Grand Prix von Italien
"Die F1 ist tot", finden die Tifosi in Monza, und begründen dies: "Hässliche neue Strecken, hässliche Autos, kein Motorensound." Die Teamchefs nehmen die Kritik auf die leichte Schulter. "War gegenüber der McLaren-Garage, oder?", grinst Christian Horner von Red Bull, und Federico Gastaldi von Lotus winkt ab: "Das haben sicher die Leute von der Formel E aufgehängt."
Für diese Fans aus den Niederlanden ist die FIA sogar "under Investigation", und zwar wegen des fehlenden Sounds. Der fehlte im atmosphärischen Autodromo Nazionale di Monza, auf der Motorenstrecke schlechthin, noch ein bisschen mehr als sonst.
Und dieser Herr soll es reparieren: Flavio Briatore, in Ungnade gefallener Parade-Showman der Formel 1, im Gespräch mit Bernie Ecclestones rechter Hand Pasquale Lattuneddu. Oder soll Briatore nur den kanadischen Milliardär Lawrence Stroll davon überzeugen, in Lotus statt in Sauber zu investieren, um Sauber pleite gehen zu lassen? Um Verschwörungstheorien war die Formel 1 noch nie verlegen.
Von Verschwörungstheorien ausgehend landet man momentan sehr schnell bei Mercedes. "Schön, dass ihr wieder Freunde seid", sagt Jean Alesi über Lewis Hamilton und Nico Rosberg. Aber Hamilton, hier im (symbolträchtigen) Foto links, korrigiert freundlich: "Wir sind Teamkollegen."
Diese Herren haben Sorgen ganz anderer Art. Kamui Kobayashi, dass er nie weiß, wie lange er noch Formel 1 fahren darf. Marcus Ericsson, dass er sich sportlich nicht für höhere Aufgaben empfehlen kann. Aber nachträglich auf den 24. Geburtstag des Schweden anstoßen, dass muss trotzdem drin sein.
Daniel Ricciardo ist ein weiterer Mann der Stunde in der Königsklasse, und dafür, dass er das mit der Stunde möglichst genau nehmen kann, sorgt der Uhrensponsor des Red-Bull-Teams. Für den tritt der Sonnyboy in Monza zum Kochduell gegen seinen Boss Christian Horner an - und lernt dabei Fakten wie: Es gibt in Italien mehr als 300 Sorten von Pasta. Aha.
Happy Family: Die Magnussens bewundern den neuen Helm ihres Sohnes Kevin. Jan war früher selbst Formel-1-Pilot (übrigens auch bei McLaren) und fährt immer noch Autorennen. Und Mama Christina hat sich längst dran gewöhnt.
Monza, das ist das Heimspiel der Scuderia Ferrari. Und die hat in Italien einige alte Bekannte: Giancarlo Fisichella etwa, hier beim Charity-Kick mit Giovanni "Ich habe fertig" Trapattoni. Zu späterer Stunde sollte sich Ferraris Le-Mans-Fahrer übrigens auch noch als DJ üben.
Oder Luca Badoer, 2009 in Valencia (17.) und Spa-Francorchamps (14.) wenig überzeugender Ersatzmann für Felipe Massa, hier im Bild mit seiner Familie.
Und natürlich Stefano Domenicali, den Vorgänger von Marco Mattiacci als Teamchef. Domenicali sieht besser aus denn je und ist wahrscheinlich derzeit ganz froh, den undankbaren Ferrari-Job von der Backe zu haben.
Auch er könnte bald nur noch zu den alten Bekannten gehören: Luca di Montezemolo, "Il Presidente" der Scuderia. Denn weil die Airline Alitalia ruft, soll er sein Ferrari-Engagement noch vor Ablauf des kürzlich verlängerten Dreijahresvertrags beenden. Allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz.
Die Umarmung für Fernando Alonso sieht jedenfalls schon sehr nach Abschied aus. Und einen etwaigen Golden Handshake von Ferrari könnte Montezemolo für sein strauchelndes Bahnprojekt gut gebrauchen.
Vielleicht folgt Alonso auch selbst bald dem Ruf des Geldes und kehrt zu McLaren zurück. Im fünften Ferrari-Jahr ausgerechnet in Monza erstmals wegen eines technischen Defekts auszuscheiden, ist jedenfalls ein neuer Tiefpunkt.
Der Begeisterung der Tifosi tut das freilich keinen Abbruch. Für den Weg in den Paddock müssen Alonso und sein Beifahrer, Betreuer Fabrizio Borra, jeden Tag ein paar Minuten mehr einrechnen.
Lewis Hamilton ist da schon schlauer und kommt mit dem Motorrad. Übrigens mit einem italienischen, einer MV Agusta Brutale 800 Dragster. Die Tifosi, das beweist der Trubel um ihn, würden ihn wohl am liebsten auch bald in einem italienischen Rennwagen sehen.
Der schlaue Kopf hinter Hamiltons Mercedes-Erfolgen ist Paddy Lowe. Und die starke Frau hinter dem Mercedes-Mastermind ist Anna Danschina. Die um 20 Jahre jüngere Russin war früher Präsidentin der Russischen Gesellschaft an der britischen Eliteuniversität in Oxford.
Man kennt sich: Williams-Testfahrerin Susie Wolff und Gabriella Maldonado, Ehefrau des früheren Williams-Piloten Pastor Maldonado. Und Töchterchen Victoria Maldonado, im Paddock immer dabei, feiert im September ihren ersten Geburtstag.
Raffaela und Felipe Massa können auf das teure Silber schon gut verzichten, denn sie haben ihre Familie bereits gegründet. Klein-Felipinho ist Massas größter Fan - und freut sich riesig über das erste Williams-Podium, ausgerechnet im Ferrari-Land.
Man gönnt sich ja sonst nichts: Lewis Hamilton bricht nach seinem Sieg mit dem Privatjet von Mailand aus auf. Wahrscheinliches Ziel: Nizza. Lächelt sich nicht schlecht, als frischgebackener Sieger des Italien-Grand-Prix.
Sein Teamkollege Nico Rosberg schläft momentan nicht ganz so entspannt, sollte man meinen. Erstens, weil er den möglichen Sieg in Monza verschenkt hat. Zweitens, weil er bei den Fans in Ungade gefallen ist. Andererseits: Auch Sebastian Vettel wurde 2013 mehrere Male gnadenlos ausgebuht - und hatte am Ende den WM-Pokal auf dem Küchentisch stehen.
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