, welche Kurven als nächstes anstehen. Eine der Schlüsselstellen ist die Haarnadel: Es ist die langsamste Kurve des gesamten Jahres und extrem schwierig, sie richtig zu treffen."
Aber auch ohne Vollgas muss man fokussiert bleiben. Das weiß Grosjean nur all zu gut: "Der Schwerpunkt liegt in Monaco auf den langsamen Kurven, was nicht unsere größte Stärke ist, aber das Team hatte während des Tests in Barcelona die ganze Zeit Monaco im Kopf. Unebene Geraden und eine Oberfläche, die wenig Grip bietet, sind die anderen Hauptmerkmale von Monaco, und je nachdem, wie gut man sich daran anpasst, kann das dein Wochenende retten oder ruinieren."
"Eine weitere ungewöhnliche Passage ist der Tunnel", so Rosberg. "Die Schwierigkeit daran ist, dass es im Tunnel natürlich viel dunkler ist als auf dem Rest der Strecke. Wenn du herausfährst, müssen sich deine Augen schnell auf das helle Sonnenlicht einstellen. Das ist recht knifflig, weil du dich direkt auf die nächste Bremszone vorbereiten musst. Jetzt zählt jede Sekunde, ganz besonders, weil die wellige Streckenoberfläche auf dem Weg zur Schikane das Auto leicht versetzen kann." Beim Mercedes-Piloten werden an dieser Stelle Kindheitserinnerungen geweckt: "Ich habe an dieser Stelle stets ein Grinsen im Gesicht, da dies früher mein Schulweg war. Hier bin ich mit dem Schulbus durch den Tunnel gefahren und jetzt fahre ich auf der gleichen Straße mit 300 km/h in einem Formel 1-Auto entlang. Das ist ein ganz besonderes Gefühl!"
"Der Tunnel ist ein richtig spannender und einzigartiger Streckenabschnitt", findet auch Hamilton. "Du fährst mit Vollgas in die Dunkelheit und erkennst nicht, wohin du fährst: Du hoffst einfach, dass du das Auto an der richtigen Stelle platziert hast, um auf der anderen Seite wieder gut ins helle Sonnenlicht zu fahren." Der Tunnelausgang kann im Rennen zur Schlüsselstelle werden. "Überholen ist nur mit extrem viel Risiko möglich", sagt Vettel. "Die beste Möglichkeit zu Überholen ist vor der Hafen-Schikane, genau wenn man mit rund 300 km/h aus dem Tunnel auf die im ersten Gang gefahrene Schikane zuschießt. Ansonsten geht es in Monaco nur mit Geduld und der Hoffnung auf ein zuverlässiges Auto."
Pastor Maldonado hat auch seine Lieblingsstellen in Monaco: "Ich mag die Casino- und Schwimmbad-Abschnitte. Jede Kurve in Monaco ist eine eigene Herausforderung und verlangt eine individuelle Herangehensweise. Das ist vielleicht die Schönheit des Kurses. Ich lebe momentan dort, also bin ich vielleicht voreingenommen, aber es ist ein sehr besonderer Ort." Nico Hülkenberg sieht das ähnlich: "Mir gefällt der Swimmingpool-Komplex, weil er sehr schnell ist, und die zwei Rechtskurven vor dem Tunnel."
Fehlerlos würde auch Grosjean diesmal gern durchs Rennwochenende kommen: "Wenn man eine Runde beendet und weiß, dass sie schnell ist, weil man alles gegeben hat und in jeder Kurve ganz nah an der Mauer war, ist das etwas Besonderes. Die richtige Balance zwischen zu viel und zu wenig Risiko zu finden, macht in Monaco einen gewaltigen Unterschied aus", so der Franzose. "Die Kupplung und die eigene Konzentration sind hier am meisten gefordert, auf dem Kurs, der einem wie eine wilde, extreme Achterbahnfahrt vorkommt", sagt Vettel. "Wenn es perfekt läuft, hat man eine gute Qualifikation und startet von ganz vorne."
