Ferrari-Hoffnung, Marussia-Held und tragisches Unfallopfer - Ein Rückblick auf die Karriere des viel zu früh verstorbenen Jules Bianchi
Jules Bianchi wird am 3. August 1989 in Nizza geboren. Der Spross einer Rennfahrerfamilie (Großonkel Lucien gewann 1968 die 24 Stunden von Le Mans und fuhr im selben Jahr beim Formel-1-Grand-Prix von Monaco als Dritter aufs Podium) zeigt schon in jungen Jahren, dass auch er Benzin im Blut hat.
Nach einer erfolgreichen Karriere zuerst im nationalen und später im internationalen Kartsport wechselt Jules Bianchi in den Formelsport. 2007 wird er auf Anhieb Champion in der französischen Formel Renault 2.0, anschließend gibt es erste Erfolge in der damaligen Formel-3-Euroserie.
Gleich im ersten Jahr in der Formel-3-Szene ein Kracher: Jules Bianchi entscheidet das Masters 2008 für sich, das in jenem Jahr nicht in Zandvoort, sondern im belgischen Zolder ausgetragen wird. Aber beim Franzosen läuft nicht immer alles nach Plan.
Große Highlights wechseln sich mit Tiefschlägen ab. Immer wieder wird der damals oft ungestüme Jules Bianchi in Unfälle verwickelt, wie hier 2009 beim Formel-3-Rennen in Brands Hatch.
Dennoch gelingt Jules Bianchi 2009 mit dem ART-Team der große Coup: Er gewinnt die Meisterschaft in der Formel-3-Euroserie und sichert sich damit den Sprung in die nächst höhere Kategorie. Die GP2 ruft den schnellen Franzosen.
In den damaligen Lotus-Farben (heute Caterham) startete Bianchi 2010 in der GP2-Serie. Mit zwar nur drei Podestplätzen, aber sehr konstanten Fahrten in die Punkte sicherte sich der schnelle Pilot aus Nizza den dritten Rang in der Gesamtwertung hinter seinen späteren Formel-1-Kontrahenten Pastor Maldonado und Sergio Perez.
Auch in der GP2 hatte Jules Bianchi teils heftige Unfälle. Bei einem Crash mit dem Fahrzeug von Ho-Pin Tung 2010 am Hungaroring zog sich der Franzose eine Hüftverletzung zu, die anschließend sogar operiert werden musste. Den weiteren Aufstieg verhinderten solche Zwischenfälle nicht.
Aufgrund des erheblichen Talents, das im Formelsport immer wieder sichtibar wurde, richtete Ferrari seine Aufmerksamkeit auf den Franzosen. Bianchi wurde offiziell in die Ferrari Academy für Nachwuchspiloten aufgenommen. Es gab früh erste Formel-1-Testfahrten.
Im Dezember 2009 drehte Jules Bianchi einige Runden im Ferrari F60 bei Testfahrten in Jerez. Dabei überzeugte er die Crew aus Maranello mit gutem Tempo und einer erwachsenen Herangehensweise.
Es folgten weitere Einsätze in den Grand-Prix-Autos aus Italien. Im November 2011 absolvierte Jules Bianchi den Young-Driver-Test für Ferrari in Abu Dhabi im F10.
In der GP2-Asia auf Gesamtrang zwei, in der GP2-Hauptserie mal wieder Dritter. Jules Bianchi versuchte sich anschließend auf dem "Parallelgleis" für Nachwuchstalente, der Renault-World-Series. 2012 gelangen ihm mit Tech 1 insgesamt drei Laufsiege. Gleichzeitig gelangen weitere Schritte in Richtung Königsklasse.
2011 war Jules Bianchi Testfahrer von Ferrari, 2012 Test- und Ersatzfahrer von Force India. Beim Team von Vijay Mallya überzeugte der Franzose endgültig. Er stand kurz vor dem Sprung in ein Stammcockpit, aber dann kam es anders...
Da man bei Force India für die Saison 2013 auf Adrian Sutil und Paul di Resta setzte, ermöglichte Ferrari dem Youngster den Sprung zu einem anderen Team: Marussia. Im März 2013 setzte sich Jules Bianchi zum Testen erstmals in das Auto.
Geschafft: Jules Bianchi wurde für 2013 fest von Marussia verpflichtet. Er ist somit im erlesenen Kreis der Formel-1-Piloten angekommen. Auf Anhieb überzeugt der Franzose mit starken Leistungen und macht weiterhin auf sich aufmerksam.
Am Ende der Debütsaison eine große Ehre: Jules Bianchi wird offiziell zum Rookie des Jahres 2013 gekürt. Er gilt fortan als zukünftiger Toppilot, steht bei den großen Teams auf der Liste und hofft auf einen Sprung zu Ferrari.
In den Topteams ist jedoch zur Saison 2014 kein Platz für den talentierten Hobby-Fußballer. Also bleibt Jules Bianchi ein weiteres Jahr bei Marussia. Mit Erfolg: In Monaco sichert er dem Team mit Platz neun die ersten WM-Punkte in der Formel 1. Eine Fahrt, die für Marussia Gold wert war.
Mit großen Ambitionen startet Jules Bianchi am 5. Oktober 2014 in den Grand Prix von Japan. Bei schwierigen Bedingungen auf der Rennpiste von Suzuka rutscht er in der 46. Runde von der Strecke und trifft mit seinem Auto ein Bergungsfahrzeug in Kurve sieben. Dabei zieht er sich schwere Kopfverletzungen zu, an denen er neun Monate später verstirbt.