Beim Europaauftakt in Barcelona herrschen 2014 trotz zahlreicher Updates noch immer klare, Mercedes-dominierte Verhältnisse
In den drei Wochen zwischen Schanghai und Barcelona hatten die Teams reichlich Zeit vor dem Auftakt der Europasaison 2014 neue Teile zu entwickeln. Diese werden am Freitag erst mal auf Herz und Nieren getestet. Im Fall von Ferrari, hier mit Lokalmatador Fernando Alonso, unter Einsatz von FloViz-Schmierfarbe. Diese dient dazu, Luftströmungen anzuzeigen und die Daten aus dem Windkanal in der Praxis zu überprüfen.
Katastrophal indes der Trainingsauftakt von Sebastian Vettel: Wegen eines Kurzschlusses in der Elektrik ist plötzlich der Strom weg - und was zunächst noch nach einem leicht behebbaren Defekt aussieht, entpuppt sich später als durchgeschmorter Kabelbaum, der den Red-Bull-Piloten auch das gesamte zweite Freie Training kostet.
Also spitzt sich der Kampf um die Pole-Position wieder einmal auf ein Duell der Silberpfeile zu, und obwohl Rosberg kurzzeitig schon Morgenluft wittert, als er in Q1 und Q2 Bestzeit fährt und Hamilton noch dazu klagt, man habe sich bei seinem Auto mit dem Setup verirrt, packt der Brite im entscheidenden Moment doch wieder eine seiner berühmten Samstags-Performances aus: 35. Pole-Position, 0,168 Sekunden vor Rosberg, eine Sekunde vor dem Rest der Welt.
Für Vettel geht das Katastrophen-Wochenende weiter: Zwar schafft er zumindest den Sprung ins dritte Qualifying, aber ein Getriebeschaden verhindert, dass er auch nur eine einzige Zeit setzen kann. Und weil das Getriebe in der Nacht auf Sonntag gewechselt werden muss, versetzt ihn die FIA auch noch vom zehnten auf den 15. Startplatz zurück.
Pastor "Crashdonado" hingegen ist selbst daran schuld, dass er nicht mit seinem Lotus, sondern per Scooter zurück an die Box kommt: Der Venezolaner wirft sein Auto gleich beim ersten Q1-Versuch weg und scheidet damit gemeinsam mit den beiden Marussia- und Caterham-Piloten sowie Adrian Sutil aus.
Start zum Grand Prix von Spanien: Rosbergs Plan, vor der ersten Kurve an Hamilton vorbeizugehen, scheitert. Dahinter kommt Williams-Überraschungsmann Valtteri Bottas gut weg und biegt vor Daniel Ricciardo (Red Bull) in die erste Kurve ein. Romain Grosjean behauptet trotz qualmender Reifen (schon im Training hatte er ständig über Bremsprobleme geklagt) Platz fünf vor den Ferraris.
Vettel verliert zunächst sogar eine Position, ist nach der ersten Runde aber zumindest 14. - und bleibt dort erst einmal, weil ihm der nötige Top-Speed fehlt, um Jenson Button zu überholen. Bei der vorangegangenen Berührung mit dessen McLaren-Teamkollege Kevin Magnussen bleibt sein Red Bull unbeschädigt.
An der Spitze herrschen klare Verhältnisse: Bereits nach drei Runden führt Hamilton 1,9 Sekunden vor Rosberg und 4,1 Sekunden vor Bottas. Schon jetzt ist klar: Mercedes kann sich auch im fünften Saisonrennen nur selbst schlagen. Und wenig deutet darauf hin, dass Rosberg realistische Siegchancen haben könnte.
Weiter hinten ist es wieder einmal Maldonado, der bei einer Kollision mit Marcus Ericsson (Caterham) seinem schlechten Ruf gerecht wird. Aber die Rennleitung schaut genau hin und spricht dafür eine Fünf-Sekunden-Strafe aus, verpasst ihm nach dem Rennen obendrein einen Strafpunkt. Zumindest in dieser Wertung ist der Lotus-Pilot damit Tabellenführer.
