Die Formel-1-Piloten vor dem China-Grand-Prix
Willkommen im Reich der Mitte, Marcus Ericsson! Ein Erstbesuch oder Wiedersehen? Caterhams Neuling sind die politisch-territorialen Verhältnisse der Volksrepublik China mit ihren Sonderwirtschaftszonen nicht ganz klar. "Ich war schon in Hongkong und in Macao – keine Ahnung, ob das zu China zählt", erklärt der Schwede. Sicher ist: In Schanghai war er bisher nicht, auf dem International Circuit in einem Industriegebiet außerhalb der Stadt schon gar nicht. "Ich habe außer dem Hotel nicht viel gesehen. Es ist ein geschäftiger Ort mit Leuten, die ständig beschäftigt sind", meint Ericsson.
5,451 Kilometer ist der International Circuit vor den Toren Schanghais lang. Genug Zeit, um unter dem Helm trotz Geschwindigkeiten bis zu 322 Kilometern pro Stunde auch mal zu gähnen und zu frösteln, findet Romain Grosjean. "Es ist ein ziemlich spezieller Kurs, auf dem sich nicht so einfach das richtige Setup finden lässt und es von den Temperaturen her kalt werden kann. Es gibt eine lange Gegengerade und einige Hochgeschwindigkeitskurven", erklärt der Lotus Pilot, der in China die ersten WM-Punkte seiner Karriere einfuhr. "Die erste Kurve und die lange Gerade sind etwas Besonderes, der Rest ist mehr oder weniger Standard."
Sein Teamkollege Maldonado war schon dreimal in China in der Startaufstellung, glaubt aber, dass er mit Beginn der Turbo-Ära die Bahnen allesamt neu kennenlernen wird: "Schanghai ist ein sehr technischer Kurs mit einer der längsten Geraden im Kalender. Wie auf allen Strecken in diesem Jahr wird es eine ganz andere Erfahrung und wir werden uns mit dem Fortschreiten des Wochenendes verbessern." Die Anforderungen haben sich trotz der Regelnovelle nicht geändert: "Wir brauchen viel Abtrieb. Die Bahn ist anspruchsvoll, was mir aber gefällt. Also freue ich mich."
Adrian Sutils Liebe zu China ist keine flammende: "Es ist nicht mein ultimativer Lieblingskurs, aber ich fahre dort gerne", erklärt der Sauber-Pilot, der nicht an eine 08/15-Strecke glaubt: "Das Layout ist speziell im Vergleich zu anderen Strecken. Es gibt einige schnelle Kurven, die dann im Verlauf enger werden. Man braucht auf dieser Strecke eine gute Balance des Autos, vor allem viel Grip an der Vorderachse." Das ist ein wichtiger Unterschied: Fast nur in Schanghai funktioniert das Schonen der Reifen nicht über die hinteren Pneus.
Deutlich mehr Gefallen hat Daniel Ricciardo am International Circuit gefunden, der sich die Konkurrenten schon mal im Kopf zurechtgelegt hat: "Es ist ein breiter, offener Kurs, der viel Fluss und Spaß im Mittelsektor bietet. Die Gegengerade bietet eine gute Überholmöglichkeit in die Haarnadel-Kurve hinein."
Auch Esteban Gutierrez, der 2013 bei Tempo 300 und mehr noch dezente Probleme mit dem Finden des Bremspunkts hatte, freut sich auf Positionsgewinne: "Es ist ein sehr interessanter Kurs mit einer großen Bandbreite an Kurven und einer langen Geraden, die großartige Überholmöglichkeiten bietet." Gutierrez kennt die "Schneckenkurve" schon und hat Gefallen an der einzigartigen und anspruchsvollen Konstruktion gefunden: "Generell gefällt mir die Strecke sehr gut, insbesondere der Eingang in die erste Kurve."
Valtteri Bottas befürchtet, dass er seinem Williams einige Streicheleinheiten verordnen muss, um über die Distanz zu kommen. "In der Vergangenheit war dieses Rennen im Hinblick auf die Pneus häufig sehr anspruchsvoll, da die Vorderreifen gekörnt haben", weiß der Finne, dessen FW36 als Gummifresser gilt. "Natürlich braucht man hier Abtrieb, das ist in den Kurven sehr wichtig. Aber es gibt auch lange Geraden, die gut für uns sind."
Sein Teamkollege Felipe Massa stimmt zu, zieht allerdings eine etwas verwunderliche Konsequenz aus der "Schneckenkurven" und den weiteren Ecken: "Wegen diesen schnellen Kurven verschleißen hier eher die Vorderreifen. Das könnte eine kleine Hilfe für uns sein."
Noch nie in Schanghai gefahren ist Kevin Magnussen. Der McLaren-Youngster kennt die Bahn nur aus dem Fernsehen und aus dem Simulator, hat sich aber schon seine (positive) Meinung gebildet. "Die erste Kurve sieht nach einer richtigen Herausforderung aus", meint der Däne über die so genannte "Schneckenkurve", einem immer spitzer zulaufenden 270-Grad-Rondell.
Noch mehr leckt er sich die Finger nach dem Temporausch: "Am interessantesten sind aber die spektakulären Höchstgeschwindigkeiten und das viele Überholen auf der Gegengeraden, die eine der längsten in der Formel 1 ist.", so Magnussen. Mit über 1,3 Kilometern sogar die längste.
Die Formel-1-Piloten vor dem China-Grand-Prix