Die Karriere von Luca di Montezemolo
Arrivederci, Luca! 41 Jahre nach seinem Einstieg nimmt Luca Cordero di Montezemolo seinen Hut bei Ferrari und ist ab sofort nicht mehr Präsident der Traditionsmarke. Mit dem Ausscheiden di Montezemolos endet eine Erfolgsgeschichte, die insgesamt acht Fahrer- und elf Konstrukteurstitel beinhaltet.
Der Absolvent eines Jurastudiums und passionierte Hobbyrennfahrer kam 1973 als persönlicher Assistent von "Commendatore" Enzo Ferrari zur Scuderia, nachdem er sich in einer Radiosendung gegen damalige Kritiker Ferraris einsetzte, was den Firmengründer ziemlich beeindruckt hatte. Bereits ein Jahr später wurde di Montezemolo zum Leiter der Rennsportabteilung ernannt, die sich zu diesem Zeitpunkt auf die Formel 1 konzentrierte.
Erfolge waren für die Roten zu dieser Zeit ein Fremdwort. Die letzten Titel in der Königsklasse lagen bereits neun Jahre zurück, in der Saison 1973 gelang Ferrari nicht ein einziger Podestplatz.
Doch mit di Montezemolo kehrte der Erfolg nach Maranello zurück: 1974 holten Niki Lauda und Clay Regazzoni drei Siege und zwei Vizemeisterschaften für die Scuderia, und der Italiener wurde daraufhin zum Leiter aller Rennsportaktivitäten von Konzernmutter Fiat ernannt.
Mitte der 70er Jahre erlebte das Traditionsteam eine wahre Blütezeit: Niki Lauda wurde 1975 und 1977 Weltmeister, bei den Konstrukteuren gewann man in diesem Zeitraum gleich drei Titel in Folge. Doch was machte di Montezemolo? Er verließ Ferrari!
14 Jahre lang sollte di Montezemolo nichts mehr mit der Formel 1 zu tun haben. Zwar war er bis 1981 noch als Verantwortlicher Direktor für Öffentlichkeitsarbeit bei Fiat tätig, doch danach riss die Verbindung zur Königsklasse immer weiter ab. Neue Aufgabengebiete des Italieners umfassten in den 80er Jahren Alkohol (Geschäftsführer Cinzano Vermouth)...
...Segelsport (Leiter der Azzurra Challenge) und selbst Fußball (Generaldirektor des Organisationskomitees für die Fußball-WM 1990 in Italien).
Erst 1991 fand di Montezemolo wieder zurück in den Motorsport. Nach dem Tod von Firmengründer Enzo Ferrari 1988 ernannte Fiat-Geschäftsführer Gianni Agnelli den Italiener zum neuen Vorstandvorsitzenden von Ferrari. Di Montezemolo brachte das sinkende Schiff wieder auf Kurs und stellte mit wichtigen Entscheidungen die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft.
Er lotste 1993 Teamchef Jean Todt und 1996 Michael Schumacher zu Ferrari, das ohne seine Führung wieder in die erfolglosen Zeiten abgedriftet war. Der letzte Fahrertitel war gefühlte Ewigkeiten her (1979 Jody Scheckter), der letzte Titel bei den Konstrukteuren ebenfalls (1983).
1997 war Ferrari erstmals wieder nah an einem Weltmeistertitel dran. Schumacher ging mit einem Punkt Vorsprung in das Saisonfinale in Jerez, wo es zum berüchtigten Rammstoß des Deutschen gegen Rivale Jacques Villeneuve kam. Doch die Attacke ging nach hinten los: Schumacher schied an Ort und Stelle aus, Villeneuve wurde Weltmeister. Hinterher wurden Schumacher alle WM-Punkte der Saison gestrichen.
Auch 1998 hielt Ferrari das Rennen um den Titel bis zum letzten Saisonrennen offen. Schumacher musste auf Mika Häkkinen Punkte gutmachen, doch ein verursachter Startabbruch ließ den Kerpener vom Ende des Feldes starten. Die brillante Aufholjagd endete schließlich mit einem Reifenschaden. Di Montezemolo blieb wieder nichts anderes übrig, als den Gegnern von McLaren zu gratulieren.
