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"Völlig verrückt": Wieso Auer bei seinem Formel-1-Test viel zu früh bremste

Wieso Lucas Auer bei seinem Force-India-Test 2017 in Ungarn mit den Bremspunkten zunächst gar nicht klarkam und wie es zu seiner einzigen Formel-1-Gelegenheit kam

(Motorsport-Total.com) - Dieses Jahr feierte Lucas Auer als DTM-Vizemeister den größten Erfolg seiner Karriere, doch vor einigen Jahren hatte der Österreicher sogar die Formel 1 im Visier. Und durfte 2017 auf dem Hungaroring beim Young-Driver-Test den Force-India-Boliden testen. Doch nur wenige wissen, wie schwierig die Umstellung für den damaligen DTM-Piloten wirklich war.

Titel-Bild zur News: Lucas Auer

Lucas Auer im Sommer 2017 bei seinem Formel-1-Rookietest auf dem Hungaroring Zoom

"Die meisten Leute wissen das nicht, aber es war völlig verrückt", sagt der Mercedes-AMG-Pilot im Gespräch mit den englischen Kollegen vom Schwesterportal 'Motorsport.com'. "Ich hatte damals ein DTM-Rennen in Zandvoort, dann hatte ich ein GT3-Rennen am Nürburgring, das ich gewonnen habe. Und dann ging es zum Formel-1-Test. Es war so verrückt - ich erinnere mich, dass ich in meiner ersten Runde mit dem Force India in Kurve 1 150 Meter zu früh gebremst habe."

Das Talenteaufgebot an den zwei Testtagen war damals hochkarätig: Im Ferrari saß Charles Leclerc, im Mercedes George Russell, im McLaren Lando Norris, im Red Bull Pierre Gasly - und Auer teilte sich den Force India mit Nikita Masepin. Auer fehlten auf die Bestzeit zwar 2,1 Sekunden, er war aber nur minimal langsamer als Russell. Und um eine halbe Sekunde schneller als Masepin.

GT3-Erfahrung machte Auer das Leben schwer

Für ihn war der Test eine schwierige Aufgabe. "Die meisten Jungs kamen aus der Formel 2 oder so, hatten eine volle Vorbereitung in Formelautos. Es war also recht verrückt, dass ich vom GT3-Auto kam. Aber mit der alten Class-1-DTM-Ära, GT3 und dann Formel 1 war es so beeindruckend und interessant, was ein Auto braucht, damit man schnell ist."

Für Auer war der Wechsel ein Kulturschock. "All die Knöpfe, die Technik, wie viele Leute da arbeiten und der Abtrieb, den dieses Auto generiert - das war extrem beeindruckend." Das gilt auch für "die Teamstruktur, wie sie mit dem Reifen-Set-up beginnen und in welche Richtung sie gehen - es war sehr interessant, wie sie einen Test aufbauen und welche Prioritäten sie setzen."

Hilfe erhielt Auer damals von Esteban Ocon, den Auer als Rivalen aus der Formel 2 kannte und der damals wenige Tage davor das Rennwochenende für Force India bestritten hatte. "Esteban hat mir beim Rookie-Test geholfen, denn ich war beim Rennwochenende vor Ort und habe ihn nach dem Rennen gebeten, ob er mir die Bremspunkte zeigen kann, damit ich etwas Zeit spare", erzählt Auer. "Das hat er getan."

Lucas Auer

Die Bremspunkte machten Lucas Auer beim Formel-1-Test das Leben schwer Zoom

Wie es zu Lucas Auers Formel-1-Test kam

Noch heute hat Auer gute Erinnerungen: "Er ist ein sehr cooler Typ und ein sehr talentierter Fahrer." Wie es damals überhaupt dazu kam, dass Auer den Force-India-Boliden testen durfte? "2017 hatte ich eine Megasaison, ich habe also etwas Aufmerksamkeit erregt", verweist Auer auf seine DTM-Saison, in der er mit dem pinkten HWA-Mercedes bis zum Ende um den Titel kämpfte.

Dazu kam, dass das Force-India-Team, aus dem später Aston Martin wurde, mit Mercedes-Motor an den Start ging. "Ich hatte BWT als Sponsor - und sie waren damals auch bei Force India - und ich hatte eine gute Verbindung zu Mercedes. So kam es zu dieser Gelegenheit mit diesen drei Beteiligten."

Zudem hatte auch Auer eine Verbindung zu Force India: "Ich war bereits ein paar Mal im Force-India-Simulator und habe an den Wochenenden manchmal ausgeholfen", erzählt er. "Dann habe ich diese Rookie-Testmöglichkeit bekommen. Und das war natürlich ein Kindheitstraum und eine tolle Erfahrung. Speziell, weil sie 2017 die Reglementänderungen hatten, also gab es diese Autos mit den unglaublich breiten Reifen und Abtrieb. Es war unglaublich, sie in Budapest zu fahren."


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Nach dem DTM-Ausstieg von Mercedes Ende 2018 versuchte Auer übrigens tatsächlich, mit Red Bull über die japanische Super Formula in die Formel 1 zu kommen, scheiterte aber, weil er nicht die nötigen Superlizenz-Punkte erreichte.