Sepang
Es war einer der kuriosesten Doppelsiege aller Zeiten: Sebastian Vettel gewann den Großen Preis von Malaysia 2013 vor seinem Red-Bull-Teamkollegen Mark Webber. Doch es war die Art und Weise, wie dieser Sieg zustande gekommen war, die die Gemüter erhitzte und die Mienen erstarren ließ. In einem Grand Prix, der noch etliche weitere skurile Geschichten schrieb. Darauf blicken wir in dieser Fotostrecke zurück!
Los ging alles ganz normal und eigentlich völlig unspektakulär: Sebastian Vettel (Red Bull) erwischte von der Pole-Position aus den besten Start, Fernando Alonso (Ferrari) klemmte sich direkt hinter ihn. Doch Alonso kam Vettel etwas zu nahe, demolierte sich den Frontflügel. Und das sollte Folgen haben...
Doch auch bei der Konkurrenz lief nicht alles glatt. Lewis Hamilton (Mercedes), der McLaren in der Winterpause verlassen hatte, litt scheinbar an einem Rückfall in alte Gewohnheiten: Beim Reifenwechsel in Runde 7 fuhr er zunächst bei der McLaren-Crew vor! Die winkte ihn aber weiter und so parkte Hamilton doch noch bei Mercedes, wie das Foto dokumentiert. Und bei der richtigen Crew klappte es dann auch mit dem Reifenservice...
McLaren leistete übrigens wenig später ebenfalls seinen Beitrag zu einem kuriosen Grand Prix: In Runde 36 schraubten die Mechaniker das rechte Vorderrad bei Jenson Button nicht richtig fest. Der Ex-Champion musste zurückgeschoben werden, wichtige Zeit ging verloren. Aus taktischen Gründen nahm McLaren Button später aus dem - inzwischen für ihn verkorksten - Rennen.
Doch die wirklichen Dramen sollten sich im Großen Preis von Malaysia erst noch abspielen. In Runde 44 gewann das Rennen nämlich noch einmal erheblich an Spannung, weil sich an der Spitze ein Duell andeutete...
Mark Webber war nach seinem letzten Boxenstopp just vor Sebastian Vettel auf die Strecke zurückgekehrt. Und Vettel, auf der anderen Reifenmischung, setzte seinen Red-Bull-Teamkollegen sofort unter Druck, machte auch am Funk keinen Hehl aus seinen Ambitionen: "Mark ist zu langsam", sagte er dort und forderte: "Schafft ihn mir aus dem Weg!" Doch den Gefallen tat man ihm nicht.
Also tat Sebastian Vettel das, was er für richtig hielt: Er schloss immer weiter zu seinen Teamkollegen Mark Webber auf und attackierte ihn schließlich auch.
Das schmeckte Teamchef Christian Horner gar nicht. Er hatte nämlich die Parole "Multi-21" erlassen, wonach die Red-Bull-Autos in der Reihenfolge (Startnummer) 2 und (Startnummer) 1 ins Ziel fahren sollten. Das schien Sebastian Vettel aber nicht zu beeindrucken. Und so zuckten die Füße von Horner am Kommandostand noch etwas mehr als sonst...
Denn Sebastian Vettel machte ernst, zog immer wieder neben Mark Webber. Teamchef Christian Horner intervenierte noch via Funk: "Das ist doch töricht, Seb. Lass das sein." Geholfen hat es nicht: In Runde 46 zog Vettel in Kurve 4 an Webber vorbei...
Hier der Bildbeweis dazu: Die Red-Bull-Reihenfolge war auf einmal umgedreht. Sehr zum Leidwesen von Mark Webber, der - von den TV-Kameras aufgefangen - seinem Teamkollegen Sebastian Vettel gleich noch den Finger zeigte. Aber einen anderen als den "Vettel-Finger"...
All das hatte Lewis Hamilton im Mercedes aus der Logenposition verfolgt, doch kurz darauf wiederholte sich das Schauspiel beinahe - auf anderen Rängen, mit anderen Protagonisten und auch mit einem anderen Verlauf.
Denn Nico Rosberg hatte als Vierter zu seinem drittplatzierten Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton aufgeschlossen. Und Rosberg wollte mehr, weil er sich für den Schnelleren hielt. "Lasst mich doch bitte ziehen", funkte er ans Team, als er formatfüllend in den Rückspiegeln von Hamilton auftauchte.
Da war Mercedes-Teamchef Ross Brawn gefragt. Und er traf eine Entscheidung - zugunsten von Lewis Hamilton, gegen Nico Rosberg. Überholen war nicht drin, die Fahrer sollten die Positionen halten. Und so lautete die Antwort auf Rosbergs Funkspruch schlicht: "Negativ, Nico, negativ."
Und auch Nico Rosberg bescherte seinem Team daher ein paar aufregende Momente, denn - genau wie Sebastian Vettel - probierte auch er sein Glück und attackierte seinen Teamkollegen Lewis Hamilton. Und zunächst sah es danach aus, als wären die Bemühungen von Rosberg (innen) von Erfolg gekrönt...
Fast gleichauf kamen die Mercedes-Piloten aus der Zielkurve, doch dank seines DR-Systems konnte Lewis Hamilton Nico Rosberg doch noch einmal in Schach halten. Die Entscheidung - danach gab sich Rosberg mit dem vierten Platz zufrieden, allerdings nur widerwillig. Die Positionen aber waren bezogen.
Und auch Lewis Hamilton plagte offenbar ein schlechtes Gewissen. Er sagte kurz darauf in der Pressekonferenz: "Um ehrlich zu sein: Ich habe das Gefühl, dass eigentlich Nico hier stehen sollte..." Eine Siegerehrung, drei Teilnehmer - und keiner freut sich. Wirklich kurios...
Nico Rosberg, abseits der Kameras, schluckte seinen Ärger hinunter, hatte seinem Team aber noch am Funk eine Botschaft mit auf den Weg gegeben: "Ich bat sie, dass sie sich merken sollen, dass ich damals mitgespielt habe." Um, politisch korrekt, hinzuzufügen: "Ich kann den Standpunkt des Teams nachvollziehen." Mercedes wollte beide Autos im Ziel haben, kein Risiko mehr eingehen. "Ich habe mich daher entschieden, dem Team zu folgen", meinte Rosberg. "Sehr, sehr brav von Nico", kommentierte Marc Surer den Gehorsam des Wahlmonegassen. "Hätte ich nicht gemacht - und sein Vater sicher auch nicht."
Auch bei Red Bull hing der Haussegen schief: "Das werden wir sicher noch diskutieren", sagte Teamchef Christian Horner. Und auch Sebastian Vettel gestand umgehend ein: "Ich weiß, dass es Gesprächsbedarf gibt..."
Das konnte die Stimmung bei Mark Webber nicht heben: "Das Team hat eine Entscheidung getroffen, doch Seb hat seine eigene Entscheidung getroffen und die Stallregie nicht respektiert." Und Sebastian Vettel zeigte sich einsichtig: "Ich habe einen großen Fehler gemacht und sehe, wie wütend Mark ist. Ich möchte mich entschuldigen. Ich bin das schwarze Schaf." Nur zwei Wochen später in Schanghai klang das schon wieder ganz anders. Doch das ist eine ganz andere Geschichte...
Sepang