Wie künstliches Vogelgezwitscher, klebrige Limonade und Arabiens Antwort auf Las Vegas den Nacht-Grand-Prix prägen
Hier werden Träume aus Tausendundeiner Nacht wahr - im wahrsten Sinne des Wortes: In Bahrain findet seit 2004 nicht nur das erste Formel-1-Gastspiel im Nahen Osten statt, sondern seit dem zehnjährigen Jubiläum des Grand Prix' das dritte Flutlicht-Rennen. Energie im Überfluss sei Dank.
Im Paddock, wo zwischen Palmen Dauer-Vogelgezwitscher aus Lautsprechern für orientalisches Retortenflair sorgt, fühlen sich Piloten wohl: "Wie in Tausendundeiner Nacht", sagt Nico Hülkenberg (Force India). Romain Grosjean (Haas) fügt an: "Es gibt immer einen Grillabend, der für Gemeinschaftsgefühl im Fahrerlager sorgt."
Schauplatz der Formel-1-Show ist der International Circuit vor den Toren der Hauptstadt Manama, die bei Einbruch der Dunkelheit anmutet wie die nahöstliche Antwort auf Las Vegas und ein Vergnügungspark für reiche Grenzpendler aus Saudi-Arabien ist. Denn es gibt nur 1,3 Millionen Bahrainis!
Nicht erst seit der Rennabsage 2011 infolge der Unruhen im Rahmen des "Arabischen Frühlings" sorgt das autokratisch regierte Königreich auch für Kontroverse: Nur in 17 Ländern der Welt gibt es noch weniger Pressefreiheit. Und an kaum einer anderen Strecke sind die Sicherheitskontrollen so scharf.
Zum Motorsport: An der 5,412 Kilometer langen Strecke scheiden sich die Geister. "Nicht die spannendste Bahn", unkt Kevin Magnussen (Renault). Die langen Geraden treiben Max Verstappen (Toro Rosso) in den Wahnsinn: "Kein schönes Gefühl", sagt der Teenager. "Du sagst dir innerlich: 'c'mon, c'mon!'. Es ist frustrierend."
Doch es gibt Bahrain-Fans: "Weil du ganz wunderbar überholen kannst", freut sich Weltmeister Lewis Hamilton (Mercedes) auf den DRS-Einsatz. Grosjean will sich von dem eher simplen Layout nicht täuschen lassen: "Alles sieht sehr technisch aus, aber ich liebe die Strecke!" Daniil Kwjat (Red Bull) spricht von "einer Herausforderung".
Das ist - zumindest am Tag - auch trockener Hitze und brennender Wüstensonne geschuldet. Fernando Alonso (McLaren) juckt das nicht: "Ich wohne in Dubai und kenne das Klima." Brasilianer Felipe Nasr (Sauber) ist dank orientalischer Gene im Vorteil: "Von meinem Großvater her habe ich libanesische Wurzeln."
Doch nicht nur die Hitze, auch Sandstürme sind ein Extrem in Sachen Wetter - deshalb mussten schon Testfahrten abgesagt werden! Freitags ist die Bahn wegen der wandernden Wüste außerdem sehr stark verschmutzt.
Auch für die Technik ist Bahrain ein Härtetest: "Die Bremsen sind hier unter hoher Belastung, weil man sehr oft von Highspeed runterbremst", warnt Hülkenberg und erinnert an ein Mercedes-Drama 2015. "Mit dem Spritverbrauch geht es." Dafür treibt der raue Asphalt die Reifen an die Grenze der Belastbarkeit.
Doch die Nachtschicht hat Auswirkungen auf die Gummis: Fallende Temperaturen bei Einbruch der Dunkelheit sorgen dafür, dass das ihr Verhalten kaum vorherzusehen ist. Das erste und das dritte Freie Training bei Tageslicht seien "nicht ganz repräsentativ", mahnt Mercedes-Technikchef Paddy Lowe.
Der Lohn für die Mühen ist in Bahrain besonders groß - in zweifacher Hinsicht: "Wenn man das Podium erreicht, erhält der Fahrer eine kleine Replika des Pokals, die er behalten darf", freut sich Grosjean, nicht sämtliches Tafelsilber an das Team abdrücken zu müssen.
Allerdings gibt es keinen Champagner: Im islamisch geprägten Land wird nicht französische Edelbrause, sondern die süßlich duftende, pappsüße und extrem klebrige Rosenlimonade Warrd verspritzt. "Ich dufte wie eine Frau", bemerkte Jenson Button (McLaren) einst.
Dafür ist ein Erfolg ein gutes Omen für die Karriere: Bei den vergangenen elf Austragungen gewann neun Mal ein früherer oder späterer Weltmeister. Neben Lewis Hamilton, Sebastian Vettel, Fernando Alonso, Jenson Button und Michael Schumacher reihte sich nur Felipe Massa als Nicht-Champion in die Liste ein.
Alonso ist der einzige Pilot, der in Sachir dreimal erfolgreich war und kurioserweise auch der einzige Fahrer, der das Rennen für zwei verschiedene Teams gewann: nämlich für Renault und für Ferrari.
Wie künstliches Vogelgezwitscher, klebrige Limonade und Arabiens Antwort auf Las Vegas den Nacht-Grand-Prix prägen