• 27.10.2013 16:29

  • von Dieter Rencken & Stefan Ziegler

"Kimi, get out of the f*** way!"

Alles nur ein "Missverständnis" bei Lotus oder hängt der Haussegen gewaltig schief? Beim Großen Preis von Indien wurde am Funk jedenfalls mächtig geflucht

(Motorsport-Total.com) - "Kimi, get out of the f*** way!" Dieser Funkspruch von Chefingenieur Alan Permane beweist, dass in Indien nicht nur bei Red Bull die Emotionen hochkochten. Auch bei Lotus wurde im viertletzten Rennen des Jahres jede Menge an Adrenalin ausgeschüttet. Allerdings aus ganz anderen Gründen: In der Schlussphase des Grand Prix kamen sich die beiden Piloten des Teams etwas zu nahe.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönen wurde in Indien am Funk angeblafft - und blaffte sofort zurück Zoom

Kimi Räikkönen, auf den älteren Reifen, und der von Platz 17 sehenswert nach vorn stürmende Romain Grosjean lieferten sich ein Duell auf Messers Schneide, das der Teamführung sichtlich missfiel. Und so ließ sich Permane am Funk zu einer deftigen Wortwahl hinreißen: "Kimi, get out of the f*** way!" Oder zu Deutsch: "Kimi, mach verdammt noch mal Platz!" Doch das war erst der Anfang.

Denn Räikkönen konterte sofort: "Don't shout there, a***!" - "Schrei hier nicht rum, du A***!" Und weiter: "Ich geh' dann schon aus dem Weg, wenn ich die Gelegenheit dazu habe, aber sicher nicht in einer schnellen Kurve." Und so kam es zwischen den beiden Lotus-Piloten fünf Runden vor Schluss zu einer leichten Berührung, ehe Räikkönen seinen Teamkollegen in den letzten Runden ziehen ließ.

Alles nur ein "Missverständnis"?

Dafür erntet der "Iceman" viel Unverständnis vom Lotus-Kommandostand: "Ich bin ein bisschen enttäuscht von Kimi. Er wusste ja, dass seine Reifen am Ende waren. Es war nicht nötig, Romain das Leben so schwer zu machen", sagt Permane, der Räikkönen während des Rennens eine ziemlich klare hart formulierte Anweisung gegeben hatte. "Ich bin mir sicher, wir werden noch darüber reden."

Das tat Teamchef Eric Boullier schon unmittelbar nach dem Großen Preis von Indien, war dabei aber sehr bemüht, den Ball flachzuhalten: "Es war ein kleines Missverständnis, zumindest in gewisser Weise", meint der Franzose. Man habe nicht erwartet, dass Grosjean einerseits so schnell, Räikkönen andererseits so langsam sein würde. Prompt kamen sich die beiden Lotus-Piloten ins Gehege.

Kimi Räikkönen

Pikant: Kimi Räikkönen verlässt das Team zum Saisonende und fährt ab 2014 Ferrari Zoom

"Sie fahren halt beide ihr Rennen", sagt Boullier und merkt an: "Es war am Limit. Wir mussten sie per Funk beruhigen." Permanes Anweisung dürfte aber zumindest Räikkönen alles andere als beruhigt haben. Doch Boullier plädiert dafür, diese Szene "in den richtigen Kontext" zu stellen. Alles gehe schließlich auf diverse Umstände zurück - bei Räikkönen auf die Reifen, bei Grosjean auf den Motor.

Lotus braucht Punkte für die Konstrukteurswertung

"Bei Kimi ließen schon die Reifen nach. Wir wussten nicht, ob die Pneus die letzten fünf Runden überstehen würden", erklärt Boullier. Am Schwesterauto habe indes der Luftdruck nicht mehr gepasst. "In den letzten zehn Runden mussten wir daher alles so weit wie möglich herunterfahren. Romain musste sogar früher hochschalten, damit es der Motor bis ins Ziel schaffen konnte", sagt Boullier.

"Wir standen also unter großem Stress. Und dann kämpfen auf einmal unsere beiden Autos miteinander, obwohl Kimi zwei Sekunden langsamer war", so der Lotus-Teamchef. Mit den Funksprüchen habe man eigentlich nur "einem Missverständnis vorbeugen" wollen. "Für uns hat ja das Ergebnis Priorität", meint Boullier. "Auch wenn sich unsere Piloten gegenseitig attackieren dürfen.


Fotos: Lotus, Großer Preis von Indien


"Du bist aber niemals glücklich, wenn deine Autos ein Duell austragen und eines deiner Autos über den Streckenrand hinausschießt. Du willst einfach nur sicherstellen, dass alles im Interesse des Teams vonstattengeht", erklärt Boullier und fügt hinzu: "Der Teamgedanke sollte im Vordergrund stehen. Doch jetzt sollten wir an die Zukunft denken. Und ich will da jetzt kein Drama daraus machen."

Alan Permane

Lotus-Chefingenieur Alan Permane hat Drohungen von den Fans erhalten Zoom

Vielmehr gelte es, das Endergebnis als positiv einzustufen. "Romain hat sich von Platz 17 bis auf Platz drei nach vorn gefahren. Das war brillant. Die Strategie hat prima gepasst, die Stopps haben perfekt funktioniert", sagt Boullier, der schon das nächste Ziel anpeilt: "Mein Ziel ist nun der zweite Platz in der Konstrukteurswertung." Dort belegt Lotus vorerst weiterhin die vierte Position.

Permane beschäftigen derweil Gedanken ganz anderer Art, wie er auf Twitter schreibt: "Ich scheine bei ein paar Leuten für Verärgerung gesorgt zu haben, als ich Kimi angeschrien habe. Ich kann verstehen, dass das die Fans nicht gut finden. Was ich aber seltsam finde: Manche von ihnen wollen meine Familie töten, weil ich Kimi die Meinung gegeigt habe." Versehen ist das mit dem Hashtag "Losers".