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  • 01.10.2010 16:57

  • von Stefan Ziegler

Coronel: "Ich gehöre einfach hierher"

SR-Fahrer Tom Coronel im Interview mit 'Motorsport-Total.com' über seine Erfahrungen im TDI-Fahrzeug, seine Saison 2010 und die Aussichten für 2011

(Motorsport-Total.com) - Schon seit vielen Jahren sorgt "Major Tom" im Starterfeld der Tourenwagen-WM für Furore, doch 2010 hat der Niederländer erstmals das Material, um wirklich glänzen zu können. 'Motorsport-Total.com' sprach mit SR-Pilot Tom Coronel über seine erste Saison im SEAT León 2.0 TDI und über sein Zwischenfazit nach der Europasaison. Der 38-Jährige hat viel Freude an seinem Fahrzeug - und möchte in der kommenden Saison unbedingt einen Anlauf auf den WM-Titel unternehmen.

Titel-Bild zur News: Tom Coronel

Tom Coronel zählt zu den erfahrensten Piloten der Tourenwagen-WM 2010

Frage: "Tom, für dich geht in diesem Jahr ein großer Wunsch in Erfüllung: Du sitzt endlich im Dieselauto. Wie gefällt dir dieser Rennwagen?"
Tom Coronel: "Das Auto passt mir prima, weil es sehr schnelle Rundenzeiten zulässt. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, muss ich nun eben speziell auf den Kurvenausgang achten. Ich bin aber sehr zufrieden mit dem Auto."#w1#

"Es ist ein guter Rennwagen. Langsam aber sicher verstehe ich das Auto besser und komme damit nun recht gut zurecht. Es braucht vermutlich halt ein paar Rennen, bis man damit richtig konstant sein kann. Du musst mit dem Material arbeiten, das dir zur Verfügung steht. Es ist deine Aufgabe, das Beste daraus zu machen."

Frage: "Wie zufrieden bist du mit deiner ersten Saison im Dieselauto?"
Coronel: "Ich hatte in diesem Jahr schon einige 'Nuller', weil ich immer wieder von der Strecke bugsiert wurde. Das ist natürlich schlecht, denn man sollte in dieser Serie konstant in die Punkte fahren. Insgesamt bin ich sehr zufrieden - auch mit meinem Auto."

"Insgesamt bin ich sehr zufrieden - auch mit meinem Auto." Tom Coronel

"Mit meinem früheren Auto lag ich immer auf den Rängen zehn bis 15 und mit dem Dieselwagen rangiere ich in der Region von Platz fünf bis Platz zehn. Ich bin also weiter vorangekommen und habe nun die Möglichkeit, mit den Jungs an der Spitze zu kämpfen. Das war in der Vergangenheit einfach nicht drin."

"Noch sind wir zwar nicht ganz an ihnen dran, aber ich bin zufrieden, wenn ich nur kontinuierlich in die Top 5 fahre. Natürlich will jeder hier gewinnen, doch du musst schon auch ehrlich sein zu dir selbst. Was kann das Auto, was kannst du? Ich sehe mich eben in dieser Region und kann - wenn ich clever zu Werke gehe - hier und da auch einmal ein Podium abgreifen. Das klappt prima für mich."


Fotos: Tom Coronel, WTCC in Valencia


Der Dieselwagen als große Bewährungschance

Frage: "In diesem Jahr sind die ehemaligen Werkspiloten von SEAT deine Teamkollegen. Diese Jungs sind auf einmal weder Werksfahrer noch Privatiers. Wie gehst du mit dieser für dich neuen Situation um?"
Coronel: "Für mich ist das natürlich eine sehr gute Situation, denn ich kann mich mit ihnen messen. Das ist schon eine Motivation für mich, denn ich kann nun auch einen Blick in ihre Daten werfen. Wir tauschen alle Informationen untereinander aus. Das ist gut für alle Beteiligten."

"Natürlich haben wir aber ein gewisses Handicap, weil wir kein Werksteam sind. Es gibt beispielsweise keine Testfahrten, wir setzen freitags keine neuen Reifen ein - solche Dinge eben. Das ist nicht einfach. Dennoch sind wir recht nahe an den Titelkandidaten dran. Ich möchte jedenfalls noch ein Rennen gewinnen. Das ist in meinen Augen das Wichtigste für die letzten Saisonrennen."

"Natürlich haben wir ein gewisses Handicap, weil wir kein Werksteam sind." Tom Coronel

Frage: "Okayama und Macao sind die beiden letzten Saisonstationen. Kannst du dort überraschen und vielleicht diesen einen Sieg einfahren?"
Coronel: "Okayama oder Macao - das ist mir diesbezüglich eigentlich egal. Solange ich nur den großen Pokal abstaube, bin ich vollkommen zufrieden."

"Immer, wenn ich denke, wir haben keine Chance, zeigen wir eine gute Leistung. Wenn ich mit einem guten Wochenende rechne, befinden wir uns im Nirgendwo. Du musst den jeweiligen Moment halt bestmöglich ausnutzen und die Punkte mitnehmen."