Im Vorderfeld zeichnet sich schon nach wenigen Runden ab, dass Ricciardo schneller fahren kann als Bottas. Der Red-Bull-Pilot setzt zur Attacke an, scheitert aber - und steckt daraufhin auf Anweisung seiner Box erst einmal zurück. Die Strategie, den ersten Boxenstopp vorzuziehen, geht aber voll auf. Danach fährt Ricciardo dem Podium ungefährdet entgegen.
Teamkollege Vettel hat am Ende der elften Runde (an 13. Stelle liegend) schon 38,9 Sekunden Rückstand, als er an die Box kommt, um endlich freie Fahrt zu haben. Und im Gegensatz zu Ricciardo bleibt er nicht auf Medium-, sondern wechselt auf die Hard-Reifen von Pirelli. Eine Rechnung, die aufgehen sollte - auch wenn er zunächst auf den vorletzten Platz zurückfällt.
Rosberg tut es Vettel gleich und lässt für den zweiten Stint - entgegen der Empfehlung des Reifenherstellers - ebenfalls die härtere Gummimischung aufziehen. Die Rechnung ist einfach: Kann er den Rückstand vor dem zweiten Boxenstopp innerhalb von drei Sekunden halten, dann sollte er für den letzten Stint mit den weicheren Reifen gegen Hamiltons härtere Pneus im Vorteil sein.
Hinter den Top 4 tut sich inzwischen Grosjean immer schwerer, seinen Ex-Teamkollegen Kimi Räikkönen hinter sich zu halten. Schlussendlich muss er beide Ferraris passieren lassen. Was Räikkönen im Nachhinein ärgern sollte: Alonso stellt in jener Phase seine Strategie um, von zwei auf drei Stopps. So hat der "Iceman" im Finish keine Chance gegen seinen heranfliegenden Teamkollegen mit den frischeren Reifen und zieht im Kampf um Platz sechs den Kürzeren.
Sorgen, die Jean-Eric Vergne gerne hätte: Nachdem er wegen eines losen Rads im Freien Training im Qualifying um zehn Positionen zurückversetzt wurde, de facto also in die letzte Startreihe, muss er im Rennen mit einem defekten Auspuff aufgeben. Trösten kann er sich damit, dass diesmal auch der zweite Toro-Rosso-Junior Daniil Kwjat leer ausgeht.
Nico Hülkenberg hat in der 39. Runde noch 2,3 Sekunden Vorsprung auf Sergio Perez im zweiten Force India, in der 50. Runde muss er den Mexikaner dann aber passieren lassen. Als Neunter und Zehnter sammeln beide Force-India-Piloten WM-Punkte. Trotzdem zeichnet sich ab: Nach dem sensationellen Saisonbeginn ziehen die reicheren Topteams im Entwicklungsrennen langsam davon.
Lokalmatador Alonso hat nach dem dritten Boxenstopp keine Chance mehr, Vettel hinter sich zu halten, fährt aber den sechsten Platz sicher ins Ziel. Ferrari hat damit seit einem Jahr kein Rennen mehr gewonnen.
Auch Vettel würde lieber gewinnen, als Vierter zu werden, aber zumindest stellt er mit seinem furiosen Sturmlauf unter Beweis, dass er das Rennfahren nicht verlernt hat. Selbst Bottas ist im Finish trotz Mercedes-Power nur Kanonenfutter - und auf Ricciardo fehlen am Ende 27,7 Sekunden.
Der freut sich derweil über sein zweites Podium nach dem Saisonauftakt in Melbourne, wo er disqualifiziert wurde - und witzelt: "Es ist schön, auf dem Podium zu stehen, und ich bin mir sicher, dass ich es diesmal auch behalten darf!"
Die Siegesfeier der Sterne: Hamilton plaudert locker-lässig mit Interviewer Eddie Jordan (übrigens ein Nachbar der beiden Mercedes-Fahrer in Monte Carlo), während der geschlagene Rosberg bedröppelt daneben steht. Man spürt: Der Deutsche kann es nicht mehr allzu lange ertragen, immer nur Zweiter zu werden. Und die WM-Führung ist er auch erstmals in diesem Jahr los: 97:100 Punkte nach fünf von 19 Rennen.
Beim Europaauftakt in Barcelona herrschen 2014 trotz zahlreicher Updates noch immer klare, Mercedes-dominierte Verhältnisse