Nur weil ein Formel-1-Pilot zu Beginn einer Saison im Auto sitzt, heißt das nicht, dass er auch beim Saisonfinale noch dabei ist - Die Gründe dafür können vielfältig sein ...
Alain Prost (Ferrari): Wohl eine der legendärsten Entlassungen der Formel-1-Geschichte. Ferrari setzt den damals dreimaligen Weltmeister am Ende der Saison 1991 ein Rennen vor Schluss vor die Tür. Zuvor hatte Prost den Ferrari 643 öffentlich mit einem LKW verglichen - zu viel für die Italiener. Das letzte Rennen fährt Gianni Morbidelli.
Immerhin hat die Geschichte für Prost ein Happy End: 1992 legt er ein Sabbatical ein, das er sich von Ferrari gut bezahlen lässt, 1993 kommt er beim dominanten Williams-Team unter. Dort gewinnt er seinen vierten WM-Titel und tritt anschließend zurück. Dieses Mal ganz aus freien Stücken.
Roberto Moreno (Benetton): Der Brasilianer wird 1991 zum Bauernopfer. Weil Teamchef Flavio Briatore unbedingt einen gewissen Michael Schumacher verpflichten will, muss er Moreno loswerden. Der wehrt sich, hat aber letztendlich keine Chance. Moreno fährt noch für Jordan und diverse kleine Teams, bevor seine Formel-1-Karriere 1995 endet.
Benetton gelingt mit "Schumi" derweil ein Volltreffer. Der Deutsche holt bereits 1992 seinen ersten Sieg, wird 1994 und 1995 Weltmeister und später mit Ferrari zum ersten siebenmaligen Champion der Formel-1-Geschichte. Es soll nicht das letzte Mal sein, dass Briatore einen Fahrer während der laufenden Saison vor die Tür setzt ...
Nelson Piquet jun. (Renault): Renault holt den Sohn des gleichnamigen Ex-Weltmeisters 2008 in die Formel 1. Der überzeugt aber nur selten. Als er 2009 nach den ersten zehn Saisonrennen noch ohne Punkte dasteht, machen die Franzosen um Briatore kurzen Prozess. Das Cockpit bekommt Romain Grosjean. Die Geschichte ist damit aber nicht vorbei.
Nach seinem Rauswurf gesteht Piquet, dass er 2008 in Singapur absichtlich einen Unfall fabriziert hat, um seinem Teamkollegen Fernando Alonso den Sieg zu ermöglichen. "Crashgate" ist geboren. Am Ende der Affäre steht nicht nur Piquet ohne Job da. Unter anderem Briatore muss ebenfalls gehen. Piquet fährt nie wieder ein Formel-1-Rennen.
Daniil Kwjat (Red Bull/Toro Rosso): Der Russe dürfte Rekordhalter sein, was die meisten Rauswürfe beziehungsweise Degradierungen durch einen einzelnen Arbeitgeber angeht. Erstmals erwischt es ihn in der Saison 2016, als er sein Red-Bull-Cockpit an Max Verstappen abgeben muss. Immerhin bleibt er bei Juniorteam Toro Rosso in der Formel 1.
Ein Jahr später verliert er allerdings auch dort sein Cockpit und muss Platz für Pierre Gasly machen. Zwei Rennen später kommt er noch einmal zurück - muss aber erneut gehen. Danach verschwindet er erst einmal aus der Formel 1. Kleines Happy End: 2019 und 2020 darf er noch einmal zwei Jahre für Toro Rosso/Alpha Tauri ran.
Scott Speed (Toro Rosso): Daniil Kwjat ist 2017 nicht der erste Fahrer, der seinen Job bei Toro Rosso während der laufenden Saison verliert. Bereits zehn Jahre zuvor muss Scott Speed gehen, nachdem er in 28 Rennen für das Team ohne einen einzigen Zähler geblieben war. Bizarr sind auch hier die Umstände.
Der US-Amerikaner wirft Teamchef Franz Tost einen tätlichen Angriff vor, was dieser jedoch bestreitet. Das Verhältnis ist jedenfalls irreparabel beschädigt, Speed ist raus bei Toro Rosso und aus der F1. Nachfolger wird ein gewisser Sebastian Vettel. Der sorgt in den folgenden Jahren dafür, dass Red Bull Speed keine Träne nachweint ...
