• 08.12.2012 22:18

Spitzensportler mit Allround-Qualitäten: Der Polo R WRC

17 Monate dauerte die Entwicklung des Polo R WRC - Volkswagen Motorsport konnte dabei auf die Ressourcen des Konzerns zurückgreifen

(Motorsport-Total.com) - Die Aufgabe, ein wettbewerbsfähiges Fahrzeug für die Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) zu entwickeln, ist äußerst komplex. Mal geduckt über topfebenen Asphalt, mal quer stehend über Eis und Schnee, mal hochbeinig über rauen Schotter - dazu hier große Hitze, dort Eiseskälte. Keine zweite Kategorie im internationalen Motorsport bietet eine solch große Vielfalt an klimatischen Bedingungen und unterschiedlichen Fahrbahnbelägen. All das muss ein Rallye-WM-Fahrzeug meistern.

Titel-Bild zur News: Volkswagen Polo R WRC

In 17 Monaten von der Idee zum Rallyefahrzeug: Der Polo R WRC Zoom

Ein anschauliches Beispiel für die geforderte Flexibilität des Fahrzeugkonzepts: Zwischen Schotter- und Asphalt-Konfiguration liegen allein etwa 100 mm Unterschied in der Bodenfreiheit. Unter der Vielzahl an unterschiedlichen Bedingungen müssen Chassis und Motor ein Maximum an Effizienz leisten. Stark genug, den Belastungen standzuhalten, leicht genug, um die nötige Leistungsfähigkeit zu garantieren.

Die Volkswagen-Ingenieure entwickelten in 17 Monaten auf Basis des Serien-Polo, von dem die Rohkarosserie stammt, den Polo R WRC nach dem Minimal-Prinzip. Jede einzelne Komponente wurde mehrfach auf ihre Dimensionierung und Leichtigkeit hin erprobt und während der etwa eineinhalbjährigen Entwicklungszeit stetig verbessert.

Der Weg zur Präsentation des homologierten Polo R WRC für die Saison 2013 folgte einem strammen Zeitplan: Nach der Präsentation des Konzept-Fahrzeugs im Mai 2011 baute Volkswagen zunächst ein sogenanntes 0-Fahrzeug als Komponenten-Träger auf, das im Herbst 2011 seinen Roll-out in den Weinbergen von Trier absolvierte. Am Steuer: Entwicklungs-Vorstand Ulrich Hackenberg und Rallye-Legende Carlos Sainz.

Erst Simulationen, dann Tests

Die rechnergestützte Simulation des ersten Konzepts für den eigentlichen Polo R WRC begann parallel dazu. Die Volkswagen-Ingenieure bereiteten sich in der Folge ein eigenes Weihnachtsgeschenk: Pünktlich am Heiligen Abend 2011 stand der erste Polo R WRC im Foyer von Volkswagen Motorsport. Der Roll-out erfolgte im Januar 2012 auf der Volkswagen-Teststrecke in Ehra-Lessien, ebenso erste Tests in Schweden und Spanien.

Sebastien Ogier

Vor den ersten Testkilometern fanden umfangreiche Simulationen statt Zoom

Ab März unterzogen die Techniker den Polo R WRC einer steten Überarbeitung - beispielsweise in Sachen Fahrwerkskinematik und Leichtbau. Der Aufbau dieser verbesserten Version des Polo R WRC, die bei der Rallye Monte Carlo 2013 am Start stehen wird, begann schließlich im September 2012.

Jede einzelne Komponente des Polo R WRC durchlief auf dem Weg zum Status "ready to race" mehrere grundlegende Prozesse. Am Anfang stand die Theorie: Parametrisches Konstruieren an CAD-Systemen (Computer-Aided-Design) wurde von rechnergestützten Simulationen (z. B. CFD - Computer-Fluid-Dynamics) verifiziert und in der Praxis beispielsweise bei Windkanal-Tests und in der Klimahöhenkammer des Volkswagen-Konzerns überprüft.

