Glitzer-Grand-Prix mit Überholverbot und nostalgischem Flair: Warum die Formel-1-Piloten Monaco lieben oder hassen
Am kommenden Wochenende steht der Rennklassiker Nummer eins auf dem Formel-1-Programm: Monaco! Beim Glitzer-Grand-Prix, der Stars und Sternchen auf die Jachten im Hafen sowie in die mondänen Restaurants und Cafés rund um die Strecke lockt, reizt das Drumherum fast noch mehr als der Motorsport.
"Es ist ein Spaß-Wochenende", sagt Fernando Alonso (McLaren), der mehr Verpflichtungen mit VIPs und Sponsoren zu erledigen hat als sonst. Sein Teamkollege stimmt zu: "Alles so glamourös", findet Jenson Button. "Die Leute machen jeden Abend Party in der Rascasse."
Dass von Champagner-Flaschen und Cocktail-Häppchen nichts mehr auf der Bahn liegt, wenn am nächsten Tag die Formel 1 durchrauscht, wundert Button nicht: "Notfalls asphaltieren sie hier über Nacht mal schnell die Strecke neu. Das gibt es nirgends sonst - großartig!" Denn am Kleingeld fehlt es nicht...
Das Superreichen-Paradies Monaco ist nach der Vatikanstadt der zweitkleinste Staat der Erde - und einer derjenigen mit der höchsten Bevölkerungsdichte. Auf einen Quadratkilometer kommen 18.700 Menschen. Einkommens- und Erbschaftssteuer gibt es nicht. Fast vier Fünftel der Bevölkerung sind Ausländer.
Dazu gehören viele Formel-1-Piloten. Auch Daniil Kwjat (Toro Rosso) ist an der Cote d'Azur zu Hause. Er sagt: "Es ist ein ungewöhnliches Gefühl, in der eigenen Wohnung aufzuwachen und an die Rennstrecke zu spazieren. Es dauert gerade sieben, acht Minuten, ehe ich im Fahrerlager bin und mit den Ingenieuren sprechen kann."
Und wie hoch ist die Miete? "Sage ich nicht. Aber es ist in Ordnung", lacht Kwjat. Der Wahl-Monegasse Felipe Massa (Williams) "trainiert" öfter auf der Strecke. "Ich fahre dort, wenn sie eine normale Straße ist", schmunzelt er. "Dann ist sie plötzlich eine Rennbahn. Es ist Wahnsinn, dass wir da mit 300 km/h durchdonnern."
Doch Tempo ist längst nicht alles. In Monaco braucht es so viel Abtrieb wie auf keiner anderen Bahn des Jahres. Die Qualität des Chassis' zählt in den langsamen Kurven mehr als pure Antriebspower, was Teams wie Red Bull oder McLaren auf den Plan rufen könnte. Vorausgesetzt, es klappt auch im Qualifying...
Denn nur 20 von 62 Grand-Prix-Siegen in Monaco wurden nicht aus der ersten Startreihe erzielt. "Das Qualifying ist wichtig, aber das ist es mittlerweile überall", sagt Kimi Räikkönen (Ferrari). "Man läuft hier aber eher Gefahr, in den Verkehr zu geraten." Problemloses Durchwinken gibt es kaum - selbst wenn der Vordermann mitspielt.
"Aber nur, weil es Monaco ist, muss man nicht alles anders machen", stellt der Finne klar. Den Leitplanken-Dschungel erachtet Valtteri Bottas (Williams) ohnehin eher als mentale denn als physische oder strategische Herausforderung: "Es ist so eng, dass man nicht für eine Sekunde die Konzentration verlieren darf."
Die Besten fahren in Monaco so, dass zwischen Rad und Leitplanke kein Blatt Papier passt - oder es sanften Kontakt gibt. Besonders belastet werden daher die Radaufhängungen. Wer es übertreibt, zerstört sein Auto. Auch im Fahrerlager gibt es kaum Platz: Red Bull lagert seine Hospitality auf eine schwimmende Plattform aus.
Mit 3,340 Kilometern Länge ist der Kurs auch der kürzeste des Jahres. Unebenheiten, Kanaldeckel und Fahrbahnmarkierungen sind ein Unikum, Bremspunkt merkt man sich anhand von Geschäften. Die meisten Teams bringen daher verstärkte Teile mit. "Hier ist keine Runde perfekt, es gibt immer etwas", weiß Räikkönen.
Um Rennen nicht ständig über das Zwei-Stunden-Zeitlimit zu beenden, gibt es für Monaco eine Sonderregel: Die Renndistanz ist kürzer als die üblichen 300 Kilometer, nämlich nur über 260. Sprit frisst die Bahn wegen ihrer niedrigen Durchschnittsgeschwindigkeit kaum. Auch die Reifen werden geschont.
Deshalb verhilft Pirelli dem neuen Ultrasoft-Reifen zu seinem Debüt. Trotzdem ist kaum damit zu rechnen, dass der Pneu schnell in die Knie geht. Alles läuft auf Strategien mit einem Boxenstopp hinaus, was in Kombination mit der Schwierigkeit zu überholen, zu einem Langeweile-Rennen führen kann. Es sei denn, es regnet...
Lewis Hamilton macht Monaco noch Spaß: "Die modernen Auto zerstören das Vergnügen nicht. Es ist noch immer eines! Es nimmt einfach einen Stück der bloßen Spannung", sagt er. Alonso pflichtet bei: "Wenn man in Monaco gewinnt, dann ist das immer gewissermaßen ein Sieg für die Ewigkeit."
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