Grand Prix von Großbritannien
Die Reifen, das wusste am Donnerstag noch keiner, sollten zum großen Thema des Wochenendes werden. Obwohl die Pirelli-Mechaniker die beiden härtesten Gummimischungen aus dem Sortiment auf die Felgen aufzogen, platzten im Rennen am Sonntag gleich fünf Pneus. "Ich frage mich", tobte Lewis Hamilton daraufhin, "warum ich wegen dieser verdammten Reifen mein Leben riskieren soll!"
Ein bisschen Jenga spielen zum Einstimmen auf das Wochenende: einmal ein Turm mit den Namen von Legenden, den Daniel Ricciardo zum Einsturz bringt (sehr zum Amusement von Johnny Herbert), einmal mit aktuellen Formel-1-Fahrern. Es sollte dem Toro-Rosso-Junior Glück bringen: Im Qualifying sicherte er sich den fünften Startplatz. Vielleicht sollte er mal den Stein von Landsmann Mark Webber rausziehen, dessen Cockpit er 2014 übernehmen könnte?
Hoher Besuch bei Lewis Hamilton: Nein, diesmal kein zwielichtiger Rapper, sondern der altehrwürdige TV-Journalist David Frost, berühmt geworden durch seine Interviews mit dem ehemaligen US-Präsidenten Richard Nixon. Ob sich Lewis bei Sir David über die Trennung von seiner "Pussycat Doll" Nicole Scherzinger ausgeheult hat?
Über 500 Mitarbeiter arbeiten am Formel-1-Standort Milton Keynes für Red Bull, und deren Gesichter trug Sebastian Vettel am Silverstone-Wochenende auf seinem Spezialhelm mit sich rum. Glück brachte ihm das Design nicht: Ausfall an erster Stelle liegend. Ob einer der abgebildeten Mitarbeiter am Getriebeschaden schuld war?
Zumindest konnte sich der Weltmeister nach dem K. o. ohne lange Abreise zurückziehen, denn auf dem BRDC-Parkplatz hatte er sein komfortables Wohnmobil geparkt - übrigens bei weitem nicht als einziger Fahrer. Am Freitagabend, so hört man, soll Nico Rosberg mit Kollegen anlässlich seines 28. Geburtstags ein kleines Barbecue geschmissen haben.
Ob Paul Hembery schon eine Vorahnung hatte, was am Sonntag passieren würde, als er am Freitag (nach Kanada zum zweiten Mal hintereinander) die Freitags-Pressekonferenz der FIA schwänzte? Bitter: Gerade erst hat Pirelli bekannt gegeben, drei weitere Jahre in der Formel 1 zu bleiben, und nur Tage später erreicht die negative Presse gegen den Reifenhersteller einen neuen Höhepunkt.
Jenson Buttons Mutter Simone hätte nur zu gerne gesehen, wie ihr Sohnemann beim Heimrennen zum ersten Mal auf das Podium fährt. Stattdessen gab es für McLaren zum zweiten Mal hintereinander nicht einmal einen WM-Punkt. Das war davor 64 Mal hintereinander nie passiert.
Emerson Fittipaldi führt seinen Enkelsohn Pietro immer häufiger im Formel-1-Paddock rum. Ob da der nächste Fittipaldi an die Tür der Formel 1 klopft? Erstmal hat Opa "Emmo" aber noch anderes zu tun, als sich um Pietros Karriere zu kümmern, denn gemeinsam mit Vize Sebastian Loeb ist er jetzt Präsident der neuen Fahrerkommission der FIA.
Gianluca Vialli, ehemaliger italienischer Starkicker und als Spielertrainer mit dem FC Chelsea sogar Europapokal-Sieger, hat in England eine zweite Heimat gefunden. Da lag es für den Autonarren nahe, zum Grand Prix nach Silverstone zu kommen.
Weil er in der zweiten Runde von Wimbledon überraschend gegen den Deutsch-Jamaikaner Dustin Brown verloren hatte, konnte sich Lleyton Hewitt (Markenzeichen: verkehrt aufgesetzte Baseball-Kappe) in Ruhe das Formel-1-Rennen in Silverstone anschauen. Beinahe hätte das Daumen drücken geholfen, aber am Ende fehlten seinem australischen Landsmann Mark Webber sieben Zehntelsekunden auf Sieger Nico Rosberg.
Clifford Joseph Price, besser bekannt als Goldie, ist DJ, Musikproduzent und Gelegenheits-Schauspieler in Personalunion. Vielen ist er auch als Ex-Freund der Musikerin Björk ein Begriff. In Silverstone stattete er Red Bull einen Besuch ab.
