Die 2010er-Jahre haben in der Formel 1 Geschichten hervorgebracht, die aus heutiger Sicht so unglaublich klingen, dass sich schon keiner mehr an sie erinnert
#1 Sieben Deutsche gleichzeitig am Start: Das waren noch Zeiten! 2010 fuhren zeitweise sieben deutsche Piloten gleichzeitig in der Formel 1: Nico Rosberg (Mercedes), Nico Hülkenberg (Williams), Timo Glock (Virgin), Adrian Sutil (Force India), Nick Heidfeld (Sauber), Michael Schumacher (Mercedes) und Sebastian Vettel (Red Bull).
Vom damaligen Boom ist mittlerweile nicht mehr viel übrig. 2019 waren mit Vettel und Hülkenberg nur noch zwei Deutsche am Start, 2020 hält Vettel die deutsche Fahne alleine hoch. Und wer weiß, wie lange er noch bleibt. Viele Fans hoffen, dass Mick Schumacher wieder einen Boom auslösen kann.
#2 Daniel Ricciardo bei HRT: Jeder muss einmal klein anfangen. Doch während die meisten Red-Bull-Junioren über Toro Rosso einsteigen, musste Daniel Ricciardo noch eine Stufe darunter beginnen. Bei Hinterbänkler HRT ersetzte er Narain Karthikeyan zu Saisonmitte. Fun Fact: Im einzigen gemeinsamen Rennen landete er hinter dem Inder.
Aus dem Bub mit den Locken und der Zahnspangen-Lächeln ist mittlerweile ein Rennsieger und gestandener Formel-1-Pilot geworden. Renault ließ sich die Dienste des Australiers einiges kosten und eiste ihn mit einem Luxusvertrag von Red Bull los - bislang jedoch ohne sportlichen Erfolg.
#3 US F1: Drei neue Teams stiegen zur Saison 2010 ein, doch eigentlich hätte es noch eines mehr sein müssen. US F1 hatte große Pläne und mit dem späteren Tourenwagen-Weltmeister Jose-Maria Lopez auch schon einen Fahrer unter Vertrag. Doch aufgrund finanzieller Probleme scheiterte das Projekt vor dem ersten Rennen.
Seitdem versuchten viele Teams in die Formel 1 zu kommen, doch weder Stefan GP oder Forza Rossa setzten je einen Reifen auf die Strecke. Überhaupt hat es seitdem nur ein neues Team gegeben: Haas. Damit ist das amerikanische Team zumindest doch noch nachträglich in Erfüllung gegangen.
#4 Jules Bianchi statt Luiz Razia: Du hast noch nie von Luiz Razia gehört? Macht nichts! Doch eigentlich hätte der Brasilianer 2013 als amtierender Vizemeister der GP2-Serie in die Formel 1 einsteigen sollen. Razia wurde bei Marussia schon als Teamkollege von Max Chilton verkündet.
Doch angebliche Probleme mit Sponsoren führten noch vor dem ersten Rennen zur Auflösung des Vertrags. Das war die Chance für den jungen Jules Bianchi, der sportlich zu überzeugen wusste und für viele ein zukünftiger Kandidat für Ferrari gewesen wäre.
#5 Es gab ein Rennen in Indien und Südkorea: Die Asienexpandierung nahm zu Beginn des neuen Jahrzehnts neue Ausmaße an. 2010 fuhr man erstmals in Südkorea, ein Jahr später in Indien. Vor allem Südkorea sorgte für Schlagzeilen, weil man eine Stadt um die Strecke bauen wollte. Die gibt es bis heute nicht ...
Überhaupt fahren heute nur noch kleine nationale Serien durch Yeongam. In Indien sieht es nicht besser aus. Nur dreimal war die Formel 1 auf der 280 Millionen Dollar teuren Strecke zu Gast, seitdem ist Ebbe. Das einzige was in den Köpfen bleibt: Steuerdiskussionen und eine Menge Smog.