Ein Jahr später ruhten die Hoffnungen auf den ersten Fahrertitel seit 20 Jahren auf Eddie Irvine, nachdem sich Schumacher in Silverstone das Bein gebrochen hatte. Der Nordire fuhr die Saison seines Lebens, doch am Ende war es erneut Häkkinen, der den WM-Pokal in die Höhe stemmen könnte. Als Trost konnte Ferrari wenigstens den Konstrukteurstitel mit nach Hause nehmen - der erste seit 16 Jahren.
Der Rest ist pure Erfolgsgeschichte: Die fünf Jahre zwischen 2000 und 2004 sind die rote Ära in der Formel 1. Schumacher gewinnt fünf WM-Titel in Folge und sorgt für die größte Dominanz der Geschichte. Es ist der Höhepunkt in der Karriere des Luca di Montezemolo, der auf sein Erfolgsgespann Jean Todt, Michael Schumacher und Ross Brawn bauen kann.
Doch kein Erfolg ist ewig. 2006 verkündete Michael Schumacher seinen Rücktritt aus der Formel 1, für Ferrari und di Montezemolo wird der Rekordweltmeister aber immer ein Teil der Familie bleiben. Am Ende sollte "Schumi" den achten Titel im letzten Rennen verpassen, doch mit Kimi Räikkönen hatte Ferrari bereits den passenden Nachfolger verpflichtet.
In seinem ersten Jahr für die Scuderia holte der Finne in einem wahren Herzschlagfinale den WM-Titel vor den McLaren-Rivalen Lewis Hamilton und Fernando Alonso. Für Ferrari ist es Fahrertitel Nummer 15, doch was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnen kann: Es sollte vorerst der letzte bleiben...
Titel Nummer 16 bei den Konstrukteuren folgte nur ein Jahr später. Felipe Massa lieferte sich die gesamte Saison 2008 ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Lewis Hamilton, doch am Ende schnappte sich der Brite in buchstäblich letzter Sekunde den Titel. Ferrari war bereits im Freudentaumel, doch nicht nur der Präsident war fassungslos, als die Niederlage feststand. Erneut blieb "nur" der Konstrukteurstitel, doch auch den würde die Scuderia nach der aktuellen Dürreperiode sicherlich nehmen. Denn es sollte der letzte Titel unter der Führung di Montezemolos sein.
Mit Fernando Alonso verpflichtete die Scuderia zwar den wohl besten Piloten seiner Zeit, doch gefruchtet hat diese Ehe bislang nicht. Zweimal (2010 und 2012) scheiterte man im letzten Rennen an Sebastian Vettel, dessen Red-Bull-Team eine ähnliche Ära wie Ferrari Anfang der 2000er-Jahre erlebte. Doch di Montezemolo war die titellose Zeit leid: Erfolg sollte schnellstmöglich her, die neuen Regeln sollten die beste Möglichkeit dazu bieten.
Doch was der Präsident in dieser Saison bislang erleben musste, war für ihn schockierend. In Bahrain war der Italiener erstmals vor Ort und musste mit ansehen, wie Alonso und Räikkönen von den Konkurrenten teilweise spielerisch geschluckt wurden. Der letzte Sieg der Scuderia liegt bereits mehr als ein Jahr zurück, doch die Erfolgsaussichten sind angesichts der Mercedes-Dominanz düster.
Und so beschäftigte sich di Montezemolo ständig damit, die aktuelle Situation der Formel 1 zu kritisieren, und überlegte, wie man der Königsklasse wieder neues Leben einhauchen kann. Mehrere Krisengipfel zur Zukunft der Formel 1 rief der 67-Jährige ins Leben, doch nun scheint der Unternehmer ein neues Betätigungsfeld gefunden zu haben - nach elf Konstrukteurs- und acht Fahrertiteln. Am 10. September 2014 gab er schließlich seinen Abschied bekannt. Wir sagen: Arrivederci, Luca!
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