Frage: "Ist die Saison 2010 deine bisher größte Chance?"
Coronel: "Das würde ich so sehen, ja. Aus diesem Grund habe ich mich auch für diese Geschichte entschieden. Einige Leute hatten in der Winterpause gewisse Schwierigkeiten - im Zuge der Wirtschaftslage, versteht sich. Ich habe meine beste Option gewählt. Ich ging zu meinen Sponsoren, doch dort wurde mir gesagt: 'Wir haben eine Krise, wir können uns das nicht leisten.'"

"Ich habe meine beste Option gewählt." Tom Coronel

"Ich sagte ihnen: 'Ihr habt recht, aber das hier ist unsere Chance, denn wir können den Diesel haben.' Joan (Orus, Teamchef von SR und Sunred; Anm. d. Red.) hat mir darüber hinaus einen guten Deal angeboten. Er meinte: 'Tom, du hast im vergangenen Jahr den Titel für uns geholt. Ich kenne und schätze dich als Fahrer. Lass uns auch 2010 zusammen arbeiten.' So fanden wir letztendlich wieder zusammen."

20 Jahre im internationalen Motorsport

Frage: "In diesem Jahr bestreitest du deine 20. Saison im internationalen Motorsport. Und ein aus diesem Anlass wurde bereits ein Buch über die herausgebracht..."
Coronel: "Das ist eine tolle Sache. In 20 Jahren macht man doch die eine oder andere Erfahrung. In diesem Buch geht es aber nicht um Ergebnisse."

"Wir haben uns auf die Geschichten drumherum konzentriert. Als ich ein junger Bursche war, war ich recht wild und umtriebig. Da legte ich schon Mal einen Mietwagen aufs Dach oder machte das Restaurant selbst auf, als die Inhaber gerade nicht da waren. Solche Storys eben."

"Als ich ein junger Bursche war, war ich recht wild und umtriebig..." Tom Coronel

Frage: "Du hast in den vergangenen Jahren sehr viel erlebt: Du hast Formel-1-Autos getestet, warst lange in Formelautos unterwegs und fährst nun in der Tourenwagen-WM. Eine interessante Karriere..."
Coronel: "Allerdings. In diesem Jahr habe ich vielleicht keine Titelchance, aber die Top 5 sind sicherlich drin. Das ist auch mein Ziel. Es ist vollkommen klar: In dieser Meisterschaft geht es darum, Punkte zu sammeln."

"Ich mag nicht der Schnellste sein, aber ich bin auch nicht der Wildeste. Punkte sammeln liegt mir indes sehr gut. Auf diese Weise habe ich in der Vergangenheit meine Titel geholt. Hinzu kommt: Bevor ich eine Rennserie verlassen habe, konnte ich dort stets den Titel einfahren. Bislang habe ich also überall gewonnen."

"Bevor ich eine Rennserie verlassen habe, konnte ich dort stets den Titel einfahren." Tom Coronel

"Vollkommen richtig ist das nicht, denn in der japanischen GT-Serie war ich zweimal Zweiter. Dafür habe ich zweimal das Allstar-Rennen gewonnen - und das ist das wichtigste Rennen in dieser Serie. Du musst eben immer weiter wachsen. Und das gelingt nur, wenn du eine Meisterschaft gewinnst. Dann kannst du den nächsten Schritt machen."¿pbvin|0|2659|coronel|0|1pb¿

Der Titelkampf 2011 ist das Ziel

Frage: "Wie gefällt dir in diesem Zusammenhang das neue Punktesystem?"
Coronel: "Ganz ehrlich: Darauf achte ich überhaupt nicht. Das ist mein System. Ich lasse mich nicht ablenken. Ankommen, ankommen, ankommen, lautet meine Devise."

"In den letzten drei Rennen kannst du dann einmal einen Blick auf die Tabelle riskieren und schauen, wie viele Punkte du gesammelt hast. Ansonsten agierst du schnell zu klug oder machst zu viel Druck. Nein, nein - ich sammle einfach die Punkte und lasse mich gewissermaßen überraschen. Damit fahre ich gut. Entspanne dich und lass dich von solchen Dingen nicht verrückt machen."

Frage: "Im vergangenen Jahr gab es vor den Übersee-Rennen einige finanzielle Probleme in deinem Team. Wie ist die Lage in dieser Saison?"
Coronel: "2010 ist alles fix. Diesbezüglich gibt es keinerlei Schwierigkeiten."

Frage: "Wie ist es um deine Planungen für 2011 bestellt?"
Coronel: "Pläne gibt es genug. Wie immer werden die Entscheidungen aber wohl wieder sehr spät getroffen. Es geht halt einmal mehr um das Budget, die Möglichkeiten und dergleichen. Wir arbeiten aber bereits daran, denn ich fühle mich in dieser Meisterschaft zuhause. Ich denke, ich gehöre einfach hierher."

"Es geht halt einmal mehr um das Budget, die Möglichkeiten und dergleichen." Tom Coronel

"Das ist genau meine Motorsport-Kategorie. Außerdem habe ich hier noch nicht alles erledigt, finde ich. Ich möchte wenigstens einmal eine Rolle im Titelkampf spielen oder zumindest in den Top 3 liegen. Das sollte langsam aber sicher möglich sein. Dahingehend läuft alles prima. Ich werde weiterhin in der WTCC sein. Ich weiß nicht, was ich sonst tun sollte."