Vergebene Chancen: Platz zwei in der Konstrukteurswertung ging in der Formel-1-Saison 2023 an Mercedes, doch Ferrari hätte dazu auch alle Möglichkeiten gehabt
Mercedes hat sich in der Formel-1-Konstrukteurs-WM 2023 im Kampf um Platz 2 mit gerade einmal 3 Punkten Vorsprung auf Ferrari durchgesetzt, doch beide Teams haben im Saisonverlauf reihenweise Punkte liegen lassen. Wir werfen nun einen Blick auf die vergebenen Chancen von Ferrari:
Bahrain: Der Saisonstart in der Wüste lief schon denkbar schlecht für Ferrari. Charles Leclerc, der im Qualifying noch Zweiter wurde, schied 17 Runden vor Schluss mit einem Fehler an der Steuereinheit aus, als er komfortabel auf Kurs für Platz 3 lag. Sein Teamkollege Carlos Sainz rückte dafür einen Platz nach vorne. Eingebüßte Punkte: 13
Saudi-Arabien: Leclerc konnte sich erneut auf P2 qualifizieren, doch nach dem Bahrain-Ausfall musste Ferrari Komponenten wechseln, die zu einer 10-Plätze-Gridstrafe im erst zweiten Rennen führten! Beim Blick auf die Rennpace ...
... hätte Leclerc beide Mercedes mit der besseren Startposition schlagen können und wäre Vierter statt Siebter geworden. Zudem hatte man Pech mit dem Safety-Car, wodurch Teamkollege Carlos Sainz eine Position gegen Lewis Hamilton einbüßte. Der Brite wäre wohl nur auf P7 ins Ziel gekommen hinter Sainz. Eingebüßte Punkte: 6
Australien: Gleich in der ersten Runde gab es die nächste bittere Pleite für Leclerc. Nach einer Kollision mit Lance Stroll schied der Monegasse gleich zu Beginn des Rennens aus. Strolls Rennpace ließ zu Wünschen übrig, obwohl er Vierter wurde, weshalb Leclerc vermutlich vor ihm ins Ziel gekommen wäre. Leclercs Teamkollege Sainz ...
... erwischte es am Ende des Rennens auch bitter. Für eine Kollision mit Fernando Alonso beim zweiten Restart bekam er eine 5-Sekunden-Zeitstrafe, die ihm mit der Zieldurchfahrt unter dem Safety-Car von Platz 4 auf 12 zurückspülte. P4 und P5 wären für Ferrari somit drin gewesen, so gab es am Ende gar keine Punkte. Eingebüßte Punkte: 22
Monaco: Eigentlich hätte Leclerc sein Heimrennen von P3 starten sollen, doch sein Team warnte ihn im Qualifying nicht über Lando Norris, der auf einer schnellen Runde unterwegs war, was eine 3-Plätze-Gridstrafe zur Folge hatte. Rückblickend setzte man im Rennen auch strategisch auf das falsche Pferd, indem man mit dem Boxenstopp ...
... nicht auf den einsetzenden Regen wartete, obwohl man dafür extra schon auf dem harten Reifen losgefahren ist. Es drohte aber Undercutgefahr von hinten. Später im Rennen wechselte man zudem zu spät auf Intermediates. Bei einer besseren Ausführung und ohne Strafe wären P3 und P5 möglich gewesen. Eingebüßte Punkte: 13
Kanada: Hier steht vor allem das Qualifying im Fokus: Leclerc wollte in Q2 auf Slicks wechseln, durfte aber nicht und schied schließlich mit Intermediates auf abtrocknender Strecke aus. Sainz kassierte nach P8 zudem eine 3-Plätze-Gridstrafe, weil Ferrari erneut versäumte, seinen Fahrer mitzuteilen, dass ...
... von hinten jemand auf einer schnellen Runde kommt. Die Rennpace war von den Startplätzen 10 und 11 jedoch bockstark, mit dem schwachen Qualifying reichte es aber nur zu P4 und P5 im Grand Prix. Von weiter vorne hätte jedoch ein dritter Platz für Leclerc herausspringen können. Eingebüßte Punkte: 3
Österreich: Die nächste 3-Plätze-Gridstrafe folgte schon ein Rennwochenende später, als Leclerc für sein Behindern gegen Oscar Piastri im Sprint-Qualifying bestraft wurde. Erneut war die Kommunikation am Funk mangelhaft. Somit ging es für den Monegassen im Sprint 3 Plätze nach hinten, wodurch er im Verkehr steckenblieb. Statt P12 ...
... wäre P4 für Leclerc möglich gewesen. Weitere Strafen gab es dann im Hauptrennen, nämlich für Carlos Sainz! Der Spanier kam als Vierter über die Ziellinie, bekam aufgrund mehrerer Tracklimit-verstöße aber 10 Sekunden aufgebrummt und wurde damit nur Sechster. Leclerc konnte mit P2 dafür das Maximum herausholen. Eingebüßte Punkte: 9
Großbritannien: Im Qualifying noch auf P4 und P5 wurden es im Rennen nur die Plätze 9 und 10. Der Verschleiß war geringer als erwartet, was den Overcut stark machte, doch Ferrari kam mit beiden Autos zu früh zum Stopp. Ein Safety-Car zu Rennmitte hat nicht geholfen, von der Pace wären aber P7 und P8 drin gewesen. Eingebüßte Punkte: 7
Belgien: Auf der Topspeedstrecke Spa konnte Leclerc sich den dritten Platz auf dem Podium sichern, doch sein Teamkollege Sainz musste das Rennen nach einem Kontakt mit Oscar Piastri in Kurve 1 frühzeitig aufgeben. Für den Spanier wäre sonst mindestens P5 möglich gewesen. Eingebüßte Punkte: 10
Niederlande: Wahrscheinlich der Wendepunkt der Ferrari-Saison, weil man dort nach einem kompletten Set-up-Fehlgriff sein Auto endlich verstanden hat. Im Rennen leistete man sich zunächst einen Patzer beim Boxenstopp am Auto von Leclerc, als die Fahrer von Trockenreifen auf Intermediates wechselten. Im weiteren ...
