• 14.03.2011 18:23

  • von Stefan Ziegler

Hintergrund: Wer profitiert vom neuen Turbomotor?

BMW und Chevrolet werden schon zum Saisonstart mit den neuen Aggregaten antreten: Rob Huff und Andy Priaulx erläutern die Entwicklungsarbeit

(Motorsport-Total.com) - Wenn in wenigen Tagen die neue WTCC-Saison beginnt, stehen die Triebwerke der Fahrzeuge und ihre Leistung im Fokus der Aufmerksamkeit. Beim Jahresauftakt der Tourenwagen-WM gibt nämlich das neue Regelwerk sein Debüt, das 1,6-Liter-Turbomotoren beinhaltet. BMW und Chevrolet setzen dieses Konzept von Anfang an um, SEAT und Volvo werden wohl im Saisonverlauf nachziehen.

Titel-Bild zur News: BMW-Motor

Blick unter die Motorhaube eines BMW 320si: Dort findet sich nun ein Turbomotor

Der Saisonauftakt im brasilianischen Curitiba stellt also ein großes Fragezeichen dar, denn noch weiß niemand im Starterfeld so genau, wo man mit dem neuen Motorenmaterial steht und wie groß der Unterschied zu den bisherigen Aggregaten ausfallen wird. Bei den Testfahrten der Teams deutete sich allerdings an, dass der 1,6-Liter-Turbomotor im Vergleich zu den "alten" Triebwerken im Vorteil ist.

Chevrolet-Pilot Rob Huff beschreibt sehr anschaulich, wie man sich den Wechsel auf Seiten des Antriebs konkret vorzustellen hat: "Es ist schon beinahe so, wie wenn man von einem Tourenwagen in einen Porsche umsteigt", erklärt der britische Rennfahrer bei 'Autosport'. "Die Unterschiede sind riesig. 25 Prozent der Leistung kommt nun vom Motor, die restlichen 75 Prozent steuert der Turbo bei."

Wer die Reifen zu früh zerstört, verliert...

Aus diesem Grund habe man bei den Probefahrten sehr viel Zeit mit dem Feintuning verbracht und damit, "das Einsetzen des Turbos abzustimmen", gibt Huff zu Protokoll. "Du willst den Turbo natürlich so früh wie möglich von der Kette lassen, denn die Leistung soll möglichst früh einsetzen. Gleichzeitig musst du freilich dazu in der Lage sein, dabei nicht die Reifen kaputt zu machen", meint der Brite.

Huff spricht einen interessanten Punkt an: Der Reifenhaushalt könnte 2011 über Sieg und Niederlage in der Tourenwagen-WM entscheiden. Speziell die frontgetriebenen Fahrzeuge scheinen mit dem neuen Motorenkonzept so ihre liebe Not zu haben. Andy Priaulx teilt diesen Eindruck. Der ehemalige WTCC-Fahrer sieht in diesem Jahr gerade darin den Vorteil der heckgetriebenen BMW Fraktion.

"Du willst den Turbo natürlich so früh wie möglich von der Kette lassen." Rob Huff

"Ich gehe davon aus, dass die BMW Autos vom verbesserten Reifenverschleiß profitieren werden", wird Priaulx von 'Autosport' zitiert. "Ich denke, die Fronttriebler werden Schwierigkeiten damit haben, die Pneus am Leben zu halten." Schon im vergangenen Jahr gerieten die Rennwagen von Chevrolet und SEAT hin und wieder in Nöte, als die Temperaturen zu hoch und die Belastungen zu groß war.


Fotos: Der neue Chevrolet Cruze 1,6T


Priaulx sieht die Hecktriebler im Vorteil

Bei mehr Leistung - die neuen Motoren liefern etwa 320 PS - sind die Yokohama-Reifen der WTCC natürlich noch mehr gefordert als bisher. Priaulx geht indes davon aus, dass sich BMW aber auch bei der reinen Kraft nicht vor der Konkurrenz verstecken muss. Der Rekordchampion war im Winter an der Entwicklung des neuen BMW Motors beteiligt und stellt dem Triebwerk ein sehr gutes Zeugnis aus.

"Dieser Motor wurde innerhalb von sehr kurzer Zeit ziemlich weit gebracht. Ich bin sehr optimistisch, was die Leistung des Aggregats betrifft", meint der Brite und merkt an: "Wie wir alle wissen, hatte BMW in den vergangenen Jahren im Vergleich zu SEAT und Chevrolet ein recht großes Defizit bei den Motoren." Aufgrund der neuen Regeln sollten die Münchener diesbezüglich aufgeholt haben.

"Ich bin sehr optimistisch, was die Leistung des Aggregats betrifft." Andy Priaulx

"So wie das neue Paket arbeitet, könnten die BMW Fahrzeuge nun sowohl beim fliegenden als auch beim stehenden Start stärker sein. Zudem verfügt der BMW Motor über eine gute Fahrbarkeit", sagt Priaulx zusammenfassend. Huff hat indes auch die Dieselarmada auf dem Radar, schließlich war das TDI-Aggregat aus dem Hause SEAT in den vergangenen Saisons stets eines der besten im Feld.

Wie stark ist der TDI-Motor in diesem Jahr?

"Ich gehe davon aus, dass dieses Fahrzeug noch immer ein paar Reserven hat", sag Huff. "Außerdem ist Sunred ein sehr, sehr gutes Team. Ich denke, es wird sehr eng zwischen uns, ihnen, BMW und Volvo. Letztere bringen ein bisschen Farbe ins Spiel. Im Augenblick ist alles aber noch eine große Unbekannte. Meiner Meinung nach kann man momentan einfach keine Favoriten benennen."

Das größere Pensum an Testfahrten sieht Huff nicht unbedingt als entscheidender Vorteil für sich und sein Chevrolet-Team. "Auf dem Papier haben wir unser Auto etwas länger entwickelt als alle anderen. Doch wo will man anfangen, wenn man Favoriten aufzählen will? In dieser Saison gibt es zu viele Unbekannten", erklärt der WM-Dritte des vergangenen Jahres. Gerade darin läge aber die Spannung.

"Meiner Meinung nach kann man einfach keine Favoriten benennen." Rob Huff

"Wir wissen nicht, wer über welche Leistung verfügt und welches Fahrzeug am besten mit dieser Leistung klarkommt - und dergleichen mehr", erklärt der WTCC-Routinier und fügt hinzu: "Ich bin auf jeden Fall zufrieden mit dem, was uns zur Verfügung steht. Wir haben noch reichlich Potenzial bei der Entwicklung, um während der Saison Fortschritte zu machen. Wir werden da nicht locker lassen."