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  • 17.07.2010 00:54

  • von Stefan Ziegler

Eine Runde in Brands Hatch mit Andy Priaulx

Unterwegs mit dem Rekordchampion: BMW Fahrer Andy Priaulx beschreibt eine Runde in Brands Hatch und worauf es dabei besonders ankommt

(Motorsport-Total.com) - Brands Hatch zählt zu den wenigen Rennstrecken, die sich ihren ursprünglichen Charakter über die vielen Jahre hinweg stets bewahrt haben. So versprüht der nur 3,703 Kilometer kurze Kurs im Süden Englands noch bis heute ein einzigartiges Flair, ist die Rennbahn doch malerisch in die Landschaft der Grafschaft Kent eingebettet. Dieser Faszination kann sich auch Andy Priaulx nicht entziehen.

Titel-Bild zur News: Andy Priaulx

Andy Priaulx in seinem BMW Cockpit, das er genauso gut kennt wie Brands Hatch

Der dreimalige Tourenwagen-Weltmeister ist ein erklärter Fan des Brands Hatch Circuit - und das nicht erst seit seinem bis dato einzigen Heimerfolg 2007. Als Brite kennt Priaulx den Kurs freilich in- und auswendig und erklärt vor dem diesjährigen WM-Event, was eine schnelle Runde in Brands Hatch zu etwas Besonderem macht und welche Tücken die Traditionsbahn bei Fawkham in sich birgt.#w1#

"Zu Beginn einer Runde sieht man sich der Kurve Paddock Hill gegenüber, die man im vierten Gang nimmt. Diese Ecke ist eine riesige Herausforderung, denn die Kurve scheint dich überaus rasch in sich hinein zu saugen. Wenn du an dieser Stelle aber zu schnell bist, wirst du über das Ziel hinaus und ins Kiesbett rasen. Den Scheitelpunkt kannst du nicht sehen und auch der Kurvenausgang ist verdeckt."

"Im Prinzip fährst du Paddock Hill einfach rein instinktiv", gibt Priaulx zu Protokoll und merkt an: "Ich liebe diese Passage - auch, weil man dort überholen kann." Verschnaufen ist zu diesem Zeitpunkt einer Runde aber nicht drin, denn unmittelbar nach dem Hailwood Hill wartet schon die nächste Herausforderung auf die Piloten: In Druids sind schon manche Siegträume urplötzlich geplatzt.

"Diese Kurve ist tückisch, weil man bergauf anbremst und auf einmal wird es dort wieder eben", erklärt Priaulx die Besonderheit dieser Haarnadel. "Anfangs ist man in Druids gerne etwas zu schnell, doch auch dort landet man nur zu leicht neben der Linie. Überholen kann man in Druids allerdings ebenfalls sehr gut. Anschließend jagt man den Hügel hinunter in die Graham-Hill-Kurve", fährt Priaulx fort.

Andy Priaulx

Andy Priaulx nach Paddock Hill und auf dem kurzen Weg zur legendären Druids-Kurve Zoom

"Deren Ausgang ist ungeheuer wichtig, weil anschließend eine kurze Gerade vor der Surtees-Kurve folgt. Dort gibt es eine weitere Überholstelle", hält der langjährige BMW Fahrer fest und fügt hinzu: "Überhaupt zählt Surtees zu den bedeutsamen Ecken. Wenn du zu schnell hinein fährst, bist du am Kurvenausgang langsam - und das, wo direkt dahinter die lange Hawthorn-Passage auf dich wartet."

"Immer, wenn ich diese Gerade wieder das erste Mal entlang fahre, ziehe ich bei der Brücke instinktiv den Kopf ein. Es geht nicht anders", meint Priaulx. "Die Hawthorn-Kurve selbst ist viel schneller, als man denken würde. Auch hier bremst man bergauf, weshalb man nur zu leicht etwas zu früh in die Eisen steigt. Es gilt, möglichst viel Geschwindigkeit mit hinaus zur Westfield-Kurve mitzunehmen."

"Dort fühlst du dich niemals wirklich schnell. Selbst wenn du prima durchgekommen bist, hast du immer den Eindruck, schlecht gefahren zu sein", erläutert Priaulx. "Damit sind wir schon bei Dingle Dell angelangt, was einfach nur ein schneller Rechtsknick ist. Am Kurvenausgang solltest du dich allerdings nicht zu weit nach außen tragen lassen, denn Kerbs gibt es dort keine, sondern nur Gras."

Andy Priaulx

Unterwegs im Wald: Andy Priaulx bewegt seinen BMW 320si zurück zur Ziellinie Zoom

"Die Stirling's-Kurve hat eine klasse Überhöhung. Du lenkst ein, nimmst richtig viel Geschwindigkeit mit, steigst wieder aufs Gas und wirst regelrecht aus diesem Komplex heraus geschleudert. Bei Clearways musst du sehr vorsichtig sein, denn wenn du dort zu langsam bist, schleppst du das wieder mit bis Paddock Hill und Druids. Es braucht an dieser Stelle schlichtweg eine gute Autobalance."

"Und den richtigen Riecher", wie Priaulx abschließend bemerkt. Hat man all das beisammen, gelingt einem vielleicht eine Rekordrunde, wie sie zuletzt Augusto Farfus (BMW Team RBM) auf den Asphalt geknallt hat: 2008 brauchte der Brasilianer in der Qualifikation 1:32.794 Minuten für seine beste Runde und stand damit natürlich auf der Pole-Position. Der Rennrekord liegt bei 1:33.908 Minuten.