... Verlauf kam es für den Monegassen aber noch schlimmer, da er das Auto mit einem Unterbodenschaden frühzeitig abstellen musste. Grund: Eine Kollision mit Lando Norris in der ersten Runde. Ohne die Probleme hätte P5 drin sein können, den am Ende Sainz holte, denn der Stopp in Runde 1 war an sich der richtige Riecher. Eingebüßte Punkte: 8
Singapur: In der Anfangsphase des Rennens war die Scuderia mit Sainz und Leclerc auf den Plätzen 1 und 2, ehe ein Safety-Car durch einen Unfall von Logan Sargeant herauskam. Ferrari musste beide zum Reifenwechsel hereinholen, wobei der Doppelstopp bedeutete, dass ...
... Leclerc an der Box Zeit und zwei Positionen an Lando Norris und George Russell verlor. Bei einem normalen Stopp hätte Ferrari die Positionen gehalten und einen DRS-Zug wie später mit Sainz und Norris kreieren können, um einen Doppelsieg nach Hause zu fahren. Am Ende wurde es P4 für Leclerc, da wäre mehr gegangen. Eingebüßte Punkte: 6
Japan: Das Unterboden-Update hat eingeschlagen, doch im Rennen hat sich Ferrari von Mercedes strategisch übertölpeln lassen. Sainz lag vor Hamilton, doch der Brite machte einen Undercut, den Ferrari über sich ergehen ließ. Platz 5 für den Spanier war damit futsch. Eingebüßte Punkte: 2
Katar: Bereits im Sprintrennen hat sich Ferrari mit den Soft-Reifen verzockt, die nicht funktioniert haben, doch im Rennen - oder besser vor dem Rennen - kam es für Sainz noch dicker: Problem am Benzinsystem, DNS. Leclerc wurde Fünfter, von Startplatz 12 wäre für Sainz P7 drin gewesen. Eingebüßte Punkte: 10
USA: Am Freitag noch auf der Pole, wurde bei Leclerc im Rennen zunächst die Strategie verhunzt, da man auf die langsamere Einstoppstrategie setzte, während später Platz 5 ohnehin hinfällig wurde durch eine Disqualifikation, weil sich die Planke am Unterboden zu stark abgenutzt hat. Ohne die ...
... Probleme hätte Leclerc wohl maximal Platz 3 erfahren können, wenn man die Disqualifikation von Lewis Hamilton einbezieht. Im Sprint setzte Ferrari zudem bei Carlos Sainz wieder auf den Soft-Reifen, der einen zu hohen Verschleiß hatte. Das hat womöglich auch einen Platz gekostet. Eingebüßte Punkte: 13
Mexiko: Erneut auf der Pole, hatte Ferrari im Rennen Pech mit der roten Flagge, was die Strategie von Hamilton begünstigte. Allerdings hätte man beim Restart wie Mercedes auf die Mediums setzen sollen, da die harten Reifen zu langsam waren. Leclerc hätte Zweiter werden können, Sainz war zu langsam für das Podium. Eingebüßte Punkte: 3
Brasilien: Ein erneut starkes Qualifying mit P2 von Leclerc wird nicht mit Punkten belohnt. Mit einem mechanischen Versagen landete der SF-23 schon in der Einführungsrunde in der Bande. Leclercs starke Rennpace im Sprint lässt vermuten, dass er unter normalen Umständen Dritter geworden wäre. Eingebüßte Punkte: 13
Las Vegas: Der Gullydeckelvorfall im ersten Training hat Carlos Sainz eine große Chance am Sonntag verbaut, da nach dem Totalschaden infolge des Crashs Motorenkomponenten getauscht werden mussten, die zu einer 10-Plätze-Gridstrafe für den Spanier führten. Eigentlich ...
... hatte sich Sainz auf P2 qualifiziert, doch so ging er von Platz 12 ins Rennen und drehte sich gleich in der ersten Kurve. Seine Aufholjagd wurde durch Überhitzungsprobleme weiter ausgebremst. Am Ende wurde es P6, beim Blick auf seine Rennpace wäre wohl P4 das Maximum gewesen hinter den Red Bulls und Leclerc. Eingebüßte Punkte: 4
Bei all den verpassten Chancen hätte die Scuderia definitiv den zweiten Platz in der Team-WM 2023 klar für sich entscheiden können. Addiert man alle Szenarios der Fotostrecke, sind Ferrari 142 Punkte durch die Lappen gegangen, womit man insgesamt bei 548 Punkten gelandet wäre und damit 179 Zähler vor Mercedes liegen würde. Allerdings ...
... haben die Silberpfeile selbst viele Fehler gemacht und Punkte verloren, sodass die gleiche Rechnung auch für sie funktionieren würde. Interessant ist jedoch auch, dass Leclerc ohne Pech und Strategiefehler 308 Punkte (+102) geholt hättte im Vergleich zu den 240 (+40) von Sainz. Das Pech war somit stärker auf Seiten der Nummer 16.