Juan Pablo Montoya (McLaren): So talentiert der Kolumbianer auch ist, so werfen ihm im Laufe seiner Karriere mehrere Experten immer wieder vor, ein schwieriger Charakter zu sein. Wie das mit Ron Dennis und McLaren zusammenpasst? Gar nicht! Nach anderthalb gemeinsamen Jahren fliegt der damals 30-Jährige raus.
Nachdem Montoya Mitte der Saison 2006 verkündet, die Formel 1 am Ende des Jahres zu verlassen, setzt Dennis ihn umgehend auf die Ersatzbank. Pedro de la Rosa übernimmt, für 2007 stellt sich McLaren mit Fernando Alonso und Lewis Hamilton komplett neu auf. Montoya fährt nie wieder in der Formel 1, feiert aber in anderen Serien noch Erfolge.
Yuji Ide (Super Aguri): Als der Japaner sein Cockpit bei Super Aguri nach nur vier Formel-1-Rennen schon wieder verliert, hat das eher etwas mit Selbstschutz zu tun. Ide ist mit dem Boliden augenscheinlich überfordert, weshalb Teamchef Aguri Suzuki nach einem schweren Unfall mit Christijan Albers in Imola die Notbremse zieht.
Für Ide kommt es noch dicker: Wenige Tage später entzieht ihm die FIA die Superlizenz, was ein Comeback unmöglich macht. Zu diesem kommt es auch nie wieder, obwohl das Team betont, man wolle mit Ide darauf hinarbeiten. Es bleibt bei vier Rennen und dem Ruf als einer der schlechtesten Formel-1-Fahrer aller Zeiten.
Ivan Capelli (Ferrari): Nicht nur Alain Prost fliegt bei der Scuderia 1991 vorzeitig raus. Ein Jahr später ereilt Nachfolger Capelli das gleiche Schicksal. Der Italiener holt in 14 Rennen nur drei Punkte. Zu wenig für die Ansprüche der Italiener, die letzten beiden Saisonrennen darf Nicola Larini fahren - der aber auch ohne Zähler bleibt.
Während Teamkollege Jean Alesi immerhin zwei Podestplätze und WM-Rang sieben holt, ist Capellis Auftritt historisch schlecht. Er bleibt bis zur Saison 2011 der letzte Ferrari-Stammpilot, der im Laufe einer Saison keinen einzigen Podestplatz holt. 1993 nimmt er noch an zwei Grands Prix für Jordan teil, dann ist seine F1-Karriere vorbei.
Jarno Trulli (Renault): Flavio Briatore mal wieder! Obwohl Trulli in der Saison 2004 den Großen Preis von Monaco gewinnt und nach 15 Saisonrennen in der WM knapp vor seinem Teamkollegen Fernando Alonso liegt, fliegt der Italiener drei Rennen vor Ende raus. Grund ist ein Vertrag bei Toyota ab 2005.
Weil bereits feststeht, dass Trulli das Team verlassen wird, hat Briatore kein Interesse daran, ihn die Saison zu Ende fahren zu lassen. Jacques Villeneuve übernimmt das Cockpit. Trulli macht aus der Not eine Tugend und fährt bereits die letzten zwei Rennen 2004 für Toyota. Renault wird danach zweimal in Folge Weltmeister - ohne Trulli.
Heinz-Harald Frentzen (Jordan): 1999 sorgt der Deutsche für eine mittlere Sensation, als er mit dem kleinen Jordan-Team zwei Rennen gewinnt und lange um den WM-Titel kämpfen kann. Zwei Jahre später endet seine Zeit dort ziemlich unrühmlich. Nach dem elften Saisonrennen wird er durch Ricardo Zonta und später durch Jean Alesi ersetzt.
Teamchef Eddie Jordan gesteht Jahre später, dass er Frentzen loswerden musste, um für die Saison 2002 Platz für Takuma Sato zu schaffen und so Motorenlieferant Honda bei Laune zu halten. Der Deutsche kommt für den Rest des Jahres bei Prost unter und fährt anschließend bis zu seinem Formel-1-Karriereende 2003 noch für Arrows und Sauber.
Michele Alboreto (Tyrrell): An den sportlichen Ergebnissen liegt es nicht, dass der Italiener Tyrrell 1989 nach nur sechs Rennen schon wieder verlassen muss. In Mexiko holt er als Dritter einen Podestplatz. Für das Team ist es das erste Podium seit 1983! Warum muss er also Platz für Jean Alesi machen?
Der kuriose Grund: Alboreto hat einen Sponsorenvertrag mit Tabakhersteller Marlboro, während Teamchef Ken Tyrrell für den Rennstall einen Kontrakt mit Rivale Camel unterzeichnet. Alboreto weigert sich, seinen persönlichen Vertrag zu kündigen - und muss gehen. In der Formel 1 bleibt er noch bis 1994, auf dem Podium steht er aber nie mehr.
