Ferrari-Technikchef: Vettel verliert nicht die Geduld

Ferraris Technikchef Jock Clear widerspricht Gerüchten, dass Sebastian Vettel die Geduld mit der Scuderia verliert, und spricht über den Kampf gegen Mercedes

(Motorsport-Total.com) - Verliert Sebastian Vettel die Geduld mit Ferrari? Das hat zumindest sein Ex-Teamchef Christian Horner bei einem lockeren Abendessen behauptet - auch wenn er sich gewundert hat, dass die Zitate wenig später in den Medien zu lesen waren. Der siegverwöhnte Heppenheimer kommt derzeit bei der Scuderia nicht in den Genuss von Siegen, was ihn schon mächtig wurmt. Doch einen vorzeitigen Abgang kann Chefingenieur Jock Clear nicht erkennen.

Titel-Bild zur News: Maurizio Arrivabene, Jock Clear, Sebastian Vettel

Jock Clear gehört seit der Vorsaison zur Familie von Ferrari Zoom

"Natürlich möchte er gewinnen, aber er glaubt an uns, und wir glauben an ihn. Er ist Teil des Ferrari-Teams", erklärt der Brite am Rande des Großen Preises von Ungarn. Doch Clear weiß, dass Vettel gerne wieder auf die Siegesstraße zurückkehren würde - doch welcher Fahrer würde das nicht gerne? "Er ist Siege gewöhnt, von daher schmerzt es ihn sehr. Es tut ihm sehr weh, dass er nicht an der Seite von Lewis und Nico kämpfen kann", sagt er.

Gleichzeitig sei der Deutsche aber auch ein Kämpfer: "Solange er am Sonntag kämpfen kann - und sei es mit den Red Bull -, dann hat er Spaß. Er liebt einfach Rennfahren und Autos. Er ist ein wenig wie Michael (Schumacher; Anm. d. Red.), als er sein Comeback bei Mercedes hatte", so Clear, der damals als Renningenieur von Nico Rosberg und auch als Ingenieur von Schumacher eine zentrale Rolle bei den Silberpfeilen hatte, bevor er zur Saison 2015 nach Maranello wechselte.

Clear weicht Fragen nach Vergleich aus

Der 52-Jährige kennt die Arbeitsweisen bei Rot und Silber daher ganz genau und weiß womöglich um die Schwachstellen von Mercedes. Doch in der heutigen Pressekonferenz darauf angesprochen, weicht er mehrfach aus. "Sorry, dass ich den Partycrasher spiele. Die Vergleiche zwischen den Teams sind sehr, sehr schwierig", winkt er ab. "Allein die geographischen Unterschiede machen eine Menge aus."

Auch könne er nicht über Nacht den Erfolg zu Ferrari bringen. "Ich bin weit davon entfernt zu denken, dass ich so viel Einfluss habe", so Clear, der aber daran arbeitet, das beste Paket aus Ferrari zu kitzeln. Das war allerdings in den vergangenen Jahren nicht immer einfach. Die Scuderia wartet seit 2008 auf einen Weltmeistertitel, im kommenden Jahr wird es zudem zehn Jahre her sein, dass ein Fahrer mit einem Ferrari die Krone erobern konnte.


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Präsident Sergio Marchionne geht so langsam die Geduld aus und hat das Team schon öfters unter Druck gesetzt. Clear weiß, was es bedeutet, Teil von Ferrari zu sein. Die Leidenschaft, die die roten Boliden in die Formel 1 bringen, ist auch heutzutage noch einzigartig, wie er sagt - kann aber auch zur Bürde werden. "Manchmal ist es unsere Achillesferse. Wir wissen sehr gut, dass Leidenschaft die Dinge ziemlich schwierig machen kann. Im Großen und Ganzen ist es aber etwas richtig Positives."

Ferrari und die Frage der Balance

Für diese Saison hatte man in Maranello den nächsten großen Schritt erwartet, doch auch Heilsbringer Vettel konnte Ferrari 2016 noch nicht auf die Siegerstraße führen. Stattdessen ging es im Vergleich zum Vorjahr gefühlt noch ein wenig nach hinten, und durch die Stärke von Red Bull geraten die Roten noch weiter ins Hintertreffen. Doch das will Clear nicht so sehen: "Ich habe nicht das Gefühl, dass wir viel an Boden verlieren", so der Brite.

Zwar kann er anerkennen, was Red Bull für gute Arbeit leistet, doch im Vergleich zu Mercedes habe man die Performance nicht verschlechtert, auch wenn manche Rennen zuletzt nicht wie erhofft liefen. "Wir haben zuletzt viel darüber gelernt, wo die Schwächen des Autos liegen", drückt es Clear freundlich aus. "Das hat uns geholfen herauszufinden, woran wir arbeiten müssen. Wir wissen, dass Mercedes und Red Bull weiter stark sein werden."

Sebastian Vettel

Gefahr droht: Red Bull rückt Ferrari immer weiter auf die Fersen Zoom

Verbesserung kann der Technikchef für die aktuelle Saison allerdings nicht mehr versprechen, auch weil sich Ferrari auf die kommende Saison konzentrieren muss, wo große Regeländerungen eine neue Chance bringen. "Wir müssen die Balance zwischen dem Erhalt des Momentums und der großen Herausforderung für das kommende Jahr abwägen. Das ist ein Zeugnis für die gute Arbeit an der Spitze, weil sie weiter entwickeln und uns unter Druck setzen. Wir schließen die Lücke nicht so schnell wie erhofft, aber das ist Racing!"

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