Erst danach folgten ausgiebige Testfahrten. Eine entscheidende Rolle spielten bei der Auslegung und der Erprobung des Chassis die Ressourcen aus Wolfsburg. Die Konstruktionsabteilung von Volkswagen steuerte dabei wertvolle Entwicklungsarbeit in Sachen Crashtest und Sicherheit bei. Die Erprobung des Fahrzeuges bei Wasserdurchfahrten wurde ebenfalls durch die Ingenieure der Zentrale in Wolfsburg ermöglicht.

1360 völlig neuen Teile

"In der Chassis-Entwicklung spielen Erfahrungswerte eine große Rolle", sagt Francois-Xavier Demaison, Technischer Projektleiter für die Rallye-WM. "Gerade was die Bodenfreiheit, die Kinematik, die Aufhängung oder die Auslegung des Differenzials angeht, kann man mit seinem Wissensschatz aus vorangegangenen Jahren Abkürzungen nehmen, ohne die sonst eine lange Simulations- und Testphase nötig wäre."

"So kann man sich beispielsweise bei der Dimensionierung des Unterbodens langsam von oben oder unten an das Optimum rantasten und dabei viele Kilometer investieren. Bereits zu wissen, wie stark man ein Teil konstruieren muss, spart viel Zeit", so Demaison. Unter der Regie von Volkswagen Motorsport entstand so ein Hightech-Puzzle aus insgesamt etwa 3000 Teilen, von denen 1360 für den Motorsport-Einsatz des Polo von Grund auf neu konstruiert wurden - Motor und Getriebe nicht mitgezählt.

"In der Chassis-Entwicklung spielen Erfahrungswerte eine große Rolle." Francois-Xavier Demaison

Ganz anders als bei der Chassis-Entwicklung ging Volkswagen bei der Konstruktion des etwa 300 Einzelteile umfassenden Motors für den Polo R WRC vor: dem etwa 315 PS starken 1,6-Liter-Triebwerk. Das automatisierte Wechselspiel aus CAD-Konstruktion und gleichzeitiger Simulation durch CFD-Prozesse führte unter anderem zur idealen Ausgestaltung der Einlasskanäle. Bei der Entscheidung pro oder contra unterschiedliche Konzepte innerhalb der stark limitierten Möglichkeiten des Rallye-WM-Reglements ging Volkswagen streng analytisch vor.

Serie und Forschung hilft bei der Motorenentwicklung

Die Motorenentwicklung bei Volkswagen Motorsport überprüfte im Zuge der Entwicklung alle Optionen, die das Reglement erlaubt, und simulierte ihre Abhängigkeiten voneinander. "Der Motor für die Rallye-WM ist in ganz hohem Maß mit elektronisch gestützten Entwicklungsmethoden konstruiert worden, um Entscheidungen abzusichern", so Donatus Wichelhaus, Leiter der Motorenentwicklung von Volkswagen Motorsport.

"Dabei war die Mitarbeit von unseren Kollegen aus Serie und Forschung von Volkswagen eine große Hilfe. Sie kam uns vor allem bei automatisierten Entwicklungsschritten bei der Konstruktion - etwa von Einlass-Geometrien - zugute." Die Ingenieure um Wichelhaus überprüften im gesamten Prozess eine breite Basis an unterschiedlichen Lösungen.


Fotos: Präsentation des Volkswagen Polo R WRC


Zwei verschiedene Hub-Bohrungs-Verhältnisse, drei verschiedene Zylinderkopf-Konzepte, neun verschiedene Einlasskanal-Geometrien, unzählige Varianten von Injektoren sowie zwei verschiedene Ventildurchmesser wurden überprüft und die jeweils beste Lösung für das endgültige Aggregat ausgewählt. In der Summe führte diese breite Herangehensweise für eine problemfreie Motorenentwicklung, die bei Tests von Beginn an überzeugte. Vor allem das sogenannte Anti-Lag-System zur Reduzierung des "Turbolochs" bekam im Zuge der Erprobung Bestnoten von den Volkswagen Fahrern.

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