Sebastien Bourdais (Toro Rosso): Und noch einmal Red Bull respektive Toro Rosso. Bourdais muss das Team 2009 nach anderthalb gemeinsamen Jahren verlassen und Platz für Jaime Alguersuari machen. Ein teurer Spaß, denn das Team zahlt dem Franzosen angeblich eine Entschädigung von mehr als 2 Millionen US-Dollar.
Sportlich lohnt sich der Tausch ebenfalls nicht, denn Ersatzmann Alguersuari bleibt bis zum Ende der Saison ohne WM-Punkt - und muss seinerseits nach zweieinhalb Jahren auch wieder gehen. Bourdais fährt nie wieder in der Formel 1, feiert im Motorsport allerdings noch Erfolge - zum Beispiel mit einem Sieg bei den 24 Stunden von Daytona.
Nyck de Vries (AlphaTauri): 2023 heißt das Team AlphaTauri, aber bei ausbleibender Leistung sind die Piloten auch weiterhin schnell weg. Nyck de Vries bekommt so gerade einmal zehn Rennen, bevor er durch Rückkehrer Daniel Ricciardo ersetzt wird - der dann übrigens ein Jahr später selbst während der Saison 2024 vor die Tür gesetzt wird.
Der Niederländer, immerhin ehemaliger Formel-2-Champion und Formel-E-Weltmeister, hatte bei seinem Formel-1-Debüt 2022 in Monza zwei Punkte für Williams geholt und sich so bei Red Bull auf den Zettel gebracht. Nach zehn punktlosen Rennen zu Beginn der Saison 2023 ist der Traum von der Königsklasse aber schon wieder vorbei.
Nick Heidfeld (Renault): Nein, dieses Mal hat Briatore seine Finger nicht im Spiel. Als "Quick Nick" 2011 nach nur elf Rennen von den Franzosen geschasst wird, ist der Italiener in Enstone schon seit einiger Zeit nicht mehr verantwortlich. Obwohl Heidfeld bereits in seinem zweiten Rennen für das Team auf dem Podium steht, muss er gehen.
Das Cockpit bekommt Bruno Senna, der bis zum Saisonende allerdings eher durch seinen Namen als durch gute Leistungen beeindruckt. Für Heidfeld, der seinerseits erst durch einen schweren Rallye-Unfall von Robert Kubica vor der Saison ins Auto gerutscht war, endet mit seinem Renault-Gastspiel auch endgültig seine Zeit in der Formel 1.
Andrea de Cesaris (Ligier): Den Spitznamen "de Crasharis" trägt der Italiener nicht ganz zu Unrecht. Satte 147-mal(!) scheidet er im Laufe seiner Formel-1-Karriere aus - Rekord. Seine hohe Unfallquote kostet ihn 1985 auch das Cockpit bei Ligier. Zuvor war er in elf Saisonrennen achtmal ausgefallen.
Teamchef Guy Ligier wird mit den Worten zitiert: "Ich kann es mir nicht länger leisten, diesen Mann zu beschäftigen." Das Cockpit übernimmt anschließend Philippe Streiff. Das Ende der F1-Karriere von de Cesaris? Mitnichten! Bis 1994 fährt er noch in der Königsklasse - und liefert dabei neben weiteren Unfällen auch noch zwei Podestplätze.
Giedo van der Garde (Sauber): Ein kleiner Sonderfall, denn ein Rennen fährt der Niederländer für Sauber in der Saison 2015 nie - obwohl er einen gültigen Vertrag besitzt! Als Stammpiloten präsentiert das Team Marcus Ericsson und Felipe Nasr, van der Garde zieht vor Gericht - und bekommt kurz vor Saisonbeginn Recht.
Beim Saisonauftakt in Melbourne taucht er in der Sauber-Garage auf, obwohl das Team keine Absicht hat, ihn fahren zu lassen. Erst kurz vor dem Rennen gibt es eine außergerichtliche Einigung. Sauber fährt mit Ericsson und Nasr, van der Garde bekommt eine Entschädigung in Millionenhöhe. Die Farce ist da allerdings schon perfekt.
Nur weil ein Formel-1-Pilot zu Beginn einer Saison im Auto sitzt, heißt das nicht, dass er auch beim Saisonfinale noch dabei ist - Die Gründe dafür können vielfältig sein ...