Kolumne zum Volvo-Comeback: Alter Schwede, die WTCC lebt!

Verehrte Freunde des Frontantriebs,

ich muss am heutigen Tage Abbitte leisten, und zwar bei WTCC-Serienchef Francois Ribeiro. Der hatte immer wieder betont, dass mehrere Hersteller einen Einstieg in die WTCC erwägen und eine Marke eventuell schon 2016 zur Serie stoßen könnte. Doch ehrlich gesagt habe ich diese Aussage bisher mehr unter dem Motto "Klappern gehört zum Handwerk" eingeordnet, denn für bare Münze genommen. Denn auch schon sein Vorgänger Marcello Lotti hatte diese Masche drauf, um die WTCC im Gespräch zu halten. Doch nachdem nun feststeht, dass Volvo 2016 in die WTCC zurückkehren wird, muss ich sagen: Pardon Francois!

Das Thema Volvo und die WTCC köchelte in den vergangenen Jahren zwar immer im Hintergrund, doch nach mehreren halbherzigen Versuchen der Schweden in der Tourenwagen-WM hatten viele, mich eingeschlossen, den Glauben daran verloren, dass man Volvo noch einmal in der WTCC sehen werden. Denn zu undurchsichtig war das Verhalten der Schweden in der Vergangenheit

Zur Erinnerung. 2011 hatte man, damals schon unter der Ägide von Polestar, eine sogenannte Evaluationssaison in der WTCC absolviert. Mit einem C30, der anfangs mit seinem kernigen Saugmotor viele Fans begeisterte, und Fahrer Robert Dahlgren trat man bei allen Saisonrennen an. Nach kontinuierlichen Steigerungen war Volvo am Saisonende konkurrenzfähig. Einem Einstieg in die WTCC stand scheinbar nichts im Wege.

Volvo und die WTCC: Eine On-Off-Beziehung

Doch nach monatelanger Funkstille erklärten die Schweden dann Anfang 2012, allerdings erst auf Nachfrage, dass ein WTCC-Einstieg nicht in Frage komme, da man im Motorsport mit dem Modell S60 antreten wolle, welches zum seinerzeit geltenden Reglement nicht so recht passte. Dieser heimliche Rückzug ließ seinerzeit im Fahrerlager der WTCC viele ratlos bis verärgert zurück, nicht zuletzt Gabriele Tarquini, der sich schon gute Chancen auf ein Cockpit bei Volvo ausgerechnet hatte.

Anschließend wurde es lange Still um Volvo und das Thema WTCC, bis Polestar Ende 2013 urplötzlich mit dem C30 beim Rennen in Schanghai auftauchte. Der Gaststart, der damals außerhalb der Wertung, aber mit guten Leistungen absolviert wurde, blieb aber eine einmalige Angelegenheit und hinterließ mehr Fragen als dass er Antworten lieferte. Wie wir heute wissen, war es vor allem ein Zeichen an die WTCC und den neuen chinesischen Mehrheitseigner: Wir sind noch da!

In offiziellen Statements schmierte man der Serie unterdessen Honig um den Bart. Die WTCC habe das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis, das TC1-Reglement sei sehr interessant, hieß es aus der Volvo-Zentrale. Doch ehrlich gesagt hatte ich nicht mehr dran geglaubt, dass wir die schwedischen Boliden noch einmal in der WTCC sehen werden. Doch hinter den Kulissen nahm das WTCC-Projekt Fahrt auf und wurde am Dienstag der Welt präsentiert.

Volvo-Einstieg auch wichtig für die Konkurrenz

Das Comeback von Volvo ein wichtiges Signal: Die WTCC lebt! Das konnte man in dieser Saison nicht immer mit Nachdruck behaupten. Trotz gegenteiliger Beteuerungen der Verantwortlichen ist das Starterfeld geschrumpft, bei den Asien-Rennen in Japan und China standen gerade einmal 17 Autos in der Startaufstellung. Und die Aussichten für die nächsten Jahre waren nicht gerade prickelnd.

Citroen dominiert die Serie momentan zu Tode, doch die Frage ist: Wie lange noch? Ende 2016 wollen sich die Franzosen entweder aus der WTCC oder der Rallye-WM zurückziehen, und ich würde derzeit nicht darauf wetten, dass die Franzosen das momentan erfolglosere Projekt WRC fallen lassen. Im Gegenteil. Nachdem die Rallye-WM 2016 nach China, den für Citroen wichtigsten Absatzmarkt, zurückkehrt, dürfte das Pendel eher in Richtung Rallyesport ausschlagen.

Denn in der WTCC kann die Formkurve eigentlich nur abwärts gehen, während man in der Rallye-WM Erfolge gegen die Platzhirschen von Volkswagen gut vermarkten kann. Zwar könnte ein Team wie Sebastien Loeb Racing die Einsätze der C-Elysee in der WTCC übernehmen, doch wie man im Falle von RML nach dem Ausstieg von Chevrolet gesehen hat, ist solch ein Szenario allenfalls eine kurzfristige Lösung.

Volvo und Motorsport: Das passt!

Bei Honda ist zwar zumindest die Saison 2016 gesichert, dennoch stellen sich viele im Fahrerlager die Frage, wie lange die Konzernzentrale in Japan noch Geld dafür ausgeben will, regelmäßig von Citroen geschlagen zu werden. Und daran würde sich nur etwas ändern, wenn man mehr in das WTCC-Projekt investiert. Denn nicht zuletzt die Höhe des Budgets macht einen großen Teil des Unterschieds zwischen Citroen und Honda aus. Umso besser, dass Volvo nun frischen Wind in die Serie bringt, der hoffentlich auch die Mitbewerber motiviert.

Und was ist von den Schweden 2016 zu erwarten? Niemand sollte so vermessen sein und einen Einstieg von 0 auf 100 erwarten, wie er Citroen 2014 gelang. Laut eigener Aussage will Volvo 2016 vor allem lernen und erst im zweiten Jahr um Podiumsplatzierungen oder Siege fahren. Ich lehne mich aber mal aus dem Fenster uns sage: Wir werden schon 2016 einen Volvo-Fahrer bei einer Siegerehrung sehen.

Warum? Wie man erfolgreiche Rennfahrzeuge baut, weiß Volvo, also warum sollte es ihnen nicht auch in der WTCC gelingen. Zudem läuft die Entwicklungsarbeit am S60 Polestar schon seit fünf Monaten, und bis zum Saisonstart 2016 bleibt noch ein halbes Jahr, um den Renner konkurrenzfähig zu machen. Das sind deutlich bessere Voraussetzungen, als sie Honda und Lada bei der Entwicklung ihrer Fahrzeuge hatten. Daher bin ich überzeugt: Der Volvo wird ein Guter!

Und allen die meinen, Volvo und Sport, das passt doch nicht zusammen, kann ich nach einer Probefahrt, die ich vor einigen Wochen in einem 350 PS starken, von Polestar getunten V60 gemacht habe, sagen: Und wie das passt!

Herzliche Grüße

P.S.: Was denkt Ihr über den Einstieg von Volvo? Schreibt es mir bei Twitter unter @MST_MarkusL und folgt meinem Account, um immer über das Neueste in Sachen WTCC auf dem Laufenden zu sein.