Grand Prix von Bahrain
Zugegeben, angesichts der extremen Medienberichterstattung vor dem Grand Prix von Bahrain fanden die internationalen Journalisten die Hauptstadt Manama in verhältnismäßig ruhigem Zustand vor. Aber dass die Veranstalter ausgerechnet das Wortspiel "UniF1ed" (vereint, mit dem F1-Logo in der Mitte) als überdimensionalen Slogan auf die halbe Stadt pinselten, hatte den fahlen Beigeschmack von politischer Propaganda.
Schon im 30-Kilometer-Umkreis um den Bahrain International Circuit wurden Sicherheits-Checkpoints aufgebaut. Autos wurden mit Unterboden-Spiegeln auf Bomben untersucht, Taschen noch gründlicher gecheckt als sonst. Aber dass einige Fotografen ihre Aufnahmen zeigen mussten und am Sonntag ein britisches Kamerateam abseits der Strecke festgenommen wurde, hat nichts mit Sicherheitsvorkehrungen zu tun, sondern riecht nach Zensurversuchen.
An der Strecke selbst war alles wie immer: Die Hospitality-Häuschen der Teams erstrahlen auch acht Jahre nach der Eröffnung noch in ihrem prunkvollen Glanz, ...
... Fahrer und Teammitglieder fanden im Paddock genügend Möglichkeiten vor, der brütenden Hitze der Sakhir-Wüste zu entkommen und einmal zu entspannen...
... und abends erstrahlte das Fahrerlager fast so hell wie der Nürnberger Christkindlmarkt.
Doch als Journalist fühlte man sich phasenweise wie ein Kriegsberichterstatter, auch wenn diese Rauchschwaden ebenso wenig mit den politischen Unruhen zu tun hatten...
... wie dieser Helikopter.
Die (deutlich weniger zahlreich erschienenen) VIP-Gäste merkten sowieso nichts von der Welt außerhalb des Paddocks und ließen sich wie immer fürstlich bewirten.
Am Freitag der erste "Beinahe-Protest" eines Teams: Force India ließ das zweite Training aus, nachdem am Mittwochabend ein Mietwagen mit vier Mechanikern in eine Krawallsituation mit einem Molotow-Cocktail geraten war. Durch den Trainingsverzicht konnten Vize-Teamchef Robert Fernley, Pressesprecher Will Hings und Co. zurück zum Hotel fahren, noch bevor die Dunkelheit einbrach.
Anderswo wurde zu dieser Zeit noch hart gearbeitet, etwa in der Lotus-Box...
... oder auch bei McLaren. Teilweise sogar bis tief in die Nacht hinein.
Im Medienzentrum zuckten einige ängstlich zusammen, als abends plötzlich Knallgeräusche zu hören waren. Doch das war kein niedergeschlagener Aufstand und auch keine andere Schießerei, sondern lediglich ein Feuerwerk. Was viele da noch nicht wussten: In der Nacht auf Samstag sollte bei Ausschreitungen zwischen Polizei und oppositionellen Demonstranten tatsächlich ein Mann erschossen werden.
Die meisten Fahrer hatten zwar ein mulmiges Gefühl, in Zwischenfälle verwickelt wurde aber keiner von ihnen. Auch diese "Fluch-der-Karibik"-Attacke auf Sebastian Vettel war natürlich nur ein friedlicher Gag am Rande der Autogrammstunde des Weltmeisters.
Mark Webber nutzt eine ruhige Minute für ein privates Telefongespräch.
Wo das Erdöl sprudelt, spielt Geld keine Rolle: Im Vorprogramm ließen die Scheichs zahlreiche millionenschwere Ferrari-Sportwagen auffahren.
Das wurde aber nicht von vielen Zuschauern gesehen. Viele Tribünen blieben komplett leer, andere waren nur spärlich besetzt. Angeblich sollen trotzdem 27.800 Menschen da gewesen sein. Schwer zu glauben...
Das gebotene Unterhaltungsprogramm war jedenfalls erstklassig und wirkte sichtlich bemüht, der Welt ein glückliches Bild von Bahrain zu zeigen, auch wenn der Kronprinz zugibt: "Wir haben nie behauptet, dass wir perfekt sind."
In mehreren Zirkus-Zelten kamen Familien voll auf ihre Kosten...
... und in Sachen Dekoration war Bahrain sowieso schon immer eine der besten Locations des Formel-1-Kalenders.
Selbst bei den Paddock-Girls ist der arabische Einfluss zu merken...
... und bei den Grid-Girls handelte es sich um Stewardessen des Grand-Prix-Titelsponsors Gulf Air, ...
... der wenige Minuten vor dem Start wie immer eine Tiefflug-Demo mit einem seiner Jets zum Besten gab.
Der stets für schwarzen Humor zu begeisternde Charlie Chaplin hätte seine Freude daran gehabt: Der große Diktator in Bahrain.
Aber es gibt auch kleine Diktatoren: Jean Todt, hier beim Küsschen mit Schumacher-Managerin Sabine Kehm (mit Mercedes-Pressechef Wolfgang Schattling im Hintergrund), ...
... und Bernie Ecclestone (im Bild mit Agentur-Chefin Katja Heim) sind diejenigen, die in der Formel 1 das Sagen haben.
Eigentlich sind die beiden verfeindet, doch auf dem Grid wirkten sie völlig gelöst, wie alte Kumpels. Ob ihnen ein Stein vom Herzen gefallen ist, dass das Rennwochenende friedlich verlaufen ist, weil sie im Vorfeld eine Absage verhindert hatten? Wäre etwas passiert, hätte man Ecclestone und Todt dafür verantwortlich gemacht.
"Ich bin stolz auf die Bahrainer": Der Kronprinz feiert auf dem Podium mit den Siegern. Er gilt in Bahrain übrigens als eine der dialogfreudigeren Kräfte des Regimes. Die versöhnliche Botschaft seines Vaters König Hamad am Sonntagmorgen wirkte hingegen eher wie ein Versuch, die Wogen vor dem Renntag zu glätten.
Romain Grosjean konzentriert sich auf das Rennen. Mit Erfolg: Als Dritter fuhr er seinen ersten Podestplatz in der Formel 1 heraus.
Sebastian Vettel musste seinen siegreichen Red Bull direkt nach der Ziellinie abstellen, wahrscheinlich um Benzin zu sparen. Zugeben wollte er das nicht: "Ich war erschöpft", lächelte er, von einem Journalisten nach der Ursache gefragt. Allerdings hatte er noch genug Kraft, um durch die Boxengasse zum Podium zu sprinten.
V wie Victory und immer zu Späßen aufgelegt: Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen kommen gut miteinander aus, auch nach ihrem sehenswerten Duell um den Sieg beim vierten Saisonrennen.
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