Warum der Albert Park den lautesten Wecker der Saison hat und wieso manche Frauen auf Bierbäuche fliegen
Ein Sieg in Melbourne ist ein gutes Omen: Seit 1996 bestreitet die Formel 1 in der 4,3-Millionen-Einwohner-Metropole im Bundesstaat Victoria ihren Saisonauftakt (mit Ausnahme von 2010, als es eine Terminkollision mit den Commonwealth-Spielen gab). Seitdem wurde ein Dutzend der 20 Rennsiegern später Weltmeister. Erfolgsquote: 60 Prozent.
Austragungsort des Grand Prix ist der Albert Park, der an den 362 überigen Tagen des Jahres ein Naherholungsgebiet ist. Obwohl auf der 5,303 Kilometer langen Bahn sonst nur Volkswagen und Fahrräder cruisen, sieht alles aus wie eine permanente Rennstrecke: Kiesbetten, Auslaufzonen, lange Geraden und schnelle Kurven.
Erster Albert-Park-Sieger war 1996 Damon Hill, anschließend hörten elf weitere Piloten an Ort und Stelle ihre Hymne. Sechs aktive Piloten haben einen entsprechenden Erfolg in ihrer Vita: Alle noch aktiven Weltmeister plus Nico Rosberg. Der jüngste Sieg eines Ruheständlers ist elf Jahre her und geht auf das Konto des Giancarlo Fisichella.
Bei den Fahrern ist nicht nur der Kurs beliebt. "Es fährt jeder gerne hin", sagt Williams-Pilot Felipe Massa über den fünften Kontinent und seine zweitgrößte Stadt nach Sydney. "Unglaublich" findet Melbourne der deutsche Neuling Pascal Wehrlein. Er schwärmt: "Ich bin mit meinem Physio durch den Park gejoggt und war im Meeresaquarium."
Zu Gesicht bekommen hat Wehrlein bis zu sieben Meter lange Salzwasserkrokodile, harmlose Sandtiegerhaie, bis zu 16 Kilo schwere Kaiserpinguine, mit einem Metalldetektor ausgestattete Fuchshaie und Dickbauchseepferdchen, bei denen ein üppiger Bauch die Männchen attraktiv macht - aber das nur am Rande.
Obwohl er aus Perth - von der Westküste des Kontinents - stammt, hat Daniel Ricciardo sein Heimspiel ins Herz geschlossen: "Es wird nie langweilig", sagt der Red-Bull-Star. "Melbourne ist cool, wenn die Sonne scheint. Alle sind euphorisch, es sind immer Autos auf der Strecke. Heute Morgen hat mich ein V10-Doppelsitzer geweckt."
Apropos Sonnenschein: Mit dem beginnen laut Romain Grosjean auch die meisten Runden im Albert Park. "Auf dem Weg zu Kurve eins strahlt einem immer die Sonne in die Augen", sagt der Franzose vor dem Hintergrund europafreundlicher Startzeiten am späten Nachmittag in Australien. Er mag die Strcke dennoch: "Eine meiner Lieblinge."
Über die Passage zu Beginn sagt Haas-Teamkollege Esteban Gutierrez: "Du musst schnell reagieren. Man geht auf das Gas und das Heck bricht aus, was ein tolles Gefühl ist." Force-India-Pilot Sergio Perez ist nach der Winterpause gewarnt: "Du kannst es dir auf der Strecke nicht leisten, eingerostet zu sein. Fehler verzeiht die Bahn nicht."
Einen durstigen Motor überigens auch nicht: Melbourne ist trotz eines Vollgasanteils von nur 61 Prozent die Bahn mit dem dritthöchsten Spritverbrauch im Kalender (nach Monza und Mexiko-Stadt). Die vielen Beschleunigungsmanöver aus langen Ecken fressen Benzin.
Genügend Zeit für einen Seitenblick hat Max Verstappen. "In Kurve zehn sieht man die Fans, die dort auf dem Rasen sitzen. Sie sind so leidenschaftlich und es freut einen, das zu sehen", so der Toro-Rosso-Youngster. "Und es lässt sich auch noch etwas von der wunderschönen Stadt erkennen."
Doch wo lässt sich überholen? "Immer schwierig", findet Perez. "Die besten Stellen sind die Kurven drei und 13." Nico Hülkenberg verweist darauf, dass bei der zweiten Möglichkeiten eine gelungene Fahrt durch die Highspeed-Schikane zuvor nötig ist: "Da lässt sich Zeit gutmachen oder richtig viel einbüßen."
Das Wetter im australischen Sommer ist übrigens ein unsicherer Verbündeter. Obwohl es richtig heiß werden kann, regnet es in Melbourne öfters und die Luftfeuchtigkeit steigt rapide an.
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