Das war das Formel-1-Rennen in Barcelona 2016: Crash bei Mercedes, Vettels Strategiefehler, Verstappens Sternstunde
Helmut Marko ist der heimliche Sieger des Grand Prix von Spanien: Sechs Jahre nach Sebastian Vettel in Monza gewinnt wieder eine seiner "Erfindungen" zum ersten Mal ein Formel-1-Rennen - und die Experten sind sich sicher, dass das nicht der letzte Streich des erst 18-jährigen Max Verstappen bleiben wird.
Bis Q1 dominiert Seriensieger Nico Rosberg, der in Barcelona um seinen achten Triumph hintereinander kämpft, das Wochenende. Aber in Q2 und Q3 packt Lewis Hamilton den Hammer aus und sichert sich überlegen die Pole-Position. Überraschend: Ferrari steht nach starker Performance am Freitag nur in Reihe drei.
Zunächst läuft wieder alles für Rosberg: Besserer Start als Hamilton, außen in der ersten Kurve schon in Führung!
Dahinter schnappt sich Sebastian Vettel nicht nur den vor ihm losgefahrenen Teamkollegen Kimi Räikkönen (der kurzzeitig nur auf Platz acht liegt), sondern auch Verstappen.
Dann der große Crash vor Kurve 4: Weil bei Rosberg ein falscher Motorenmodus aktiv ist, fehlen ihm die 160 Hybrid-PS - und der Schwung beim Beschleunigen. Hamilton bleibt normal auf dem Gas, fährt beinahe auf, schert nach rechts in die Wiese...
... und verliert dort die Kontrolle. Beide fliegen ab und scheiden aus. "Spa 2014 all over again", lauten die ersten Schlagzeilen. Die FIA-Kommissare finden: Rennunfall, kein eindeutiger Schuldiger. Den sieht teamintern nur Niki Lauda. In Hamilton. Und die Fans freuen sich auf ein spannendes Rennen: Wie Bundesliga ohne FC Bayern!
Unmittelbar nach dem Crash würdigen sie sich keines Blickes, auf getrennten Rollern geht es zurück zum Team. In Einzelgesprächen reinigt das Management die Luft. Als alle wieder aus dem Meeting kommen, entschuldigt sich Hamilton bei 1.300 Mitarbeitern für 43 verlorene Punkte - will das aber nicht als Schuldeingeständnis verstanden wissen.
Bevor das Safety-Car das Feld einfängt, reibt sich Red-Bull-Motorsportkonsulent Marko schon die Hände: Daniel Ricciardo führt vor Verstappen und Carlos Sainz, der Puffer spielen und die beiden Ferraris aufhalten kann. Das sollte später rennentscheidend werden.
In der siebten Runde zeigt sich Vettel erstmals formatfüllend in Sainz' Rückspiegel, ...
... in der achten geht er vorbei: Erst links, dann rechts, bis es schließlich klappt. Aber zu dem Zeitpunkt hat er auf Leader Ricciardo schon 6,0 Sekunden Rückstand. Bei freier Fahrt zeigt sich jedoch, dass der Ferrari unter Rennbedingungen das deutlich schnellere Auto ist als der Red Bull.
Räikkönen braucht zwei Versuche, um ebenfalls an Sainz vorbeizugehen. In Runde acht noch weniger als eine halbe Sekunde hinter dem Teamkollegen, sind es in Runde zehn, endlich vorbei am Toro Rosso, schon deren 3,7.
Premiere in der Formel 1: Als Ricciardo in der elften Runde an die Box kommt und von Soft auf Medium wechselt, führt erstmals ein Niederländer einen Grand Prix an. Vor dem Stopp beträgt der Red-Bull-interne Abstand 1,6 Sekunden, danach 3,9. Das beweist: Der frühere Boxenstopp gewinnt.
In der 21. Runde ist Endstation für Nico Hülkenberg: Ein Öl-Leck führt zu einem Feuer, das er selbst löschen muss, weil sich die Streckenposten ungeschickt anstellen. Sergio Perez fährt für Force India als Siebter erneut in die Punkte - mit einer formidablen Leistung. "The Hulk" gerät zunehmend unter Druck.
Ferrari ändert die Strategie - und stellt das Rennen auf den Kopf: Vettel kommt in der 29. und 37. Runde zum Reifenwechsel, fährt einen extrem kurzen dritten Stint. Spitzenreiter Ricciardo reagiert erst sechs Runden später - und kommt 7,8 Sekunden hinter dem Deutschen auf die Strecke zurück, hat aber die um sechs Runden frischeren Reifen.
Zwischendurch scheidet Lokalmatador Fernando Alonso an zwölfter Stelle liegend aus, weil die Software fälschlicherweise an den Verbrennungsmotor sendet, er möge sich bitte abschalten. McLaren holt durch Jenson Button (9.) zwei Punkte, aber Placido Domingo, der Podium-Interviewer, ist traurig: "Fernando ist ein Freund von mir!"
Ricciardo vernichtet im Finish die acht Sekunden Rückstand auf Vettel, ist ab Runde 55 dran, packt in Runde 57 (von 66) in der ersten Kurve die Brechstange aus - und kann die Linie nicht halten. "Ehrlich, was tun wir hier? Racing oder Pingpong?", schimpft Vettel am Boxenfunk.
Möglicherweise eine Folge mehrmaliger Verbremser bei Attacken gegen Vettel? Wie dem auch sei: In der vorletzten Runde platzt Ricciardos linker Hinterreifen (genau wie bei einem Renault im Training), ...
... aber er hat genug Vorsprung, auf gleicher Höhe mit dem fünftplatzierten Valtteri Bottas wieder auf die Strecke zu kommen. Ricciardo verliert die Chance auf das Podium, bleibt Vierter - und sagt später: "Ich bin nicht traurig, dass Max da oben auf dem Treppchen steht. Ich bin traurig, dass ich es nicht bin."
Das zweite Duell Red Bull vs. Ferrari ist weniger dramatisch: Räikkönen fährt 4,5 Sekunden Rückstand auf Verstappen nach seinem zweiten Boxenstopp binnen neun Runden zu - schafft es aber in über 20 Runden nicht, auch nur eine einzige Attacke zu reiten. Verstappen behält die Nerven...
... und feiert seinen ersten Grand-Prix-Sieg - am Ende mit 32 Runden alten Medium-Reifen! Symbolisch die Auslaufrunde an der Seite seines Toro-Rosso-Nachfolgers Daniil Kwjat, der ebenfalls im Siegerauto sitzen hätte können. Wie diese beiden Karrieren wohl weiter verlaufen werden?
Das war das Formel-1-Rennen in Barcelona 2016: Crash bei Mercedes, Vettels Strategiefehler, Verstappens Sternstunde