• 09.05.2012 18:47

  • von Stefan Ziegler

Chilton & Nash: Die Ford-Piloten im Doppelinterview

Tom Chilton und James Nash schildern im Doppelinterview einige Eindrücke zur WTCC und sprechen über die Fortschritte mit dem Ford Focus

(Motorsport-Total.com) - Alles ist neu für Tom Chilton und James Nash, denn das Duo hat seine gewohnte Umgebung in der BTCC hinter sich gelassen, um sich einem neuen Abenteuer zu stellen - der WTCC. Gemeinsam mit dem Aon-Rennstall und dem neuen Ford Focus S2000 TC hat sich das britische Fahrergespannt fest vorgenommen, ganz vorn um Punkte und Podestplätze zu kämpfen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, wie Chilton und Nash im Doppelinterview mit 'Motorsport-Total.com' erklären.

Titel-Bild zur News: Tom Coronel, James Nash, Tom Chilton

James Nash (li.) und Tom Chilton haben sichtlich reichlich Freude an der WTCC

Frage: "James und Tom, die ersten Rennwochenenden in der WTCC liegen hinter euch. Schildert uns doch einmal ein paar Eindrücke ..."

James Nash: "Die Rennserie ist ziemlich cool. In meinen Augen steht die WTCC eine Stufe über dem, was wir davor gemacht haben. Wir waren zuletzt in der britischen Meisterschaft am Start und müssen jetzt erst einmal ein paar Dinge neu dazulernen."

"Früher kannten wir die Strecken, die Autos und dergleichen. Jetzt ist alles anders und damit müssen wir uns auseinandersetzen. Immer wieder. Machst du das nicht, gelingen dir auch keine Fortschritte. Jedes Mal, wenn wir auf die Strecke gehen, ist es anders. Das macht es interessant für uns Fahrer."

Tom Chilton: "Wie James schon sagte: Wir fahren natürlich noch immer einen Tourenwagen. Ein BTCC- und ein WTCC-Auto sind sich sehr ähnlich. Auf der selben Strecke wären sie wahrscheinlich bis auf eine halbe Sekunde genau gleich schnell. Sie sind auch ähnlich zu fahren. Der größte Unterschied ist der Ablauf der Rennwochenenden. Das müssen wir lernen."

"Bei einem Überseerennen wie Marrakesch haben wir zum Beispiel schon am Freitag eine Session. In der BTCC gab es so etwas nicht. Beide Rennserien sind sich ähnlich, doch die WTCC ist viel professioneller. Das liegt auch daran, dass die FIA involviert ist. Die Regeln sind sehr streng. Ich mag das. Die Spielregeln sind klar. Leistest du gute Arbeit, stehst du vorn. Gelingt dir das nicht, stehst du hinten."

"Beide Rennserien sind sich ähnlich, doch die WTCC ist viel professioneller." Tom Chilton

"Es ist auf jeden Fall eine schöne Herausforderung. Wir schauen jetzt einfach, wo wir unsere Stärken und Schwächen haben. Das Auto ist gut und wir werden dieses Potenzial früher oder später auch umsetzen können. Die Frage ist nur, wann wir das schaffen, aber schaffen werden wir es. Irgendwann ist das Puzzle fertig. Darauf warten wir."

Nash: "Wo Tom gerade die FIA und deren Regeln anspricht: Nicht nur vor uns Fahrern liegt eine große Aufgabe, auch das Team ist gefordert. Hinter den Kulissen leisten die Jungs wirklich klasse Arbeit."


Der Ford Focus S2000 TC auf der Strecke

"Es ist schon eine tolle Leistung, die Fahrzeuge jedes Mal so gut vorbereitet und in Topzustand an der Strecke zu haben. Vor Saisonbeginn hatten wir nur wenige Testtage. Trotzdem haben sie uns ein gutes Auto hingestellt. Das Team arbeitet wirklich hart."

"Das Team arbeitet wirklich hart." James Nash

Chilton: "Es sind ja auch nicht so viele Leute wie bei RML, die hier arbeiten. Wenn RML 50 Mitarbeiter hat, so sind es bei uns nur etwa 25 Angestellte. Es ist wirklich eine grandiose Leistung, wenn diese 25 Menschen binnen weniger Monate zwei oder sogar drei Fahrzeuge auf die Beine stellen konnten."

"Manchmal schufteten sie sieben Tage pro Woche. Ihre Ehefrauen und Familien fanden das bestimmt nicht so toll (lacht; Anm. d. Red.). Alle legen sich mächtig ins Zeug. Ich war schon bei vielen Teams, doch keines arbeitet so hart wie dieses hier. Unsere Zeit wird kommen."

Die ersten Erfahrungen der Ford-Piloten

Frage: "Sprechen wir über eure Erfahrungen in den Rennen. Hattet ihr Spaß im Cockpit und beim direkten Zweikampf mit der Konkurrenz?"

Nash: "Der große Unterschied zur BTCC liegt darin, dass im ersten Rennen kaum Lackaustausch stattfindet. Das muss nicht zwangsweise 'sauberer' sein. Es ist vielmehr eine Spur härter."