Genau wie Geri Halliwell, das Ex-Spice-Girl, das auffällig viel Zeit mit Christian "Horny" Horner verbrachte. Aber uns wird glaubhaft versichert, dass der zweideutige Spitzname des Red-Bull-Teamchefs nichts mit einer bettlastigen Freizeitgestaltung zu tun hat, sondern eher als Gag in Anspielung auf Sebastian Vettels Autonamen (zum Beispiel "Hungry Heidi") zu verstehen ist.
Rupert Grint, Jahrgang 1988, ist hierzulande besser bekannt als Ron Weasley aus den Harry-Potter-Filmen. Was viele nicht wissen: Der Schauspieler ist in Stevenage geboren, genau wie auch Lewis Hamilton (Jahrgang 1985).
Royaler Besuch bei Williams: Prinz Michael von Kent, ein Cousin von Queen Elisabeth II., hatte schon immer ein Faible für den Sport. 1972 wollte er als Bobfahrer an den Olympischen Winterspielen teilnehmen. Zu mehr als einer Reservistenrolle reichte es aber nicht.
600. Grand Prix des Williams-Teams: Testfahrerin Susie Wolff, Valtteri Bottas und Pastor Maldonado gratulieren Sir Frank zum Jubiläum. Länger sind nur Ferrari und McLaren in der Formel 1. Als Geschenk sollte es aber bei der Torte bleiben - Punkte wurden am Sonntag nicht hinterher geliefert.
Und zum Gratulieren kamen natürlich alle in Silverstone anwesenden Fahrer, die je für Sir Frank gefahren sind. Von links nach rechts: Nigel Mansell (Weltmeister 1992 auf Williams), Alain Prost (Weltmeister 1993), Rubens Barrichello, Nico Rosberg, Frank Williams himself, Valtteri Bottas, Jenson Button, Pastor Maldonado und Damon Hill (Weltmeister 1996).
Rubens Barrichello hat nach einem Jahr in der IndyCar-Serie übrigens einen neuen Job als TV-Reporter im brasilianischen Fernsehen. Und als Ex-Fahrer kriegt er sie natürlich alle, Grand-Prix-Zampano Bernie Ecclestone eingeschlossen.
Ein anderer fehlte dafür am Silverstone-Wochenende: Reporterlegende Murray Walker leidet an Lymphknotenkrebs und muss sich momentan einer Chemotherapie unterziehen. Die Fans wünschen dafür alles Gute. Walker ist sowieso unbesorgt: "Sie haben den Krebs früh entdeckt. Die Ärzte sagen, dass er gut heilbar ist." Wir schließen uns den Genesungswünschen natürlich an!
Beim Grand Prix von Kanada kam bei einem tragischen Unfall der Streckenarbeiter Mark Robinson ums Leben. Rund um FIA-Präsident Jean Todt versammelten sich in Silverstone Fahrer, Teamchefs und Streckenposten, um Robinson mit einer Schweigeminute zu gedenken.
Seine Kollegen hatten am Rennsonntag ja genug zu tun, als das Safety-Car auf die Strecke kam und hunderte kleine Reifenfetzen eingesammelt werden mussten. Aber kaum woanders auf der Welt sind die Marshalls so professionell und gut ausgebildet wie in Silverstone, dem "Home of British Motor Racing".
Die Red Arrows sind das Kunstfliegerteam der Royal Air Force und sorgen vor dem britischen Grand Prix jedes Jahr für ein spektakuläres Rahmenprogramm. Bereits vor dem Wochenende hatten sie Lewis Hamilton in einem der Jets mitgenommen. Der meinte daraufhin nur: "Schon beeindruckend, was diese Jungs drauf haben!"
Beeindruckend auch, was Nico Rosberg drauf hat! Während Hamilton weiterhin auf seinen ersten Sieg auf Mercedes warten muss, hat der Deutsche nach Monaco nun schon Saisonsieg Nummer zwei in der Tasche. Und das ausgerechnet bei Hamiltons Heimspiel! Aber Gelegenheit zur Revanche hat der Brite schon am kommenden Wochenende auf dem Nürburgring.
Am Donnerstag hat er seinen Formel-1-Rücktritt per Saisonende bekannt gegeben, am Sonntag wurde er nach Platz zwei frenetisch gefeiert: Mark Webber ist Australier, lebt aber mit Freundin Ann und seinen Hunden in Oxford und ist wegen seiner offenen Art gerade bei den britischen Racing-Fans besonders beliebt. Das war bei der Grand-Prix-Party nach dem Rennen zu spüren.
Aber da hatte sowieso jeder gute Laune, sogar Sebastian Vettel, dem ein paar Stunden zuvor ein sicher scheinender Sieg durch die Finger geglitten war. Der Red-Bull-Pilot, vor seinem Heimrennen immer noch WM-Leader, schnappte sich die Drums und trommelte vor sich hin. Beim letzten Auftritt dieser Art im Jahr 2011 hatte er noch auf der E-Gitarre "Smoke on the Water" geklimpert.
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