#6 Witali Petrow auf dem Podium: Ja, das ist tatsächlich passiert. Als Renault nach dem Rallyecrash von Robert Kubica unter Schock stand, fuhr der Russe beim Saisonauftakt 2011 in Australien auf Rang drei und sorgte so für eine der größten Überraschungen bei der Champagnerzeremonie in diesem Jahrzehnt.
Petrows bekannteste Formel-1-Leistung war jedoch im Rennen zuvor, als er Fernando Alonso in Abu Dhabi verzweifeln ließ und den WM-Titel versaute. Nach einem punktelosen Jahr bei Caterham verließ er die Königsklasse und war auch ein Jahr lang DTM-Pilot. Heute fährt er in der Langstrecken-WM.
#7 Doppel-Lotus in der Formel 1: Wenn wir einmal bei Petrows Ex-Teams sind, kommen wir zum Thema, dass sich gleich zwei Teams gleichzeitig Lotus nennen wollten. Doch wer war das echte? Darüber streiten sich Fans bis heute. Das spätere Caterham-Team nannte sich 2010 zuerst so, erfolgreicher war jedoch das andere.
In Enstone nahm man 2011 die bekannte Lackierung des Original-Lotus-Teams an und nannte sich Lotus Renault GP. Das war für viele verwirrend, weil das grüne Lotus-Team auch existierte. Heute gibt es keines von beiden mehr: Caterham ging pleite, Enstone-Lotus verkaufte das Team wieder an Renault zurück.
#8 Elimination-Qualifying: Eine der absoluten Schnapsideen, die nach hinten losgegangen ist. Nur zwei Wochen vor dem Saisonstart 2016 führte man in der Formel 1 eine Art Ausscheidungs-Qualifying ein. Dass immer nach einer gewissen Zeit das langsamte Auto ausscheiden sollte, klang in der Theorie ganz gut ...
... in der Praxis war es jedoch ein Desaster. Zwar gab es in den ersten Minuten einer Session Spannung, doch weil am Ende keiner mehr fuhr, standen die Positionen schnell fest und es gab gähnende Langeweile. Nach nur zwei Rennen sah man den Fehler ein und setzte auf das bewährte System.
#9 Will Stevens fährt für zwei Teams: Okay, Hand hoch, wer wusste, dass Will Stevens ein Formel-1-Fahrer war. Und beide Hände hoch, wer wusste, dass er sogar für gleich zwei Teams Rennen bestritt. Niemand hatte den Briten auf dem Radar, als er in Abu Dhabi 2014 das letzte Rennen für das insolvente Caterham-Team bestreiten durfte.
Ein Jahr später kehrte Stevens sogar als Stammfahrer in die Formel 1 zurück. Doch mit dem komplett hoffnungslosen Manor-Marussia-Team, das sogar in Australien nicht zum Qualifying antreten konnte, fuhr er dem Feld weit hinterher. Seine Formel-1-Karriere bleibt in den Geschichtsbüchern eine Fußnote.
#10 Doppelte Punkte in Abu Dhabi 2014: Um die Weltmeisterschaft spannender zu gestalten, wollte Bernie Ecclestone in den letzten drei Rennen doppelte Punkte vergeben. Die Idee kam jedoch gar nicht gut an. Schließlich einigte man sich auf einen Kompromiss: Nur das letzte Rennen sollte doppelt zählen.
Spannend wurde es dadurch aber nicht. Weil Nico Rosberg schon früh ein Defekt ereilte, spazierte Lewis Hamilton ungefährdet zum ersten Mercedes-Titel. Die Formel 1 ließ die Idee schon im kommenden Jahr wieder fallen, sodass Hamilton der einzige Pilot bleibt, der 50 Punkte in einem Rennen geholt hat.
Die 2010er-Jahre haben in der Formel 1 Geschichten hervorgebracht, die aus heutiger Sicht so unglaublich klingen, dass sich schon keiner mehr an sie erinnert