"Monaco ist eine immense Herausforderung für die Fahrer", betont auch Vorjahressieger Rosberg noch einmal. "Es ist extrem schwierig, alles aus dir und dem Auto herauszuholen, wenn du durch die Straßenschluchten fährst, und dabei keinen Fehler auf dieser unnachgiebigen Strecke zu machen. Die kleinste Fehleinschätzung kann dir das gesamte Wochenende ruinieren und ein potentielles Top-Ergebnis verhindern. Es mag vielleicht noch möglich sein, ein ordentliches Ergebnis einzufahren, aber wenn du dir den Sieg oder einen Podestplatz zum Ziel gesetzt hast, darfst du dir keine Fehler erlauben. Du fährst konstant am Limit und die neuen Turbo-Hybridautos erhöhen die Herausforderung sogar noch."
"Als Fahrer muss man auf dieser Strecke, die einem keinen Fehler verzeiht, ruhig und entspannt bleiben", weiß Grosjean aus Erfahrung. "In der Vergangenheit war ich hier sehr schnell, aber habe auch schon die Mauer berührt. Es ist ein aufregender und glamouröser Grand Prix und immer ein Schritt ins Unbekannte, denn es ist schwierig vorherzusagen, wie gut jedes Auto dort funktionieren wird. Es ist wegen des Fokus und der Aufmerksamkeit eine verrückte Woche, aber alle lieben Monaco."
Auch Maldonado weiß, wie schnell man für kleine Konzentrationsschwächen bezahlt: "Die Strecke ist wirklich eine Herausforderung und verändert sich während des Wochenendes sehr, worauf man sich einstellen muss. Es ist schwierig, nah an den Mauern, aber trotzdem schnell zu sein. Insgesamt ist es ein sehr hartes Rennen, anspruchsvoll in Sachen Konzentration und physisch und mental sehr stressig. Die einzige negative Sache ist, dass das Überholen sehr schwierig ist. Aber es ist nicht unmöglich."
Die spezielle Strecke fordert auch eine spezielle Vorbereitung. "Du benötigst ein weiches Setup, darfst es dabei aber nicht übertreiben", so Rosberg. "Gleichzeitig brauchst du den maximal möglichen Abtrieb. Das Fahrverhalten könnte in diesem Jahr eine besondere Rolle spielen. Die Turbo-Autos sind ganz anders als ihre Vorgänger. Sie können in bestimmten Kurven schwieriger zu fahren sein, und das merkst du auf einem Straßenkurs wie in Monaco viel mehr."
Auch Felipe Massa braucht einen optimal eingestellten Williams FW36: "Wir werden eine gute Stabilität im Auto brauchen, weil der Kurs so eng ist und Traktion wichtiger als Hochgeschwindigkeit ist. Die langsamen Kurven sind wirklich äußerst langsam, aber die Strecke fordert trotzdem höchste Konzentration. Die Streckenbegrenzungen sind sehr nah und es dauert etwas, sich daran zu gewöhnen, ganz dicht heran zu fahren. Manchmal kann man sie sogar berühren und trotzdem noch eine gute Runde hinbekommen."
Bei allen Schwierigkeiten bleibt jedoch die Vorfreude auf den sechsten Grand Prix der Saison 2014. "Monaco ist einfach unglaublich", so Hamilton. "Als Kind träumst du davon, mit dem Rennwagen durch den Tunnel zu fahren, und es ist ein absolut fantastisches Gefühl, dies in der Realität zu erleben. Ich habe dort in der Formel 3, der GP2 und 2008 auch in der Formel 1 gewonnen. Es ist eine echte Fahrerstrecke und nach Silverstone ein zweites Heimrennen für mich. Ich bin heiß darauf, dort erneut ein gutes Wochenende zu erleben."
Und auch Ricciardo will an diesem Wochenende Spaß haben: "Da gibt es diesen Spruch, dass das Fahren in Monaco wie Radfahren im Badezimmer ist. Als ich klein war, habe ich es geliebt, mit meinem kleinen Rad im Haus zu fahren. Das war viel lustiger, es gab mehr Hindernisse und war ein bisschen gefährlicher. Das ist jetzt in etwa das Gleiche. Erfahrung hilft natürlich. Der Fahrer kann hier einen großen Unterschied ausmachen, wenn er die Tricks und Kniffe kennt, die es für eine schnelle Runde braucht."
Sebastian Vettel & Co. vor dem Grand Prix von Monaco