Das war das Formel-1-Rennen in Silverstone 2015: Lewis Hamiltons strategischer Triumph und Williams' Niederlage
Silverstone wie es leibt und lebt: 140.000 Zuschauer bejubeln den dritten Sieg von Lewis Hamilton beim Heimspiel. Das Home of British Motor Racing erlebt das bisher spannendste Saisonrennen 2015 - und feiert im Anschluss eine riesige Gartenparty.
Die beginnt schon am Samstag: Trotz Rosberg-Bestzeiten in Q1 und Q2 sichert sich Hamilton die 46. Pole-Position seiner Karriere und macht sich damit zum besten Qualifyer im aktuellen Starterfeld.
Für Felipe Nasr endet der Arbeitstag noch bevor er richtig beginnen kann: Getriebeschaden auf dem Weg in die Startaufstellung. Marcus Ericsson schrammt als Elfter um 4,2 Sekunden an einem WM-Punkt vorbei. Sauber geht damit zum dritten Mal hintereinander leer aus.
Raketenstart von Felipe Massa, auch Valtteri Bottas scheint schon an Polesetter Hamilton vorbei zu sein, ...
... doch es reicht nicht sofort zur Williams-Doppelführung, weil Bottas im Rad-an-Rad-Duell zurückstecken muss.
Restart in der vierten Runde: Unmittelbar nach der Safety-Car-Linie attackiert Hamilton Massa - und verbremst sich dabei so hart, dass er stattdessen sogar Bottas durchlassen muss.
Weiter hinten kommt Nico Hülkenberg gut weg, schiebt sich unter anderem an beiden Ferraris vorbei. Bis zu den ersten Boxenstopps ist der Force-India-Fahrer erster Verfolger des Spitzenquartetts, auch wenn er das Tempo der Führenden natürlich nicht mitgehen kann.
Die Lotus- und McLaren-Fahrer krachen sich gleich am Start gegenseitig in die Kiste und eliminieren sich fast komplett gegenseitig.
Wegen der Bergung des Fahrzeugs von Jenson Button muss das Safety-Car in der zweiten Runde auf die Strecke.
Nur Fernando Alonso übersteht den Crash, muss sich aber eine neue Nase abholen.
Schon nach wenigen Runden muss Massa Kampflinie fahren. Williams spricht zwar die Order aus, Positionen zu halten, doch Bottas ignoriert diese. "Wenn du schon überholen willst, dann ganz sauber", knickt der Williams-Kommandostand schließlich ein. Dank DRS saugt sich Bottas vor Stowe mehrmals auf gleiche Höhe, für ganz vorbei reicht es aber nicht.
Nach dem angetäuschten Boxenstopp in der 14. in der 19. dann der echte: Hamilton probiert es mit dem Undercut, kommt früher als seine direkten Gegner an die Box - und übernimmt dadurch die Führung im Grand Prix. Unter frenetischem Jubel.
Eine Runde später braucht Massas Crew beim Wechsel von Medium auf Hart etwas länger als die von Rosberg. Der Williams-Pilot gewinnt aber das Beschleunigungsduell in der Boxenstraße und bleibt zumindest Zweiter. Vor Bottas, der noch eine Runde später reinkommt.
Während Hamilton an der Spitze seinen Speed endlich voll ausfahren kann und binnen weniger Runden fünf Sekunden Vorsprung aufbaut, geht weiter hinten Sebastian Vettel an Kimi Räikkönen vorbei. Die beiden Ferraris haben schon zuvor dank ihrer besseren Strategie Hülkenberg hinter sich gelassen. Räikkönens Poker mit dem frühen Wechsel auf Intermediates geht aber nicht auf.
Obwohl es allmählich zu regnen beginnt, als Carlos Sainz mit seinem Ausfall eine virtuelle Safety-Car-Phase auslöst. Es ist ein schwarzer Tag für Red Bull: Bei Sainz streikt die Elektrik, Max Verstappen schmeißt den Toro Rosso weg, bei Daniel Ricciardo geht die Motorsteuerung ein. Nur Daniil Kwjat holt als Sechster WM-Punkte.
Bei einsetzendem Regen ist plötzlich Rosberg der Mann des Augenblicks: Erst schnappt er sich Bottas, dann Massa - und macht Jagd auf Hamilton, dem er innerhalb von zwei Runden fünf Sekunden abnimmt.
Doch die Entscheidung bringen die Boxenstopps: Hamilton timt den Wechsel von Hart auf Intermediate am besten und gewinnt damit das Rennen, während sich die Williams verzocken und sogar hinter Vettel zurückfallen.
Alonso muss zwar sogar gegen die langsamsten Autos im Feld kämpfen, holt aber immerhin seinen ersten WM-Punkt seit der Rückkehr zu McLaren. Trotzdem ist das verwöhnte Erfolgsteam von einst am Tiefpunkt. Ron Dennis schimpft Eddie Jordan, der seinen Rücktritt fordert, als "Dorftrottel".
Vettel hingegen holt das sechste Podium im neunten Rennen - und hat in der Weltmeisterschaft weiterhin lediglich 42 Punkte Rückstand auf den zweitplatzierten Rosberg. Das ist umgerechnet "nur" ein Sieg und ein zweiter Platz.
Rosberg, in der schwierigen Schlussphase genau wie Hamilton neben der Strecke, bleibt nur, dem Teamkollegen wieder zu gratulieren. Und stellt dabei fest, dass die Sieger nur bis 2005 in den BRDC-Pokal eingraviert sind. Alle späteren Sieger befinden sich auf dem Sockel, der für die Podiumszeremonie abmontiert wird. In der Weltmeisterschaft wächst sein Rückstand auf 17 Punkte an.
Das war das Formel-1-Rennen in Silverstone 2015: Lewis Hamiltons strategischer Triumph und Williams' Niederlage