Barcelona
Fiesta española dank Fernando Alonso hieß es 2013 auf der iberischen Halbinsel: Es ist mitterweile fast schon Tradition, dass der Spanien-Grand-Prix in Barcelona die Europa-Saison des Formel-1-Kalenders einläutet. Eine nicht ganz so alte Paddock-Weisheit besagt: Wer auf dem Circuit de Catalunya schnell ist, der ist es auch den Rest der Saison über.
Im vergangenenen Jahr täuschen sich die Wahrsager allerdings mächtig, obwohl Sebastian Vettel als WM-Führender mit Sieg und Wüstensand aus Bahrain in den Rennstiefeln anreist.
Die Pole-Position für den fünften Saisonlauf sichert sich am Samstag noch Nico Rosberg. Lewis Hamilton komplettiert eine erste Startreihe komplett in Silber. "Erste Reihe mit beiden Fahrzeugen, Nico auf der Pole-Position - einen besseren Samstag kann es nicht geben", jubelt Motorsport-Chef Toto Wolff. Jedoch ist vielen im Fahrerlager schon am Vorabend des Rennens klar, dass das Bild täuscht.
Weil der Mercedes zu diesem Zeitpunkt der Saison im Qualifying zwar teuflisch schnell, im Rennen aber ein wahrer Reifenfresser ist, kommt Vettel die Favoritenrolle zu. Überhaupt dominiert die Diskussion um die Pirelli-Pneus die Szenerie.
Auch mit Kimi Räikkönen im Lotus rechnen die Experten, schließlich scheinen die Schwarz-Goldenen den Anti-Silberpfeil gebaut zu haben. Ausbaufähig im Zeittraining, aber ein Dauerlutscher im Rennen: Kaum einer "flüstert" so mit dem Gummi wie der Finne.
Sicherheitsbedenken gibt es auch noch. Wegen eines Zwischenfalls bei Force-India-Pilot Paul di Resta am Freiag: Der Schotte biegt auf die Zielgerade ein, als sich an seinem rechten Medium-Hinterreifen nach einer Fahrt über elf Runden plötzlich die Lauffläche ablöst. Er muss sein Auto am Ende der Boxenmauer abstellen.
An den Vorfall denkt niemand mehr, als die Ampeln am Sonntagnachmittag um 14:03 Uhr auf Grün springen: Rosberg verteidigt die Führung zunächst, während es hinter ihm so richtig zur Sache geht...
Vettel und Alonso kassieren Hamilton, für den fortan eine Leidenszeit beginnt. Viermal ruft Mercedes seinen Star an die Box, er wird von den Konkurrenten umfahren wie eine Pylone auf dem ADAC-Übungsplatz.
Es geht schließlich zurück bis auf Rang zwölf. "Ein schwieriger Nachmittag für mich - zurückzufallen macht niemals Spaß", so ein hörbar angefressener Hamliton nach dem Rennen.
An der Spitze hat Teamkollege Rosberg alle Hände voll zu tun, die Meute hinter sich zu halten. Bis zum ersten Boxenstopp schafft er das, doch dann brechen alle Dämme. Alonso, der zuvor Vettel mit einem früheren Stopp an der Box kassiert hat, schlüpft in Runde 13 mit einem mutigen Manöver am Silberpfeil vorbei und hat freie Bahn in Richtung Grand-Prix-Sieg. Rosberg hingegen spielt das Stück Fleisch im Löwenkäfig.
Vettel und Ferrari-Teamkollege Felipe Massa sind die Nächsten, die sich den Silberpfeil schmecken lassen. "Es ging so was von nach hinten los", meint Rosberg. "Es ist unerklärlich. Ich musste so langsam fahren." Es sind die Reifen, die ihn letztlich bis auf Position sechs zurückfallen lassen.
Den dritten Pokal ergattert Felipe Massa, der nur von Rang neun losfuhr, nachdem er im Qualifying eine Strafversetzung wegen einer Behinderung hatte hinnehmen müssen. "Mit diesem Podium bin ich sehr zufrieden", so der Brasilianer. "Für das Team war dies ein wirklich schönes und fantastisches Ergebnis. Wenn du von weit hinten startest, ist alles noch schwieriger, aber ich schaffte es, gut vom Fleck zu kommen und hatte sofort eine fantastische Geschwindigkeit."
Weniger begeistert ist Nico Hülkenberg von seinem Spanien-Ausflug. Die Sauber-Truppe ließ den Deutschen beim Boxenstopp zu früh wieder losfahren, sodass er mit einem Toro Rosso kollidiert. Frontflügel-Reparatur und Stop-and-Go-Strafe machen alle Hoffnungen auf WM-Punkte zunichte.
Auch Adrian Sutil hat keinen Grund, seinen Mechanikern einen Kasten "Cerveza" zu spendieren. Die Force-India-Truppe setzt ihr Boxenstopp-Debakel zu Beginn der Saison 2013 nahtlos fort. Der Bayer pflügt noch durch das Feld, sagt Barcelona aber mit leeren Händen "adiós".
Noch schlimmer erwischt es Caterham-Pilot Giedo van der Garde, dessen Crew sich einen dicken Patzer leistet und den linken Hinterreifen nicht richtig festzieht. Obwohl er sich auf Anweisung als Dreirad zurück an die Box schleppt, ist der Grand Prix beendet.
Am Ende überstrahlt eine spanische Fiesta die Szenerie: Alonso siegte zum zweiten Mal nach 2006 bei seinem Heimrennen in Barcelona.
Es war der 220. Grand-Prix-Erfolg in der Gechichte des Ferrari-Teams und ein unerwarteter noch dazu. In der WM führt weiter Vettel, doch die große Red-Bull-Show steht der Formel 1 noch bevor - auch wenn es auf dem Circuit de Catalunya nicht rund läuft.
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