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  • 26.06.2012 10:50

  • von Stefan Ziegler

Wenn einer eine Reise tut, dann plant er besser gut ...

Von Littlehampton in die weite Welt: Das britische Aon-Team gibt einen Einblick in die Logistik in der WTCC und erklärt das komplizierte "Kofferpacken"

(Motorsport-Total.com) - Haben Sie schon einmal ihre Koffer für eine Weltreise gepackt? Nun, dann wissen Sie ja ungefähr, was das für einen Aufwand mit sich bringen kann. Und jetzt stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten ein komplettes Rennteam samt Fahrzeugen und Ausrüstung auf eine so große Reise schicken. Ein Ding der Unmöglichkeit? Weit gefehlt: Die Teams der WTCC sind mittlerweile Profis im Kofferpacken.

Titel-Bild zur News: Container-Verladung in Valencia

Ab auf den Lastwagen: Die WTCC reist per Seefracht einmal rund um die Welt

Diese Fähigkeit ist in diesem Jahr mehr gefordert als je zuvor, denn erstmals in der Geschichte der noch jungen Meisterschaft findet die Übersee-Saison en bloc und in der zweiten Jahreshälfte statt. Für die Teams bedeutet dies in erster Linie, dass ihr Rennmaterial in den kommenden sechs Monaten ständig unterwegs sein wird. Und das heißt: Eine gute Planung ist vorab unbedingt notwendig.

Besonders gefordert sind da natürlich die Serienneulinge, die erstmals eine Übersee-Tournee der WTCC bestreiten und dementsprechend noch auf keine früheren Erfahrungen zurückgreifen können. Das britische Aon-Team zählt zu diesen Debütanten und bezeichnet die Reiseplanung für die fünf Events in Brasilien, in den USA, in Japan, in China und in Macao als "große Herausforderung".

Deshalb entwerfen die Logistik-Spezialisten des Rennstalls erst einmal einen genauen Schlachtplan, noch ehe die wertvolle Fracht - bestehend aus den beiden Ford Focus S2000 TC, dem Werkzeug und der weiteren Ausrüstung des Teams - auf die Reise geschickt wird. Alles beginnt also mit einem ersten Meeting in Littlehampton, wo die WTCC-Einsätze der Ford-Mannschaft koordiniert werden.


Fotos: WTCC-Logistik in Übersee


"Bevor wir auch nur irgendetwas tun, setzen wir uns als Team zusammen und überlegen, was alles mit muss. Dabei geht es auch um die Termine, wann wir laden und wie wir dabei vorgehen wollen", erklärt Colin Hide, einer der Trucker des britischen Rennstalls. "Oft können wir dem Plan aber nicht ganz genau treu bleiben, weil sich kurzfristig noch etwas Neues ergibt." Flexibilität ist also gefragt.

Eine genaue Planung erleichtert die Durchführung

Erschwert wird das "Kofferpacken" in der WTCC dadurch, dass es nicht mit einer Veranstaltung in Übersee getan ist. "Wir packen nicht nur für ein Rennen, wie das üblicherweise der Fall ist. Wir planen für fünf Events", meint Peter Harris, bei Aon ebenfalls für die Logistik zuständig. "Deshalb müssen wir uns vorher schon im Klaren sein, was wir alles benötigen. All dies gilt es entsprechend herzurichten."

Und dabei sollte die Mannschaft möglichst gründlich vorgehen, denn hat die Fracht erst einmal ihre lange Schiffsreise angetreten, gibt es kein Zurück mehr. "Dann wird es schwierig, kurzfristig noch zu reagieren", sagt Harris. Besser ist es also, die beiden Seefracht-Container des Teams werden vor dem Verschiffen nach bestem Wissen und Gewissen beladen. Dabei werden viele Interessen bedient.

Container

Für die Reise nach Übersee hat jedes Team einen Container pro Fahrzeug Zoom

"Jede Abteilung trägt etwas dazu bei, denn jeder Bereich braucht gewisse Dinge. Die Ingenieure und das Management müssen vor Ort vielleicht auf Bürounterlagen und Drucker zurückgreifen", erklärt Harris. "Sie alle verpacken ihre Ausrüstung und wir suchen dann einen Platz, um sie zu verstauen." Und dabei ist Rationalisierung angesagt, obwohl man fast für die halbe Saison vorplanen muss.

"Kofferpacken" im richtig großen Maßstab

Das Fassungsvermögen der Container ist nämlich begrenzt, was die Logistiker des Teams vor eine zusätzliche Herausforderung stellt: "Im Grunde geht es darum, die Ladung von zwei Lastwagen in zwei Container zu packen, die insgesamt weniger Stauraum bieten. Wir müssen also Platz finden", meint Hide. Wer den vorhandenen Raum gut ausnutzt, kann vielleicht insgesamt mehr mitnehmen.

"Außerdem sollte das Letzte, was in den Container eingeladen wird, das Erste sein, was wir vor Ort benötigen", ergänzt Hide. "Dabei darf man aber so kleine Dinge wie Werkzeuge, Bremsbeläge und dergleichen nicht vergessen." Priorität haben zunächst aber andere Gegenstände, wie Greg Senior, ebenfalls Trucker bei Aon, betont: "Erst einmal verstauen wir unsere Reifen und deren Zubehör."

Blick ins Fahrerlager von Okayama

Das etwas andere Fahrerlager: In Übersee arbeiten die Teams aus Containern Zoom

"Das sind Dinge, die wir erst brauchen, wenn wir auf die Strecke gehen. Ganz zum Schluss werden dann die Autos in die Container gestellt. Das liegt daran, dass die Mechaniker meist bis zur letzten Minute an den Fahrzeugen arbeiten", erklärt Senior. Doch bei aller Planung ist man vor Fehlern freilich nicht gefeit. "Deshalb kommen ganz am Ende die Sachen rein, die wir zuvor vergessen haben ..."