"Es wird einfach weniger angeklopft. Das ist ganz anders als in der BTCC. Da ging es immer nur vorwärts und nach einem Schubser war man vorbei. In der WTCC geht es bedächtiger zu. Die Autos sind ja auch etwas teurer. Hier gewinnst du mehr, verlierst im Zweifelsfall aber auch mehr."

"Und während es in der BTCC einfach drauflos ging, stecken hier in der WTCC mehr Überlegungen hinter den Manövern der Fahrer. Es hat fast schon etwas von einem Langstrecken-Denken, weil du eben immer schon Lauf zwei im Hinterkopf hast. In der BTCC siehst du die Rennen eher als Sprint und gehst deshalb ordentlich zur Sache."

"Es wird weniger angeklopft. Das ist ganz anders als in der BTCC." James Nash

"Wir fahren jetzt aber im Mittelfeld. Daher ist vor allem die erste Runde sehr wichtig für uns. Du läufst ja hinten automatisch Gefahr, in ein Scharmützel verstrickt zu werden. Solche Tumulte zu vermeiden, ist nicht einfach - auch wenn die Piloten hier sauberer fahren. Dadurch sind sie aber auch härtere Gegner. Du kriegst keinen Zentimeter geschenkt."

Chilton: "Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Ich stimme zu. Weißt du, James ist ein perfekter Interviewpartner. Ich finde, er sollte alle Antworten geben (lacht; Anm. d. Red.)."

Learning by doing für Chilton und Nash

Frage: "Wie geht ihr mit dem fliegenden und dem stehenden Start um? Läuft da für euch schon alles nach Plan oder gibt es noch Probleme?"

Chilton: "Wir kennen den fliegenden Start schon aus der BTCC, doch damals hatten wir keinen Turbomotor, sondern einen normalen Benziner. Wenn du aufs Gas gingst, schoss das Auto davon. Jetzt musst du warten, bis der Turboeffekt einsetzt."

"Außerdem: Die unterschiedlichen Fahrzeuge kommen unterschiedlich gut los. Alle BMW-Autos sind da beispielsweise sehr gut aufgestellt. Auch die anderen haben da noch einen Vorteil, weil die Abläufe beim Start halt eingespielt sind, während wir noch dazulernen."

"Sie sind beim Start halt eingespielt, während wir noch dazulernen." Tom Chilton

Nash: "Der fliegende Start ist schon sehr interessant, denn du erreichst die erste Kurve einfach schneller als bei einem stehenden Start. Bei jeder Variante kommen die unterschiedlichen Stärken der Fahrzeuge zum Vorschein. Ich glaube, deshalb wird es auch so gemacht. Es ist gut, so etwas zu lernen."

"Du musst wissen: Ich möchte ein paar Jahre lang im Tourenwagen-Sport aktiv sein, will irgendwann aber in den GT-Sport oder auf die Langstrecke wechseln. Dort gibt es ganz ähnliche Abläufe. Was ich also hier und jetzt lernen kann, wird mir in der Zukunft von Nutzen sein. Ich sehe das nicht als Problem, sondern als Vorteil."

Die To-Do-Liste wird länger und länger ...

"An einem Wochenende kommt ohnehin eine ziemlich lange To-Do-Liste zusammen. Daran kannst du aber wachsen. Du musst die Punkte einfach nur der Reihe nach abarbeiten. Und vielleicht ist die Liste dann eines Tages einmal komplett. Wahrscheinlich hat jedoch selbst Chevrolet eine solche Arbeitsliste."

"Deshalb werden wir so bald nicht mit unserer durch sein, nehme ich an. Das ist sehr spannend. Zugegebenermaßen ist es aber auch etwas frustrierend, weil es sich halt so lange hinzieht. Wir wollen ja nicht unbedingt im Mittelfeld fahren, sondern uns vielmehr mit Chevrolet messen und um Siege kämpfen. Dafür braucht es aber noch Zeit."

"Es braucht noch Zeit." James Nash

Chilton: "Für mich und James ist das ziemlich hart. Bei allem, was wir vor der WTCC taten, befanden wir uns im vorderen Teil der Startaufstellung. Für uns geht es in dieser Meisterschaft darum, mit dem uns bekannten Auto ebenfalls nach vorn zu fahren. Wir müssen aber realistisch sein: Ford ist erstmals seit Jahren wieder mit einem Fahrzeug in der WTCC vertreten."

"Unsere Konkurrenten von BMW und Chevrolet verfügen über so viel Erfahrung und konnten über viele Saisons hinweg an ihren Autos arbeiten. Wir sind hingegen die Neulinge. Das ist keine einfache Situation für uns Fahrer. Wir sind bereits gegen Rob Huff, Alain Menu oder Yvan Muller angetreten. Das war in der BTCC. Wir lagen schon vor ihnen, wir lagen schon hinter ihnen."

"Jetzt sind wir gewissermaßen Hinterbänkler. Das ist recht frustrierend, doch davon dürfen wir uns nicht verrückt machen lassen. Wie James schon sagte: Unsere To-Do-Liste ist lang und wir arbeiten bereits daran. Langsam aber sicher kommen wir hin. Und wir hoffen einfach, dass die anderen nicht mehr sehr viele Punkte auf ihren Listen haben."

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