Ein Fahrer im Knast und eine dreiste Lüge: Die Story hinter Michael Schumachers erstem Rennen in Spa-Francorchamps
Der 25. August 1991 sollte ein Datum sein, das in die Formel-1-Geschichte eingeht. Nicht, weil die Legende Ayrton Senna an diesem Tag in Spa-Franchorchamps den Belgien-Grand-Prix gewinnt - sondern weil ein 22-jähriger Deutscher in einem froschgrünen Jordan nach wenigen Metern mit Kupplungsschaden ausfällt. Gestatten: Michael Schumacher!
Sein überraschendes Debüt hat Schumacher seinen Förderern und einem Krimi zu verdanken. Der Platz im Team von Eddie Jordan wird frei, weil Bertrand Gachot wegen eines angeblichen Angriffs mit Reizgas auf einen Taxifahrer in London im Gefängnis sitzt - obwohl Fahrerkollegen mit T-Shirts mit dem Aufdruck "Lasst Gachot frei" protestieren.
Der Teamchef will als Ersatz Keke Rosberg reaktiveren, Stefan Johansson zurückholen oder auf Derek Warwick setzen. Doch die Oldies fordern eine dicke Börse und Jordans Telefon steht nicht mehr still: Schumacher-Manager Willi Weber preist seinen Schützling euphorisch an und erzählt eine dicke Lügengeschichte.
Schumacher sei in Spa "schon hundert Mal" gefahren, rührt er bei dem Iren die Werbetrommel. In dem Wissen, dass der Kerpener auf der Ardennen-Achterbahn noch keine einzige Runde gedreht hat. Auf Anraten seiner Mitarbeiter und dank einer Bürgschaft von Mercedes, dessen Juniorprogramm Schumacher angehört, lässt sich Jordan weichkochen.
Schumacher bekommt den Job und muss sich mit dem Kurs in Spa vertraut machen. Teamkollege Andrea de Cesaris zeigt ihm die kalte Schulter und kommt einer Bitte Jordans, ihm am Donnerstag vor dem Rennen bei einer Runde in einem Straßen-Pkw die Brems- und Schaltpunkte zu zeigen, nicht nach. Doch Schumacher weiß sich zu helfen...
Er hat ein Fahrrad im Gepäck und umrundet den Kurs kurzerhand mit dem beschaulichen Drahtesel, was sich jedoch auszahlt.
Im Freien Training fährt er auf den achten Rang und wiederholt die bemerkenswerte Leistung einen Tag später im Qualifying. So foppt er auch Routinier de Cesaris - um rund acht Zehntelsekunden.
Und auch am Sonntag standen die Zeichen auf Schumacher-Show: Auf dem Weg zur La-Source-Kurve schnappte er sich Jean Alesi (Ferrari) und Nelson Piquet (Benetton), was ihn für wenige Sekunden auf Platz fünf spülte. Doch das Unheil drohte nur wenige Meter später...
Um den Jordan 191 beim Anbremsen der engen Haarnadel-Kurve trotz stehender und qualmender Vorderräder zu stabilisieren, kuppelte Schumacher zweimal, was für das Bauteil zu viel war: Er rollte aus und musste zusehen, wie de Cesaris zeitweise auf Rang zwei fuhr, ehe auch ihn ein Technikdefekt stoppte.
Für Schumacher sollte das erste Rennen für Jordan zugleich auch das letzte sein. Nach dem beeindruckenden Debüt schlug Benetton-Teamchef Flavio Briatore blitzschnell zu und sicherte sich die Dienste des aufstrebenden Talents.
Ein Fahrer im Knast und eine dreiste Lüge: Die Story hinter Michael Schumachers erstem Rennen in Spa-Francorchamps