Das war das Formel-1-Rennen in Austin: Hamiltons souveräner Sieg und Verstappens jugendlicher Leichtsinn
50. Grand-Prix-Sieg für Lewis Hamilton - aber nur verhaltene Freude darüber: "Ist ganz okay", sagt der Mercedes-Star, im fünften Formel-1-Rennen in Austin zum vierten Mal erfolgreich. Sein Rückstand in der WM beträgt nun nur noch 26 statt 33 Punkte. Und drei Rennen sind noch zu fahren.
Den Grundstein für den Sieg legt Hamilton im Qualifying, und zwar ausgerechnet im ersten Sektor, in dem er Nico Rosberg drei Zehntelsekunden abnimmt. "Die erste Kurve", sagt er stolz, "war hier immer meine Schwachstelle. Jetzt nicht mehr." Interessant: Die beiden Mercedes und Max Verstappen (Red Bull) meistern Q2 auf härteren Reifen, ...
... dafür hat Daniel Ricciardo (Red Bull) am Start mit seinen Supersofts einen Grip-Vorteil, den er zu nutzen weiß. Während Hamilton nach seinen akribischen Startübungen nach dem Suzuka-Malheur diesmal alles richtig macht und am besten wegkommt, ...
... schiebt sich Ricciardo auf der Innenbahn an Rosberg vorbei. Der wählt im Wissen, dass er inzwischen auch mit zweiten und dritten Plätzen Weltmeister werden kann, lieber die konservative Außenbahn. Übrigens genau wie 2015 - aber damals war das nicht freiwillig.
Nico Hülkenbergs toller siebter Startplatz ist für die Katz, weil ihn Sebastian Vettel in der ersten Kurve in den Williams von Valtteri Bottas schiebt. Kurios: Gegenstand der (letztendlich ergebnislosen) FIA-Untersuchung ist nicht Vettel, sondern Hülkenberg (Lenkung kaputt) und Bottas (Reifenschaden). Beide kommen ohne Strafe davon.
"Was für ein Idiot!", schimpft Sergio Perez über Daniil Kwjat, der ihm gleich in der ersten Runde ins Heck fährt und ihn umdreht. Kwjat beschwert sich, weil Perez seiner Meinung nach gegen die (neue) Regel verstößt, dass auf der Bremse die Spur nicht gewechselt werden darf. Am Ende wird Perez trotzdem Achter.
Eine Runde nach Verstappen, der überraschend früh von Soft auf Soft wechselt, kommt nur Rosberg zum Service, obwohl beiden Mercedes-Fahrern das Kommando "Box!" gefunkt wird. Rosberg hat Glück, dass Kimi Räikkönens Undercut-Versuch scheitert, weil er von einem McLaren aufgehalten wird - und wechselt im Gegensatz zu Hamilton auf Medium.
Verstappen macht im Kampf um P5 (in Führung, weil noch nicht an der Box gewesen: Vettel) kurzen Prozess und lässt Räikkönen mit einem sehenswerten Manöver stehen. "So wird das gemacht!", funkt er danach voller Selbstbewusstsein - und schickt sich an, Jagd auf Ricciardo und Rosberg zu machen.
Romain Grosjean holt für das US-amerikanische Haas-Team beim Heimspiel immerhin einen WM-Punkt, aber für Esteban Gutierrez endet das Rennen mit einer Schrecksekunde: Bremsdefekt nach 16 Runden. Zu dem Zeitpunkt liegt er nur knapp hinter seinem Stallgefährten.
Als Verstappen in Runde 20 erstmals in Rosbergs DRS-Fenster auftaucht, ermahnt ihn sein Team zu mehr Besonnenheit, um die Reifen zu schonen. Aber die Ansage quittiert der 19-Jährige mit jugendlicher Ignoranz: "Ich bin nicht hier, um Vierter zu werden!"
Wenig später kostet ihn jugendlicher Leichtsinn das Rennen: Verstappen vergisst, seine Box vorzuwarnen, dass er Reifen wechseln möchte, und überrascht seine Crew, die den Schaden noch in Grenzen hält und ihn in 9,2 Sekunden abfertigt. Aber das wirft ihn hinter die beiden Ferraris zurück, ...
... und in der 29. Runde ist dann Endstation: Getriebeschaden. Für die unnötigen Fehler gibt's nach dem Rennen eine Schelte von Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko - auch wenn sich Verstappen, seinem Alter voraus, bei jedem Mechaniker einzeln entschuldigt.
Doppelt bitter: Das virtuelle Safety-Car, von Verstappen ausgelöst, nutzt Mercedes zum Doppelstopp, der Rosberg an Ricciardo vorbeibringt. Von da an fahren die Silberpfeile ungefährdet ihrem fünften Doppelsieg entgegen. Als die Strecke wieder freigegeben wird, hat Rosberg über zehn Sekunden Rückstand auf Hamilton.
Aus dem Ferrari-Strategieduell (Räikkönen nach Boxenstopp zwar hinter Vettel, aber mit frischeren und weicheren Reifen) wird nichts: Beim Reifenwechsel des "Iceman" verkantet hinten rechts die Radmutter, und als er losfährt, bleibt der Schlagschrauber stecken. Räikkönen muss aufgeben, Ferrari kassiert 5.000 Euro Strafe.
Die Kollision zwischen Felipe Massa (Williams) und Fernando Alonso (McLaren) im Kampf um Platz sechs bleibt von der Rennleitung ungeahndet. Massa, der kurzzeitig eine Chance auf P5 wittert, handelt sich dabei auch noch einen Reifenschaden ein und beendet den Grand Prix letztendlich als Siebter.
Alonso macht nun Jagd auf Landsmann Carlos Sainz, der ihm mit dem 2015er-Ferrari-Motor so vorkommt, als habe er auf den Geraden "einen Fallschirm" an den Toro Rosso gespannt. Beim entscheidenden Manöver muss sich Alonso aber ganz schön strecken. Sainz freut sich indes auch über den sechsten Platz.
Kurios: Vettel kommt zwei Runden vor Schluss ohne jede Not noch einmal an die Box. Für einen Safety-Car-Poker ist es da längst zu spät, aber es reicht noch für die schnellste Runde im Rennen: 1:39.877 Minuten.
Rosberg verkürzt den Abstand im Finish von über zehn auf 4,5 Sekunden, wirklich gefährlich wird er Hamilton aber nicht mehr. Dass sich der um seinen Motor sorgt, fällt für Mercedes-Sportchef Toto Wolff in die Kategorie Phantomschmerzen. Nach Austin steht fest: Rosberg hat bereits in Mexiko den ersten WM-Matchball.
So feiern Champions: Hamiltons illustre Gäste in Austin schließen unter anderem Ski-Ass Lindsey Vonn und Tennis-Champion Venus Williams ein. Mehr als alle verbleibenden Rennen zu gewinnen, hat der Titelverteidiger jetzt ohnehin nicht mehr selbst in der Hand.
Das war das Formel-1-Rennen in Austin: Hamiltons souveräner Sieg und Verstappens jugendlicher Leichtsinn